Und dann???
Ab vor das Tribunal!!!
Knast vielleicht gar???
- „Verunglimpfung der staatlichen Wach-Organe“!
Winkt der Hans die Freunde also flugs zur U-Bahn hin. Erst mal weg hier! Raus aus der Mitte der Hauptstadt, wo ja da noch ganz in der Nähe die Tribunen in ihren Palästen residieren.
U-Bahnen sie also zum Prenzlauer Berg hin – da noch Szene-Viertel, mit all den aus der Provinz herbei gezogenen verrückten Typen – wo Hans Huber seit einiger Zeit wohnt. Und da natürlich gleich erst mal in den „Kahn“, dem da noch einzigen Kneipchen weit und breit.
Bestellen sie sich bei der Gela, einer der wenigen freundlichen Kellnerinnen im ganzen Land, ein Bierchen und klärt Hans Huber die beiden Freunde dann auch gleich auf.
War er doch, anlässlich eines Besuchs seiner stramm sozialistischen Eltern mit dem Genossen Vater an der Spitze, vor kurzem schon mal in die „Alte Wache“ eingeschritten und hatte, wie er da zwischen den Wachmännern hindurch schritt, ein so komisches Zischeln gehört:
- Gssst!
Und hatte er, wie das im Dicken Damals so war, gleich erst mal befürchtet, wieder was falsch gemacht zu haben!
Bis dass der Genosse Vater, da zwar in Zivil anmarschierter, immerhin aber doch strammer Volks-Polizei-Major, hatte der ihn aufgeklärt:
- Irgendwann ja doch ziemlich schwer so ein Gewehr – immer nur auf der einen Schulter! Wie das aber dem Genossen nebenan verklickern, wenn Du hier stramm zu stehen und dabei immer nur das zu tun hast:
Augen!
Gerade!
Aus!
Siehst Du doch nur, was vor Dir ist, nicht das daneben! Und umschultern müssen die nun mal beide gleichzeitig! Gehört sich doch so, oder?!? Dem Genossen neben Dir aber zurufen: ‚Du: Ich kann nicht mehr!’ Das geht ja nun gar nicht!
Das hatte der Vater gesprochen und seinen Hans dann auch gleich aufgeklärt:
- Zischeln! Geheimes Zeichen geben:
Gssst!
Na, und das hatte Sohn Hans, politisch frech, wie er inzwischen geworden war, heute also mal ausprobiert: Ob das auch ginge, wenn nicht einer der beiden Strammsteher, sondern er zischeln würde. Konnte der Eine ja vom Anderen nicht wissen, dass der gar nicht …
Und?!?
Wem hatten die beiden Wach-Männer also immerfort salutiert!?!
Wenn nicht einem Abtrünnling?!?
Der Kneip-Tisch wackelt vor Lachen. Gela bringt noch das eine oder andere Bier und die beiden da Sitzenden stellen sich dabei vor, was da in der Dienst-Besprechung „Unter den Linden“ hernach wohl abgegangen sein musste. Wenn sich die beiden Staats-Soldaten vor ihrem Vorgesetzten gegenseitig bezichtigten, heute so oft immer wieder gezischelt zu haben …
- Prost!
Staatsmacht durcheinander gebracht!
- Prost!
Wir hier aber, liebe Leserin, lieber Leser, schreiten erst mal dahin zurück, wo das Alles in die Körper-Zellen von unserem Hans hinein gekrochen war und sich da lebenslang festgesetzt hatte …
Musik in den Knochen
Still!
Stann!
Der Seppel 2 steht still.
- Die Augen!
- Gerade!
– Aus!
Der Seppel lässt seine Augen nach vorne gucken.
- Im Gleichschritt Marsch!
Der Seppel seppelt los.
Links!
Zwoo!
Drei!
Vier!
Ein Bein. Das andere. Wieder das eine …
– Links um!
Der Seppel marschiert straff um die Ecke. Und die Musik dazu beschwingt seine kleinen Beine:
- Wummtata!
– Wumm!
Der Onkel, der da die Befehle erteilt, meint zwar nicht ihn. Immerhin aber: Auch er gehorcht dem Befehle-Geber. Wie die vielen Onkels alle, die in ihren blauen Uniformen straff neben dem Seppel her marschieren.
Und wie da einige von denen auch noch auf das große Ding rauf hauen, das sie vor dem Bauch haben:
Wumms!
Bumms!
Und wie andere in die Blech-Dinger rein blasen, die sie sich vor die Gusche 3 halten:
Tätä!
Tätääääh!
Und wie sie das Alles auf einmal machen: Laufen und blasen und hauen! Alle immer im gleichen Schritt und Tritt!
Links!
Zwoo!
Drei!
Vier!
Und da also seppelt unser Seppel nun zackig mit!
Es ist auf dem Hof der Alten Kaserne in Dresden, wo der Seppel mit der Mutt’l 4 bei seinem Vat’l 5 zu Besuch ist. Erst mal hatte er, wie fast jeden Tag hier, unten auf dem Hof bissel in dem großen Sand-Haufen gebuddelt. Wie er da aber dann dieses Wummtattaa zum ersten Mal gehört hatte, da hatten sich ihm die Augen und die Ohren aufgerissen und gleich auch war er hin geseppelt 6 zu den blauen Marsch-Onkels, hatte sich da am Rande aufgestellt und gehorcht und geguckt, was da wie abging.
Und da dann war ja bald auch das nicht mehr gegangen: Einfach bloß einfach zugucken! Gar zu sehr doch fuhr diese straffe Musik in seine kleinen Knochen hinein. Und schon auch huben die an, zu jucken und zu zucken.
Hatte sich der Seppel irgendwann dann also selbst auch so bissel stramm auf dem Fußweg neben der Marschier-Straße aufgestellt und war mit den jungen Onkels mitmarschiert. Und dass die Musik, die da den Takt angab, an diesem Punkt seines Lebens anhub, sich immer weiter hinein zu fressen in die Zellen seines Körpers, das merkte der Seppel zwar erst weit später in seinem Leben. Immerhin aber: Er merkte es! Und wie stur und wie lange diese Musik da dann hockte! Ja: Immer dann, wenn er später im Leben wieder mal solche Marsch-Musik hörte, begannen die dann