287
Gemäß §§ 1137 Abs. 1 Satz 1, 770 erwachsen außerdem andere, aber nicht ausgeübte Gestaltungsrechte des Schuldners zum Leistungsverweigerungsrecht, also zur Einrede für den Eigentümer (s. nachf. Rn. 290).
288
bb) Die dem persönlichen Schuldner zustehenden Einreden, die der Eigentümer zu seiner eigenen Verteidigung verwenden kann, können etwa sein: Stundung der Forderung (zu unterscheiden von der Aussetzung der Verwertung, Moratorium, Rn. 280, 326), nicht erbrachte Gegenleistung beim gegenseitigen Vertrag (§§ 320, 321), Zurückbehaltungsrecht (§§ 273, 1000), Erlangung der Forderung durch unerlaubte Handlung (§ 823), Erlangung der Forderung ohne rechtlichen Grund (§ 821). Die beiden letztgenannten Fälle sind zu unterscheiden von der deliktischen oder rechtsgrundlosen Erlangung des Grundpfandrechts selbst (s. vorst. Rn. 281).
289
Gemäß § 216 Abs. 1 BGB kann sich der Eigentümer anders als ein Bürge (unten Rn. 1059) allerdings nicht mit der Einrede der Verjährung verteidigen: Auch wenn der Gläubiger seinen Anspruch aus der gesicherten Forderung gegen den persönlichen Schuldner also nicht mehr durchsetzen kann, weil dieser Verjährung einwendet, kann er sich doch noch aus dem Grundstück befriedigen (gleichermaßen einen Eigentumsvorbehalt durch Rücktritt geltend machen, unten Rn. 821, sowie aus einem Schuldanerkenntnis vorgehen, vorst. Rn. 190 a.E., anders aber bezüglich Rückständen von Zinsen und anderen wiederkehrenden Leistungen, § 216 Abs. 3)[3]. Der Eigentümer kann sich – hier dem Bürgen gleich – nach dem Tod des persönlichen Schuldners auch nicht auf die beschränkte Erbenhaftung (§§ 1975, 2016, z.B. wegen Dürftigkeit des Nachlasses (§ 1990) berufen (§ 1137 Abs. 1 Satz 2) und auch nicht darauf, dass die Forderung in einem bestätigten Insolvenzplan gemindert worden sei (§ 254 Abs. 2 InsO – gleiche Rechtslage bei der Bürgschaft, unten Rn. 1048 f.): Das sind Folgen der Insolvenz des persönlichen Schuldners, für die der Eigentümer als Interzessionar gerade einsteht.
290
cc) Der Eigentümer kann zwar nicht Gestaltungsrechte des persönlichen Schuldners ausüben ebenso wenig wie er an dessen Stelle Einreden gegen die gesicherte Forderung erheben kann (vorst. Rn. 286), also z.B. nicht das Erlöschen der gesicherten Forderung durch Aufrechnung mit einer Gegenforderung des Schuldners gegen den Gläubiger herbeiführen. Aber er kann die Duldung der Verwertung verweigern, wenn der Schuldner Gestaltungsrechte hat, sie aber nicht ausübt. Die Forderung bleibt in ihrem Bestand also unberührt, sodass es dem Gläubiger freisteht, sie gegen den persönlichen Schuldner etwa im Wege der persönlichen Klage (nachf. Rn. 461) geltend zu machen, aber der Verwertungsanspruch des Gläubigers gegen den Eigentümer (§ 1147) ist einredebehaftet. So bestimmt es § 1137 Abs. 1 Satz 1 durch Verweisung auf die bürgenrechtlichen Bestimmungen in § 770. Danach erwächst dem Eigentümer die Einrede gegen die Verwertung, wenn der persönliche Schuldner anfechten (§ 770 Abs. 1, unten Rn. 1064), mindern oder zurücktreten könnte (unten Rn. 1066). Die bloße Gestaltungslage wird zur Einrede für den Eigentümer (Einrede der Gestaltungslage). Eine Aufrechnungslage ist dem Eigentümer dann zu seiner Verteidigung dienlich, wenn die Aufrechnungsbefugnis dem Gläubiger zusteht, § 770 Abs. 2. Kann bei nur einseitiger Aufrechnungsmöglichkeit, etwa aufgrund von §§ 390, 393, 394, zwar der Schuldner, nicht aber der Gläubiger aufrechnen, hat der Eigentümer keine Einrede gegen die Verwertung; ob auch der Schuldner aufrechnungsbefugt ist, spielt keine Rolle (Einzelheiten zu dieser umstrittenen Frage, unten Rn. 1067 ff.).
291
dd) Der Schuldner könnte die Einredebefugnis des Eigentümers zunichte machen, indem er den Verzicht auf seine Einrede erklärt. Durch den Verzicht erlischt das Leistungsverweigerungsrecht gegen die Forderung. Gem. § 1137 Abs. 2 bleibt das Leistungsverweigerungsrecht des Eigentümers (ebenso des Bürgen gem. § 768 Abs. 2) gegen die Verwertung des Grundstücks aber trotzdem erhalten (eine andere Frage ist, ob der Eigentümer selbst gegenüber dem Gläubiger auf sein Einrederecht aus § 1137 trotz Einredemöglichkeit für den Schuldner verzichten kann – das ist ohne weiteres möglich).
292
ee) Eine Durchbrechung des Akzessorietätsgrundsatzes tritt ein[4], wenn der persönliche Schuldner minderjährig war und seine gesetzlichen Vertreter die zu sichernde Forderung im Namen des Minderjährigen begründeten. Gem. § 1629a Abs. 1 BGB ist die Haftung des Minderjährigen beschränkt auf dasjenige Vermögen, das bei Eintritt der Volljährigkeit vorhanden ist. Auf diese Haftungsbeschränkung kann sich der Eigentümer jedoch gem. § 1629a Abs. 3 – der Regelung von § 1137 Abs. 1 Satz 2 entsprechend[5] – nicht berufen. War die Hypothek auf einem dem Minderjährigen gehörenden Grundstück eingetragen worden (§ 1821 Abs. 1 Nr. 2 BGB), stellt sich das Problem nicht[6].
Anmerkungen