Gesprochenes Portugiesisch aus sprachpragmatischer Perspektive. Bernd Sieberg. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Bernd Sieberg
Издательство: Bookwire
Серия: Romanistische Fremdsprachenforschung und Unterrichtsentwicklung
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783823300892
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im Portugiesischen normalerweise ‚O-SK-ST‘. Bei direktem physischen und psychischen Kontakt zwischen Produzent und Rezipient Tendenz zu gefühlsbetonter Sprechweise a) Spezielle usuelle Wortverbindungen und Ausdrücke der Hyperbolik dienen im Portugiesischen der Emotionalisierung des Diskurses. Sie versuchen, den Gesprächspartner zu beindrucken und zu überreden.

       Schema zum Parameter ‚Zeit‘

Universale Diskursverfahren Sprachliche Entsprechungen im Portugiesischen
Aggregative Strukturierung des Informationsflusses a) Anakoluthe b) Apokoinu c) constructio ad sensum d) Parenthesen e) Verschiedene Formen, um bestimmte Elemente einer Sprechsequenz aus dem Rest der Äußerung hervorzuheben, wie frases clivadas, tópicos pendentes, formas de adiamento etc. f) Vereinfachte Relativsätze, die eine aggregative Gliederung erlauben. Orações relativas cortadoras und orações relativas resumptivas u.a. vermeiden komplexe hypotaktische Strukturen und bevorzugen mehrdeutige interpropositionale Relationsstiftungen. g) Operatoren in ‚O-SK-ST‘ h) Abhängige Hauptsätze i) Zusätzliche Indikatoren für eine Integration von Neben- in Hauptsätze. j) ‚Fehlende oder eingeschränkte semantisch-syntaktische Kohäsionsmarkierung zwischen den Teilen einer Äußerungssequenz durch additives Aneinanderreihen der Teilsequenzen einer Äußerung‘: durch justaposição8, bzw. durch polyvalente Konnektoren wie agora, portanto etc. k) Fehlende Integration von Verb und Pronomen, in Bildungen wie ajudar ela statt ajudá-la etc. l) Ausdrücke mit redundanten Elementen grammatischer Werte wie há umas semanas atrás m) Formen doppelter Negation (Concordância Negativa)
Einfache Verfahren der Einheitenbildung a) ‚Reaktive‘ als spontane ‚Kurzreaktionen‘ auf die Äußerungen des Gesprächspartners b) kurze Äußerungseinheiten c) Parataxen d) Verdichtung von Hypotaxen e) Fehlende bzw. eingeschränkte ‚syntaktische Kohäsionsmarkierung‘ zwischen den Propositionen einer Äußerung f) Parenthesen g) Vereinfachte Relativsätze h) Abhängige Hauptsätze i) Unabhängige Nebensätze j) Abkürzungen von Worten oder Syntagmen in kommunikativen Praktiken der ‚keyboard-to-screen communication‘ k) Aposiopese
Zeitgewinn zur Überwindung von Pausen oder Formulierungsschwierigkeiten „Überbrückungsphänomene“ (Ágel / Hennig 2007, 200): a) Pausen b) Dehnung einzelner Laute, Silben und Wörter c) Verzögerungssignale in Form tonaler Zeichen d) Wiederholung von Wörtern, Syntagmen und ganzen Äußerungen seiner eigenen oder der vorgängigen Äußerungssequenz des Gesprächspartners. e) „Passe-partout-Wörter“ (Schwitalla 2012, 161), d.h. Ersetzung exakt passender durch allgemeinere, semantisch ‚schwammige‘ Bezeichnungen. f) „Et Cetera-Formeln“ (König / Stoltenburg 2013) einschließlich der Wiederholung von Pünktchen am Ende einer Sprechsequenz, insbesondere in Praktiken der ‚keyboard-to-screen communication‘. g) Bestimmte ‚Diskursmarker, die auch in der Funktion von Überbrückungsphänomenen gebraucht werden, wie portanto, agora, de qualquer das maneiras, então etc.
‚Online-Korrekturen‘ a) durch besondere Ausdrücke und ‚usuelle Wortverbindungen‘. b) Wiederholungen einzelner Worte oder Ausdrücke in korrigierter Form. c) Korrigierende Präzisierungen durch entsprechende verbale Ausdrücke oder Ergänzungen am Rande von Sprechsequenzen.

