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Eine gesetzliche Regelung der vielfältigen mit verbundenen Verträgen oder Geschäften zusammenhängenden Fragen findet sich seit 2002 im Anschluss an § 9 VerbrKredG in den §§ 358 bis 361, die besondere Regeln für den Widerruf (§ 358) und den Einwendungsdurchgriff enthalten (§§ 359 f), sowie in § 508 S. 6, der die Rücktrittsfiktion bei Rücknahme der Sache (o. Rn 28 f) auf das Verhältnis des Verbrauchers zur Bank erstreckt.
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Kauf- und Darlehensvertrag bilden nach § 358 Abs. 3 S. 1 ein verbundenes Geschäft, wenn das Darlehen ganz oder teilweise der Finanzierung des Kaufpreises dient und beide Verträge als wirtschaftliche Einheit anzusehen sind; dies ist nach S. 2 der genannten Vorschrift u. a. dann anzunehmen, wenn sich der Darlehensgeber bei der Vorbereitung oder dem Abschluss des Verbraucherdarlehensvertrages der Mitwirkung des Verkäufers bedient. Dafür reicht es aus, dass der Darlehensvertrag nicht auf eigene Initiative des Käufers zu Stande kommt, sondern deshalb, weil der Verkäufer oder sein Vertriebsbeauftragter dem Käufer zugleich mit dem Kaufvertrag den Kreditvertrag einer Bank vorlegt, die sich dem Verkäufer gegenüber zur Finanzierung des Vertrags bereit erklärt hatte[51]. In den übrigen Fällen kommt es darauf an, ob die beiden Verträge nach den Umständen in einem Bedingungszusammenhang der Art stehen, dass keiner ohne den anderen abgeschlossen worden wäre[52]. Indizien sind die Bestimmung des Darlehens gerade zur Finanzierung des Kaufvertrages, der gleichzeitige Abschluss beider Verträge sowie die Verwendung einheitlicher Formulare[53]. Erweiterungen des Begriffs ergeben sich in einzelnen Beziehungen aus § 360 von 2014 für sog zusammenhängende Verträge[54]. Den Gegensatz bildet der sogenannte Personalkredit, den sich der Käufer „auf eigene Faust“ zur Finanzierung beliebiger Anschaffungen besorgt und bei dem nach dem Gesagten die Annahme eines verbundenen Geschäfts ausscheidet – vorbehaltlich der Anwendung des § 360 Abs. 2 S. 2 bei genauer Beschreibung des ins Auge gefassten Kaufgegenstandes bereits in dem Darlehensvertrag.
b) Einwendungsdurchgriff
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Bei verbundenen Geschäften (o. Rn 35) stellt sich vor allem die Frage, ob der Käufer Einwendungen aus dem Kaufvertrag, z. B. die Minderung des Kaufpreises wegen Mängeln der gelieferten Sache oder den Rücktritt von dem Kaufvertrag, auch der Bank im Rahmen des davon getrennten Darlehensvertrages entgegensetzen kann. Die frühere Rechtsprechung zu diesem sogenannten Einwendungsdurchgriff war uneinheitlich und widersprüchlich[55]. Aus diesem Grunde bestimmt jetzt § 359 Abs 1 S. 1, dass der Verbraucher die Rückzahlung des Darlehens verweigern kann, soweit Einwendungen aus dem verbundenen Kaufvertrag ihn gegenüber dem Verkäufer zur Verweigerung seiner Leistung berechtigten. Anders verhält es sich lediglich bei Verträgen, bei denen der finanzierte Kaufpreis € 200,– nicht überschreitet (§ 359 Abs. 2), sowie bei Einwendungen, die auf einer zwischen dem Verkäufer und dem Verbraucher nach Abschluss des Verbraucherdarlehensvertrages vereinbarten Vertragsänderung beruhen (§ 359 Abs. 1 S. 2). Der Einwendungsdurchgriff ist außerdem subsidiär gegenüber der Nacherfüllung. Kann der Verbraucher Nacherfüllung verlangen, so kann er die Rückzahlung des Darlehens erst verweigern, wenn die Nacherfüllung fehlgeschlagen ist (§ 359 Abs. 1 S. 3, s. § 440).
