a) Übergang der Hypothek
211
Sind Eigentümer und Schuldner identisch, darf und muss dieser den Gläubiger bei Eintritt der Pfandreife befriedigen, also bei Fälligkeit der gesicherten Forderung (§ 271 BGB) im Falle der Hypothek; trotz Fälligkeit braucht er nicht zu leisten, wenn er sich erfolgreich verteidigen kann (nachf. Rn. 274). Leistet er, erlischt die gesicherte Forderung, sodass der Gläubiger bei der Hypothek kraft Akzessorietät aus dem Sicherungsverhältnis ausscheidet; die Hypothek steht gem. § 1163 Abs. 1 Satz 2 dem Eigentümer zu und verliert ihre bisherige Qualifikation, indem sie sich gem. § 1177 Abs. 1 in eine Eigentümergrundschuld verwandelt (nachf. Rn. 271). Bei Teilleistung ist das Grundpfandrecht teilweise Fremdhypothek, in Höhe des getilgten Teils Eigentümergrundschuld.
b) Fehlerhafte Forderung
212
Stehen der zu sichernden Forderung Wirksamkeitsmängel entgegen, z.B. wegen eines gegen die guten Sitten verstoßenden Darlehensvertrags nach § 138 Abs. 1 BGB, ist der primäre Sicherungszweck fehlgeschlagen. Die geplante Hypothek ist gem. §§ 1163 Abs. 1 Satz 1, 1177 Eigentümergrundschuld, die Fremdgrundschuld ist zurückzuübertragen (vorst. Rn. 190), bei Nichtigkeit auch des Sicherungsvertrags ist sie nach § 812 BGB konzidierbar. Allerdings können die Parteien, auch konkludent, vereinbaren, dass das Grundpfandrecht auch den Bereicherungsanspruch sichern soll, wenn der Grundpfandrechtsgläubiger trotz nicht bestehender Forderung geleistet hatte (vorst. Rn. 157). Es bleibt ein darauf bezogener sekundärer Sicherungszweck erhalten, der erst wegfällt, wenn die Bereicherungsforderung erfüllt ist.
a) Leistungswahlrecht
213
Während der Eigentümer eines mit einer Hypothek belasteten Grundstücks nur auf die Forderung leisten kann und sich dadurch die Hypothek kraft Akzessorietät verändert, hat der mit einer Grundschuld belastete Eigentümer die Wahl, ob er auf die Grundschuld oder auf die gesicherte Forderung leistet. Mangels Akzessorietät bewirkt die Tilgung der gesicherten Forderung keine Veränderung der Grundschuld. Sie bleibt vielmehr zunächst Fremdgrundschuld. Leistet der Eigentümer auf die Grundschuld, bleibt die gesicherte Forderung in Bestand und Zuordnung zunächst unberührt; es findet also kein Gläubigerwechsel statt. Jedoch hat der Eigentümer, der zugleich persönlicher Schuldner ist, Anspruch auf rechtsgeschäftliche Übertragung der unverändert gebliebenen Grundschuld auf sich selbst (nachf. Rn. 215) resp. auf Abtretung der Forderung. Diese Ansprüche setzen allerdings voraus, dass der Eigentümer und Schuldner zur Leistung berechtigt ist.
b) Berechtigung zur Leistung durch Kündigung der Grundschuld
214
Gemäß § 1193 Abs. 1 tritt die Fälligkeit der Grundschuld als Voraussetzung für das Recht zur befreienden Leistung durch den Eigentümer – und ebenso für die Verwertung durch den Gläubiger – durch Kündigung ein; gem. Absatz 2 Satz 1 sind abweichende Vereinbarungen zulässig, nach denen die Verwertung auch ohne Kündigung betrieben werden darf. Im Falle der Sicherungsgrundschuld (vorst. Rn. 169) sind gem. § 1193 Abs. 2 Satz 2 BGB derartige abweichende Bestimmungen jedoch nicht zulässig. Die Fälligkeit des Grundschuldkapitals ist also zwingend von vorgängiger Kündigung bei sechsmonatiger Kündigungsfrist abhängig[1]. Diese Kündigung kann vom Eigentümer – gleichermaßen und in erster Linie vom Gläubiger, § 1193 Abs. 1 Satz 2 BGB – ohne Rücksicht auf die gesicherte Forderung erklärt werden, sie bedarf keines Grundes. Die gesicherte Forderung, das Darlehen (§ 488 Abs. 1 Satz 2 BGB), bleibt durch die Kündigung und die Leistung auf die Grundschuld unberührt, namentlich die Darlehenszinsen sind wie vereinbart trotz Leistung auf das Kapital der Grundschuld zu entrichten. Für Grundschuldzinsen gilt andererseits nicht das Kündigungserfordernis nebst Sechsmonatefrist, die Vollstreckung ist aufgrund Fälligkeit zulässig[2]. Fälligkeit der Grundschuld und der gesicherten Forderung brauchen also nicht übereinzustimmen; im Allgemeinen darf der Kreditschuldner das Darlehen nicht vorzeitig kündigen, sondern nur in den Tatbeständen von §§ 488 Abs. 3 Satz 2, 489, 490 Abs. 2, 500 Abs. 1 BGB[3]. Die Auslegungsregel von § 271 Abs. 2 BGB greift für ein gesichertes Darlehen nicht ein, weil der dort vorausgesetzte Zweifel nicht besteht.
Anmerkungen
Deshalb keine Grundbucheintragung „sofort fällige Grundschuld“, BGH NJW 2014, 1450 Rn. 7 mit BSpr. Böttcher NJW 2840; str., ob der Schuldner wirksam eine Verzichtserklärung abgeben kann, wonach die notarielle Urkunde (Rn. 191) ohne Nachweis der Fälligkeit für vollstreckbar erklärt werden kann, Schmieszek,, WM 2014, 1804.
So nunmehr BGH Beschl. v. 30.3.2017 – V ZB 84/16, NJW 2017, 2469 mit Rez. Kesseler NJW 2017, 2442 und Anm. Lieder/Wernert WuB 2017, 546 = WM 2017, 1149 Rn. 15; Clemente ZfIR 2008, 589 (596); Derleder ZIP 2009, 2220 (2230); OLG München NJW 2018, 2134 mit Anm. Kesseler S. 2138.
Das Kündigungsrecht aus § 500 Abs. 1 BGB ist nicht bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen anwendbar, Bülow/Artz, Verbraucherkreditrecht, § 500 BGB Rn. 4.
c) Leistung auf die gesicherte Forderung: Rückübertragung der Grundschuld
215
aa) Wenn und soweit die gesicherte Forderung durch Erfüllung nach § 362 Abs. 1 erloschen ist, hat sich der Sicherungszweck der Grundschuld erledigt. Inhalt des Sicherungsvertrags ist deshalb ist der Anspruch auf Rückübertragung der Grundschuld auf den leistenden Eigentümer[1]. Dadurch tritt das Sicherungsverhältnis in seine Abwicklungsphase ein (oben Rn. 82). Bei Nichtigkeit des Sicherungsvertrags folgt der Anspruch aus § 812 BGB[2] (vorst. Rn. 114 und nachf. Rn. 241). Er kann auch aus einer Störung der Geschäftsgrundlage (§ 311 BGB) folgen[3]. Er verjährt gem. 196 BGB in zehn Jahren[4], nicht jedoch der Anspruch auf Verzicht (vgl. vorst. Rn. 209 und nachf. Rn. 219), der als dinglicher Anspruch aus eingetragenem Recht gem. § 902 BGB unverjährbar ist[5].
216
Bei Tilgung der