       Schema zum Parameter ‚Situation‘

Universale Diskursverfahren Sprachliche Entsprechungen im Portugiesischen
Möglichkeit direkter grammatischer Verfahren a) Ausdrücke temporaler, lokaler und personaler Deixis. b) Freie Tempuswahl und historisches Präsens. c) Deiktische Verknüpfung des Gesagten mit der Erzählwelt (Deixis am Phantasma).
Verflechtung von Sprechen und non-verbalem Handeln durch die Einbeziehung von gemeinsam zugänglichen Objekten im gleichen physikalischen oder virtuellen Raum a) Empraktische Nennungen (Bühler 1982[1934], 155sq.): Elliptische Ausdrücke in stark vorstrukturierten Situationen, wenn z.B. jemand am Fahrkartenschalter sagt Coimbra ida e volta, se faz favor. b) Pragmatische Ellipsen
Verfahren zur Markierung von Direktheit in Redewiedergabe a) Direkte und indirekte Rede und die Formen ihres Zusammenspiels, in Ausrichtung an den interaktional-pragmatischen Zielen des Sprechers, der ‚Rede wiederherstellt‘.

       Schema zum Parameter ‚Code‘

Universale Diskursverfahren Sprachliche Entsprechungen im Portugiesischen
Informationsübermittlung durch Einbeziehung von Zeichen unterschiedlicher semiotischer Beschaffenheit a) Kommunikatives Handeln durch Zeichen, die nicht zum verbalen Code gehören. b) Mittel zur Emotionalisierung des Diskurses durch Gestik, Mimik, Einnahme einer gewissen Distanz zwischen den Sprechern etc., bzw. Kompensation dieser Mittel durch Smileys, Emoticons, Akronyme, Iteration von Worten oder Satzzeichen bei der ‚keyboard-to-screen communication‘. Auf Grund des physischen und psychischen Zusammentreffens werden kommunikative Mittel wichtig, die eine ‚Emotionalisierung‘ des Diskurses ermöglichen: mittels tonaler Zeichen und außerhalb des verbalen Codes liegender Mitteln der Lautmalerei.

       Parameter ‚Medium‘

Universale Diskursverfahren Sprachliche Entsprechungen im Portugiesischen
Bildung von Sprecheinheiten a) Bildung von ‚phonischen Worten‘ statt ‚graphematischer Einheiten‘, d.h. Orientierung am akustischen Gedächtnis bei der Hervorbringung lautlicher Zeichen und nicht am visuellen Eindruck durch entsprechende graphische Zeichen der Schriftsprache: daraus resultierende Formen wie tás statt estás, tou statt estou, tava statt estava, pra statt para etc.
Ausnutzung prosodischer Mittel zur Informationsgestaltung a) Akzentuierung von Silben, Wörtern oder Teilen der Sprechsequenz. b) Schaffung rhythmischer Gruppen c) Dynamik im Sprechen durch den Unterschied von ‚laut und leise‘. d) Klangliche Veränderung der Stimme. e) Mittel der Kompensation bei der ‚keyboard-to-screen communication‘, z.B. durch graphositilistische Mittel in Form von Zeichen- oder Buchstabenwiederholung, Farbänderung der Buchstaben, Großschreibungen etc.

      Wie oben ausgeführt, beschreibt dieses Buch charakteristische sprachliche Ausdrücke und Strukturen des portugiesischen Nähesprechens im Rahmen des Modells des Nähe- und Distanzsprechens in seiner Ausprägung bei Ágel / Hennig. Damit verbinde ich die Hoffnung, dass dieses Konzept auf Grund der Universalität seiner Analyseparameter, seiner klar und hierarchisch gegliederten Struktur sowie der Operationalisierbarkeit