Das Buch Jesaja. Ulrich Berges. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ulrich Berges
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783846346471
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       II. TeilJes 13–27 Untergang aller Tyranneien gegenüber JHWH, dem König auf Zion

       I. AktJes 13–23 Zehn Völkersprüche: das Gericht über irdische Mächte

       II. AktJes 24–27 JHWHs Gerechtigkeit schafft Ordnung im Chaos der Völker

       III. TeilJes 28–35 Die Durchsetzung der Königsherrschaft JHWHs auf Zion

       I. AktJes 28–33 Sechs Weherufe gegen die Übeltäter in Zion

       II. AktJes 34–35 Diptychon: Gericht über Edom und Heil für die Heimkehrenden

       IV. TeilJes 36–39 Drei Erzählungen von der Errettung der Gottesstadt und des Davidssohnes

       V. TeilJes 40–48 Aus Babel zurück in die Heimat

       I. AktJes 40 Zion-Jakob-Ouvertüre

       II. AktJes 41,1–42,12 Ohnmacht der Götter und JHWHs Zusage für Jakob/Israel

       III. AktJes 42,13–44,23 JHWH und sein blinder und tauber Knecht

       IV. AktJes 44,24–48,22 JHWHs Sieg durch Kyrus und der Fall Babels und der Götter

       VI. TeilJes 49–54 Der Knecht und Mutter Zion

       I. AktJes 49,1–26 Selbstvorstellung des Knechts und Zions Zweifel

       II. AktJes 50,1–51,8 Überzeugungsarbeit an Zions Kindern

       III. AktJes 51,9–52,12 JHWHs Rückkehr zu Zion und die Heimkehr der Zerstreuten

       IV. AktJes 52,13–54,17 Leiden und Erhöhung von Knecht und Zion

       VII. TeilJes 55–66 Die Knechte JHWHs und ihre Gegner auf dem Zion

       I. AktJes 55,1–56,8 Umfang der Gemeinde und Zulassung

       II. AktJes 56,9–57,21 Prophetische Anklagen und Heilsworte

       III. AktJes 58–59 Gründe der Heilsverzögerung

       IV. AktJes 60–62 Jerusalems und Zions zukünftige Herrlichkeit

       V. AktJes 63–64 Rückblick auf die Geschichte und Bittgebet

       VI. AktJes 65–66 JHWHs Antwort und die Spaltung der Gemeinde

       Literatur

      Die letzten Jahrzehnte der alttestamentlichen Prophetenforschung im Allgemeinen und des Jesajabuches im Besonderen1 zeichnen sich durch eine grundlegende Neuorientierung aus. Galt zuvor die ganze Aufmerksamkeit möglichen Entwicklungsstufen mit ihren unterschiedlichen Redaktionen, Erweiterungen und Glossierungen (diachrone Analyse), so rückte die Frage nach Aufbau und Struktur der prophetischen Bücher immer mehr in den Mittelpunkt (synchrone Analyse). Richtete sich früher das Hauptinteresse auf die vermeintlich ältesten prophetischen Worte (Einzellogien), die wie Schätze aus dem Geröll der sie überlagernden Schichten herausgelöst werden mussten, um so die Stimme der inspirierten Gottesmänner vernehmen zu können, hat sich das Bild gänzlich gewandelt. Die Erkenntnis brach sich Bahn, dass das prophetische Gotteswort nur innerhalb der prophetischen Schriften zu hören ist – und nicht losgelöst oder unabhängig von diesen. Als Leitspruch gilt nun: Wer die Propheten hören will, kommt an den prophetischen Büchern nicht vorbei! In ihnen ist das Gotteswort für die jeweilige Zeit verfasst, überliefert, ergänzt und immer wieder aktualisiert worden. So sind die jüngeren und jüngsten Worte der Prophetie nicht das Ergebnis theologisch unbedeutender Epigonen, sondern die Frucht einer jahrhundertelangen Traditionspflege mit intensiver Durchdringung des Gotteswillens für Israel und die Völker. Die einstige Vorstellung, Schriftprophetie basiere ausschließlich oder zu großen Teilen auf charismatischen Einzelgestalten, die das an sie ergangene Gotteswort nach der Verkündigung für die Nachwelt aufzeichneten oder durch Schülerkreise aufschreiben ließen, ist nicht mehr haltbar. Insgesamt kann die literarische Entwicklung, die zu den großen Prophetenschriften führte, mit dem jahrhundertelangen Prozess verglichen werden, in dem die großen mittelalterlichen Kathedralen entstanden. An ihrer komplexen Struktur haben unzählige Baumeister mitgearbeitet, jeder auf seine Art und Weise. Sie dienten der gemeinsamen Sache, ohne dass von Anfang an ein allumfassender Masterplan vorgelegen hätte. Wie jeder Stein seine eigene Geschichte hat, aber nur im Ganzen des Bauwerkes seine eigentliche Funktion erfüllt, so auch jeder Spruch im Gesamtkunstwerk der prophetischen Schrift.2