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Bei Nichtigkeit des Kaufvertrages können die Einwendungen aus dem Kaufvertrag dem Darlehensgeber, d. h. der Bank, nach § 359 Abs. 1 S. 1 sofort entgegengesetzt werden. Dasselbe gilt bei Mängeln der gelieferten Sache, wenn der Verbraucher deshalb den Kaufvertrag ganz oder teilweise liquidieren will, indem er zurücktritt, mindert oder Schadensersatz verlangt (§ 437). Die Folge ist dann, dass für die Zukunft auch die Verpflichtung des Verbrauchers zur Rückzahlung des Darlehens entfällt oder doch (im Falle der Minderung) entsprechend herabgesetzt wird. Ein besonderes Problem stellt dagegen die Abwicklung insbesondere des Darlehensvertrages dar, soweit er von dem Verbraucher und Käufer bereits durch die ratenweise Rückzahlung des Darlehens einschließlich der Zinsen und Kosten erfüllt worden ist. § 358 Abs. 4 S. 5 bestimmt insoweit, dass der Darlehensgeber im Verhältnis zum Verbraucher hinsichtlich der Rechtsfolgen des Widerrufs in die Rechte und Pflichten des Unternehmers, d. h. des Verkäufers aus dem verbundenen Kaufvertrag eintritt, soweit dem Verkäufer das Darlehen bei Wirksamwerden des Widerrufs bereits zugeflossen ist. Daraus wird überwiegend der Schluss gezogen, dass der Verbraucher von der Bank zwar nicht die Rückzahlung des ganzen Kaufpreises, wohl aber der von ihm gezahlten Raten einschließlich der Zinsen und Kosten verlangen kann[56]. Richtiger Meinung nach folgt dieses Ergebnis freilich bereits – entgegen der h.M. – unmittelbar aus § 813 Abs. 1[57].
Teil I Veräußerungsverträge › § 6 Besondere Erscheinungsformen des Kaufs › IV. Kauf auf Probe, Wiederkauf und Vorkauf
IV. Kauf auf Probe, Wiederkauf und Vorkauf
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Das BGB kennt als weitere Sonderformen des Kaufs den Kauf auf Probe, den Wiederkauf und den Vorkauf (§§ 454, 456 und 463 ff). Bei dem Kauf auf Probe handelt es sich um einen durch die Billigung des gekauften Gegenstandes durch den Käufer aufschiebend bedingten Kauf, wobei die Billigung im Belieben des Käufers steht (§§ 454 f).
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Unter dem Wiederkaufsrecht (§§ 456–462) ist der „Vorbehalt“ des Rückkaufs durch den Verkäufer zu verstehen. Der Wiederkauf wird ebenso wie der Kauf auf Probe als aufschiebend bedingter Kauf angesehen[58]. Dies bedeutet, dass der Rückkaufvertrag bereits bei Abschluss des ersten Kaufvertrages – aufschiebend bedingt – abgeschlossen wird. Bedingung ist die in das Belieben des Verkäufers gestellte Erklärung, dass er das Wiederkaufsrecht ausübe (§ 456 Abs. 1). Mit Abgabe dieser Erklärung tritt der zweite Kaufvertrag, der Wiederkauf, „mit umgekehrten Vorzeichen“ an die Stelle des ersten Kaufvertrages. Nur wenn der Wiederverkäufer wegen des Verzugs des Wiederkäufers mit der Rückzahlung des Kaufpreises zurücktritt (§ 323 Abs. 1), lebt der erste Kaufvertrag wieder auf[59]. In Parallele zu dem gesetzlich geregelten Wiederkaufsrecht hat sich in der Praxis auch ein Wiederverkaufsrecht herausgebildet, das dem Käufer das Recht gibt, von dem Verkäufer den Rückkauf der Sache zu verlangen, und auf das die §§ 456–462 entsprechend angewandt werden. Verbreitet sind derartige Abreden vor allem in der Leasingbranche (s. u. § 8 Rn 4 ff), wo das Wiederverkaufsrecht dem Leasinggeber nach Beendigung des Leasingvertrages die Möglichkeit eröffnet, die nicht mehr benötigt die Leasingsache an deren Lieferanten zurück zu verkaufen.[60]
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Als Vorkaufsrecht bezeichnet man schließlich das Recht einer Person, in