66 Und Petrus war unten im Hof. Da kam eine von den Mägden des Hohenpriesters; 67 und als sie Petrus sah, wie er sich wärmte, schaute sie ihn an und sprach: Und du warst auch mit dem Jesus von Nazareth. 68 Er leugnete aber und sprach: Ich weiß nicht und verstehe nicht, was du sagst. Und er ging hinaus in den Vorhof, und der Hahn krähte.
69 Und die Magd sah ihn und fing abermals an, denen zu sagen, die dabeistanden: Dieser ist einer von denen. 70 Und er leugnete abermals.
Und nach einer kleinen Weile sprachen die, die dabeistanden, abermals zu Petrus: Wahrhaftig, du bist einer von denen; denn du bist auch ein Galiläer. 71 Er aber fing an, sich zu verfluchen und zu schwören: Ich kenne den Menschen nicht, von dem ihr redet. 72 Und alsbald krähte der Hahn zum zweiten Mal. Da gedachte Petrus an das Wort, das Jesus zu ihm gesagt hatte: Ehe der Hahn zweimal kräht, wirst du mich dreimal verleugnen. Und er fing an zu weinen.
Mk 14,66–72 Die Verleugnung des Petrus (Mt 26,69–75; Lk 22,56–62; Joh 18,17.25–27) Indem die Szene in V. 54 mit Petrus beginnt und hier endet, vermittelt Markus auf ironische Weise, dass der Versuch des „Selbstfreispruchs“ des Petrus zeitgleich mit der Verurteilung Jesu stattfindet. Ebenso wie die Zeugen gegen Jesus falsches Zeugnis vorbringen, tut Petrus dies in Hinblick auf seine eigene Person. Die letzte und geradezu beschwörend wirkende Verleumdung Jesu durch Petrus kann mit der Verkündung der Schuld Jesu durch den Hohenpriester verglichen werden.
1 Und alsbald am Morgen hielten die Hohenpriester Rat mit den Ältesten und Schriftgelehrten, dazu der ganze Hohe Rat, und sie banden Jesus und führten ihn ab und überantworteten ihn Pilatus. 2 Und Pilatus fragte ihn: Bist du der König der Juden? Er aber antwortete ihm und sprach: Du sagst es. 3 Und die Hohenpriester beschuldigten ihn hart. 4 Pilatus aber fragte ihn abermals und sprach: Antwortest du nichts? Siehe, wie hart sie dich verklagen! 5 Jesus aber antwortete nichts mehr, sodass sich Pilatus verwunderte.
6 Er pflegte ihnen aber zum Fest einen Gefangenen loszugeben, welchen sie erbaten. 7 Es war aber einer, genannt Barabbas, gefangen mit den Aufrührern, die beim Aufruhr einen Mord begangen hatten. 8 Und das Volk ging hinauf und bat, dass er tue, wie er ihnen zu tun pflegte. 9 Pilatus aber antwortete ihnen: Wollt ihr, dass ich euch den König der Juden losgebe? 10 Denn er erkannte, dass ihn die Hohenpriester aus Neid überantwortet hatten.
11 Aber die Hohenpriester wiegelten das Volk auf, dass er ihnen viel lieber den Barabbas losgebe. 12 Pilatus aber antwortete wiederum und sprach zu ihnen: Was wollt ihr dann, dass ich tue mit dem, den ihr den König der Juden nennt? 13 Sie schrien abermals: Kreuzige ihn! 14 Pilatus aber sprach zu ihnen: Was hat er denn Böses getan? Aber sie schrien noch viel mehr: Kreuzige ihn! 15 Pilatus aber wollte dem Volk Genüge tun und gab ihnen Barabbas los und ließ Jesus geißeln und überantwortete ihn, dass er gekreuzigt würde.
Mk 15,1–15 Pilatus verurteilt Jesus (Mt 27,1–2.11–26; Lk 23,1–5.18–25; Joh 18,28–40; 19,4–16) 15,1 Überantworteten ihn Pilatus, vgl. Anm. zu Mt 27,1–2 und Joh 18,31. 15,2 König der Juden, ein Anspruch, den die Römer als Bedrohung verstehen würden; sie erkannten keine Könige an, außer sie hatten diese, wie etwa Herodes, selbst eingesetzt. 15,6–15 Barabbas, aram. für „Sohn des Vaters“; aufgrund ihres Namens muss diese Figur wahrscheinlich als narratives Double für Jesus gesehen werden muss, den Markus als Sohn Gottes, des Vaters, beschreibt. Der Name ist allerdings nicht unbekannt (vgl. mPea 2,6; bBer 18b). Es gibt keine Belege dafür, dass die Römer an Pesach Gefangene, geschweige denn Aufständische, freiließen. Darüber hinaus: Wäre Barabbas während des Festes auf freien Fuß gesetzt worden, würde die zeitliche Strukturierung hinken. Das Pesachlamm wurde in der Nacht zuvor gegessen. 15,14–15 Markus bürdet den Jüdinnen und Juden die Schuld auf; diese Tendenz nimmt in den späteren Evangelien noch zu. Nachdem die Evangelien in Umlauf gekommen waren, hielten einige Christinnen und Christen Pilatus für einen zum Christentum Bekehrten; in der koptisch-orthodoxen Kirche wird er bis heute als Märtyrer verehrt: Sein Gedenktag ist der 25. Juni. Der Schuldübertragung von den Römern – die Jesus gekreuzigt hatten – zu den Juden war damit vollendet. Geißeln, diente der Schwächung des Opfers vor der Kreuzigung. 15,16–20 Jesus wird durch die Römer als König verspottet, eine Parodie des „Heil Caesar“. Diese Bloßstellung und Ironie rücken stärker in den Vordergrund als der körperliche Schmerz. Der Purpurmantel erinnert an königliche Gewänder und die Dornenkrone an ein goldenes Diadem oder vielleicht einen Lorbeerkranz.