Seitenblicke auf die französische Sprachgeschichte. Группа авторов. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Группа авторов
Издательство: Bookwire
Серия: Tübinger Beiträge zur Linguistik (TBL)
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783823301011
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würde cum il vit den Achtsilbler zerstören. Im folgenden Beispiel hätte aber por cio qu’il fud… keinerlei Folgen für das Metrum:

       (39) por cio que Ø fud de bona feit (V. 53)

      Fazit: Die Setzung bzw. Nicht Setzung des Subjektpronomens in diesem Text ist fast durchgehend regelkonform, mit ein paar Ausnahmen, die z.T. dem Metrum geschuldet sind wie in Beisp. (35), (36) und (38). Nur Fälle wie Beisp. (39), in denen das Subjektpronomen im Nebensatz nicht steht und dieses Fehlen nicht durch das Metrum bestimmt wird, stellen tatsächlich Ausnahmen von der Regel dar.

      3.2.3 XI. Jh.

       „Griffonnages“

      (Textumfang: zwei Sätze)

      Wenn das Jonasfragment der einzige erhaltene „Prosatext“ des 10. Jh.’s ist, so sieht die Beleglage für die Prosa im 11. Jh. noch schlechter aus, denn hier finden wir nur zwei kurze Sätze, die unten auf die Seite einer Handschrift gekritzelt sind (cf. Woledge/Clive 1964:12). Darauf machte Moignet (1965:89, Anm. 3) aufmerksam. Es handelt sich um eine Handschrift aus Douai (Dép. Nord), die eine Vita Sancti Cilliani enthält; vielleicht waren diese Notizen für eine Predigt gedacht. Moignet betont zu Recht die Tatsache, dass diese beiden kurzen Sätze drei Subjektpronomina enthalten, ohne jede Hervorhebungsfunktion:1

       (40a) […] en noster segneur… ie croi ke uos amee par amos nostre segnor. bin est raison car il uos puet bin rendere2(Woledge/Clive 1964:12, 73; Gysseling 1949:210; „d’une main maladroite et assez archaïque du 11e s.“)

      Auf der nächsten Seite derselben Handschrift findet man noch einmal dieselbe Formulierung, diesmal besser geschrieben und von einer späteren Hand („par une main 11e-12e siècle qui écrit mieux“, Gysseling 1949:210):

       (40b) ie croi ke uos ames par amoes nostre segnor(Woledge/Clive 1964:73; Gysseling 1949:210)

      Wie im Fall des Jonasfragments sind diese Belege sehr wertvoll, denn sie zeigen, dass auch hier wieder in einem Gebrauchstext, der keinen metrischen Einschränkungen unterlag, die Regeln der Setzung des Subjektpronomens (einmal im Hauptsatz und zweimal im Nebensatz) angewendet wurden.3

       Alexiusleben (Ende 11. Jh.) 4

      (Textumfang: 625 Verse)

      Alle Setzungen bzw. Nicht-Setzungen sind regelkonform, nur fehlt manchmal zu Beginn einer Laisse das Subjektpronomen (cf. dazu Beisp. (32)-(33)):

       (41) Ø Fud baptizet (V. 31)

       (42) Ø Noment le terme (V. 46)

       (43) Ø Vint en la cambre (V. 136)

       (44) Ø Eist de la nef (V. 211)

      Wir finden Nicht-Setzung des Subjektpronomens in Verbindung mit der Negation und in asyndetischer Parataxe nach Komma, Semikolon oder Doppelpunkt bei identischem Subjektreferenten/Topic. Beide Phänomene brauchen nicht mehr kommentiert zu werden (cf. § 3.1). Auch die Konstruktion X-V-Spr, die schon mehrfach erwähnt wurde (cf. Z. 4 der Straßburger Eide), ist nur eine scheinbare Ausnahme von der Regel, denn wir haben gesehen, dass es diesen Konstruktionstypus durchaus gibt, auch wenn er zunächst nur selten vorkommt.