      Die Frage nach der Endkomposition des Jesajabuches kam mit Ausnahme der wichtigen Kommentierung durch James Muilenburg und einer Studie von Joachim Becker3 erst ab den 80er-Jahren des letzten Jahrhunderts auf.4 Dabei war die englischsprachige5 Exegese dieser neuen Fragestellung gegenüber aufgeschlossener als die deutschsprachige, die überwiegend diachron ausgerichtet blieb. So musste Rolf Rendtorff noch im Jahre 1984 mit Bedauern feststellen: »Die Frage nach der Komposition des Jesajabuches in seiner jetzt vorliegenden Form gehört nicht zu den allgemein anerkannten Themen der alttestamentlichen Wissenschaft«.6 Eine solche negative Einschätzung ist heute nicht mehr zu hören. Nun heißt es: »Wer zum Propheten will, ist zuerst an das Buch gewiesen. Gegenüber der lange alles dominierenden Rückfrage nach den prophetischen Personen ist deshalb die klärende Nachfrage nach den prophetischen Büchern jetzt die vordringliche Aufgabe«.7 Die einst so hitzig geführte Debatte um die Vorherrschaft synchroner oder diachroner Methoden ist der Einsicht gewichen, dass beide Ansätze ihre Berechtigung in den biblischen Büchern selbst haben. Deren Endgestalt ist das Resultat eines oft jahrhundertelangen Entstehungsprozesses, der nur noch in den großen Linien nachgezeichnet werden kann.

      Zudem sieht man jetzt die Grenzen beider Ansätze klarer als zuvor: Einerseits kann keine der synchronen Endtextlesungen alle Einzelaspekte auf ein Schema reduzieren, andererseits kann keines der diachronen Modelle alle Entwicklungsstufen des Buches einholen! Wenn beide Zugangsweisen legitim sind, sollten auch beide zur Anwendung kommen. Genau dafür steht die »diachron reflektierte Synchronie«. Sie setzt beim Endtext ein, lässt aber die Rückfrage nach den geschichtlichen Entstehungsprozessen nicht außer Acht.8 Beide Aspekte sind in der Auslegung gleichermaßen zu berücksichtigen. So kann die Leserschaft einen Eindruck davon gewinnen, wie die Endgestalt des Textes immer auch das Resultat seiner Geschichte ist. Als Vergleich mag hilfreich sein, dass wir unsere Mitmenschen in ihrem jeweiligen Sosein auch besser verstehen, wenn wir ihre Lebensgeschichte kennen!

      Die Forschungsgeschichte des Jesajabuches kann unter dem Motto zusammengefasst werden: Vom Propheten über drei Bücher zum einen Buch. In der vormodernen Zeit galt Jesaja ben Amoz als Autor der gesamten Schrift, die seinen Namenträgt. Gleiches ist auch heute noch in konservativen Kreisen der Fall.9 Die Ansicht stützt sich besonders auf die Überschrift in 1,1, wonach der Prophet den Inhalt der Schriftrolle in den Tagen der Könige Usija, Jotam, Ahas und Hiskija schaute, die alle Nachfolger auf dem Thron Davids in Jerusalem in der zweiten Hälfte des 8. Jh. waren. Dass Jesaja zwischen 734 und 701 während der neuassyrischen Expansionsbewegungen von Tiglatpileser III., Salmanassar V., Sargon II. und Sanherib aufgetreten ist, kann als gesichert gelten. Er erlebte den Untergang des Nordreiches im Jahr 722 und auch den Feldzug Sanheribs in den Jahren 703–701, der Juda völlig desolat zurückließ. Dabei hatte sich die Hauptstadt Jerusalem nur mit knapper Not dem Untergang entziehen können. Von daher ist es kein Zufall, dass Jesaja als einziger der Schriftpropheten auch im deuteronomistischen Geschichtswerk (Jos–2 Kön) genannt ist, und zwar in der Erzählung über die Belagerung Jerusalems durch die Assyrer (2 Kön 18–20; Jes 36–39). Dieser Prophet war mit dem Schicksal Jerusalems und des Zion zutiefst verbunden. Der Legende nach, wie