      Im Nebensatz finden wir einige „echte“ Ausreißer, nämlich die Nichtsetzung des Subjektpronomens nach der unterordnenden Konjunktion oder dem Relativpronomen, ohne dass ein Element „X“ dafür verantwortlich ist. Zwei Beispiele sind:

       (45) [Alexius ist Topic:] Escrit la cartra tute de sei medisme,Cum Ø s’en alat e cum il s’en revint. (V. 284–285)

       (46) E ço lur dist cum Ø s’en fuït par mer,E cum il fut en Alsis la citét (V. 381–382)

      In V. 285 sollte man Cum il s’en alat und in V. 381 cum il s’en fuït par mer erwarten; diese Unregelmäßigkeiten sind zweifellos dem Metrum (einem Zehnsilbler) geschuldet.5

      3.2.4 XII. Jh.

       Rolandslied (um 1100) 1

      (Untersuchtes Corpus: Laisse I-XXXVII, V. 1–500)

      Die Hauptsätze beginnen hier meist mit einem Element „X“, mit der Folge, dass die Setzung des Subjektpronomens in der Struktur X-V-Ø regulär unterbleibt. Dieses Phänomen ist uns zwar nicht neu, es tritt aber im Rolandslied außerordentlich häufig auf:

       (47) Ben en purrat Ø [= Charlemagne] lüer ses soldeiers.En ceste tere ad Ø asez osteiét:En France, ad Ais, s’en deit Ø ben repairer. (V. 34–36)

      Auch bei Topic-Kontinuität innerhalb desselben Satzgefüges wird es in asyndetischer Parataxe nicht gesetzt. Hier eine Folge derartiger Teilsätze ohne Setzung des Subjektpronomens:

       (48) Marsilies fut esculurez de l’ire,Ø Freint le seel, getét en ad la cire.2Ø Guardet al bref, Ø vit la raisun escrite (V. 485–487)

      Auch in Verbindung mit der Negation wird das Subjektpronomen oft nicht gesetzt. Während alle genannten Merkmale durchaus den Regularitäten der altfranzösischen Syntax entsprechen, fallen Initialstellungen des Verbs ohne einleitendes Subjektpronomen heraus:

       (49) Ø Vindrent a Charles, ki France ad en baillie (V. 94)

       (50) „Ø Voelt par hostages“, ço dist li Sarrazins (V. 147)3

       (51) Ø Entret en sa veie, si s’est achiminez. (V. 365)4

      Bei Stempel (1964:289–292) wird dieses Merkmal ausführlicher diskutiert; er spricht von „Verbalasyndese“, und dies in einem Kapitel, das „Epische Asyndese“ überschrieben ist. Auch Franzén (1939:50) sieht die Initialstellung des Verbs ohne das zu erwartende vorausgehende Subjektpronomen als ein Charakteristikum der Chansons de geste an (cf. den Kommentar zu Beisp. (32)-(33)).

      Es fällt auch auf, dass im Nebensatz das Subjektpronomen oft nach der unterordnenden Konjunktion oder dem Relativpronomen fehlt; eine weitere Unregelmäßigkeit:

       (52) „S’Ø en volt ostages, e vos l’en enveiez“ (V. 40)

       (53) Quant Ø se redrecet, mult par out fier lu vis. (V. 142)

       (54) Quant Ø le dut prendre, si li caït a tere. (V. 333)

      In diesem Text gibt es damit eine Reihe von Auffälligkeiten gegenüber dem in § 2 Gesagten. Die verb-initialen Strukturen in Beisp. (49)-(51) entsprechen einem „epischen Stil“, und die fehlenden Subjektpronomina in Beisp. (52)-(54) sind höchstwahrscheinlich dem Metrum (einem Zehnsilbler) geschuldet. Auch aufgrund der häufigen regulären Nichtsetzungen wie in Beisp. (47)-(48) kann leicht der Eindruck der „Beliebigkeit“ der Setzung des Subjektpronomens in diesem Text entstehen.

       Adamsspiel (2. Hälfte 12. Jh.) 5

      (1. Teil. Textumfang: 588 Verse)

      Dieser Text, der metrisch gebunden ist (Acht- und Zehnsilbler), konstituiert das älteste religiöse Drama (cf. Hasenohr/Zinc 1992:863); er wurde also gesprochen.6 Hier finden wir sehr häufig das Subjektpronomen am Satzanfang vor dem Verb; vor allem auch in der 1. Ps. Sg. und 2. Ps. Sg.:

       (55) F. [= Figura (Gott)]: Je te aj fourme a mun semblant (V. 3)7

       (56) F.: Je tai dune bon cumpainun (V. 8)

      Diese Tatsache ist natürlich der genannten Textsorte geschuldet, in der die Dialogpartner häufig Subjektfunktion haben. Aber auch in den anderen Personen steht das Subjektpronomen häufig satzeröffnend:

       (57) D. [der Teufel/die Schlange]: Il [= Adam] est plus durs