DMT - eBook. Markus Berger. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Markus Berger
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Сделай Сам
Год издания: 0
isbn: 9783038000969
Скачать книгу
der Kaninchenlunge nach, das in der Lage war, aromatische Aminosäuren, z. B. Indolethylamin-Moleküle, mit zusätzlichen Methylgruppen41 zu versehen – der Fachmann nennt dies eine Methylierung – und damit aus Serotonin Bufotenin und aus Tryptamin DMT zu synthetisieren.42 (Axelrod 1961; Hoffer und Osmond 1967: 455) Jahre später wies Lewis R. Mandel nach, dass die intravenöse Verabreichung von N-Methyltryptamin beim Kaninchen den DMT-Level in der Lunge ansteigen lässt. (Mandel 1976; Mandel et al. 1977)

      Im Fall des von Axelrod nachgewiesenen Enzyms handelte es sich um eine sogenannte N-Methylierung, die aus körpereigenen Aminen bzw. Indolethylaminen (z. B. Tryptamin) die Endopsychedelika baut. Kurz und vereinfacht ausgedrückt, erweitert das Enzym (das als Transmethylierungsenzym bezeichnet wird) im Körper anwesende Moleküle (die man in diesem Fall als »Substrate« bezeichnet) um eine oder mehrere Methylgruppen und verwandelt die betreffenden Verbindungen damit in andere Substanzen. Ein Beispiel: Methyliert man das Indolethylamin Tryptamin (das in diesem Fall als Substrat fungiert) zweimal, entsteht Dimethyltryptamin, also 2-Methyl-Tryptamin: DMT.

      Damit das N-methylierende Enzym aber seine Arbeit verrichten kann, benötigt es ein Co-Substrat, nämlich einen Methylgruppenspender (fachsprachlich: Methylgruppendonator), und der nennt sich S-Adenosylmethionin43, abgekürzt SAM (andere Abkürzung: AdoMet). S-Adenosylmethionin ist ein Stoffwechselprodukt der Aminosäure L-Methionin und dient, wir wiederholen, als Co-Substrat und Methylspender bei der Synthese von Indolalkylaminen im Körper, indem es zuerst an das Transmethylierungsenzym bindet und anschließend an das Indolethylamin-Substrat, in unserem Fall das Tryptamin. Dabei findet ein Transfer der Methylgruppe statt, die vom Methylspender zum Substratmolekül wandert. (Barker et al. 1981) Durch diese Interaktion zwischen dem Methylspender und dem Transmethylierungsenzym können eine oder mehrere Methylgruppen des Co-Substrats an das entsprechende Empfängersubstrat angehängt werden. Das Substrat (in diesem Fall Tryptamin) wird damit N-methyliert und verwandelt sich in ein anderes Molekül. Zur Veranschaulichung: Wird Tryptamin einmal N-methyliert, entsteht N-Methyltryptamin (NMT), wird es zweimal N-methyliert, entsteht N,N-Dimethyltryptamin (DMT) usw.

      Bei dem für die körpereigene DMT-Synthese notwendigen Transmethylierungsenzym handelt es sich um Indolethylamin-N-Methyltransferase (INMT).44 INMT wird wiederum vereinfacht gesagt von der sogenannten Boten-RNA45 (englisch: mRNA = messenger RNA) gebildet. Boten-RNA besteht aus Ribonucleinsäure-Molekülen, die an Prozessen innerhalb der DNA beteiligt sind.

      Nachdem Axelrod über seine Entdeckung des Enzyms beim Kaninchen berichtet hatte, wurden weitere Artikel veröffentlicht, in denen der Nachweis des gleichen Proteins im Zentralen Nervensystem (ZNS) beim Menschen, bei Schafen und bei Ratten dokumentiert wurde, beim Hühnerküken konnte das Enzym schon früher im Gehirn nachgewiesen werden (Morgan und Mandell 1969; Mandell und Morgan 1971; Rosengarten und Friedhoff 1976). Die höchsten Konzentrationen fanden die Forscher dabei im Hirnstamm, die geringsten im Bereich der Großhirnrinde: »Wir haben die Anwesenheit dieses Enzyms im Rattengehirn nachgewiesen, wobei dessen spezifische Aktivität im Hirnstamm am stärksten und im Bereich der Hirnrinde am schwächsten ist. Außerdem haben wir Hinweise auf eine Anwesenheit des Enzyms im parietalen Cortex bei Kindern und im Gewebe des Frontalcortex bei Erwachsenen, das während eines neurochirurgischen Eingriffs entnommen wurde.« (Morgan und Mandell 1969)

      Saavedra und Axelrod wiesen das Enzym dann auch in anderen Säugetiergeweben nach. (Saavedra und Axelrod 1972) Im Lauf der nächsten Jahre erschienen 13 wissenschaftliche Arbeiten, die Nachweise über entsprechende Enzymvorkommen in Gehirn, Liquor, Blutzellen und -plasma, Lunge und Leber erbrachten (eine Zusammenfassung und Übersicht findet sich bei Rosengarten und Friedhoff 1976), wobei sich die Aktivität des INMT-Proteins im Blut als sehr gering erwies. (Ebd.)

      Mehrere INMT-Formen?

      1979 wurden interessanterweise zwei Formen von Indolethylamin-N-Methyltransferase auch in der DMT-haltigen Grasart Phalaris aquatica (Syn. Phalaris tuberosa) nachgewiesen. (Mack und Slaytor 1979) »Die beiden INMTs haben deutlich verschiedene Affinitäten sowohl zu den primären Indolamin-Substraten wie Tryptamin als auch zu den sekundären Amin-Substraten wie NMT. Das könnte darauf hinweisen, dass die beiden Enzyme an der Produktion des tertiären Amins beteiligt sind. Während die Anwesenheit zweier verschiedener INMTs beim Säugetier noch nachgewiesen werden muss, würde dies doch eine gute Erklärung für die unterschiedlichen Substrataktivitäten bei verschiedenen Geweben einer Spezies sein.« (Barker et al. 1981a) Steven Barker und Kollegen folgern, dass zwei Enzyme im Menschen auch maßgeblich die DMT-Synthese regulieren könnten: das eine N-methylierte Tryptamin zu NMT, das andere NMT zu DMT. (Ebd.)

      Der US-amerikanische Wissenschaftler Michael A. Thompson hatte mit seiner Forschungsgruppe die Anwesenheit von INMT und Boten-RNA im ZNS untersucht, die Veröffentlichung erschien 1999. Das Ergebnis: Thompson und seine Kollegen fanden das Enzym und Boten-RNA in Schilddrüse, Nebenniere, Lunge und Rückenmark, nicht aber im Gehirn an sich und auch nicht in sieben speziellen Hirnregionen (Thompson et al. 1999), sodass die Forscher davon ausgehen, dass diese Komponente nicht an einer eventuellen Biosynthese von DMT im Gehirn beteiligt ist. (Cozzi et al. 2011; Thompson et al. 1999)46 Der US-amerikanische Neuropharmakologe Nicholas V. Cozzi von der University of Wisconsin School of Medicine and Public Health wies zwei Jahre später mit Kollegen das INMT-Protein in zentralnervösem Gewebe von Rhesusaffen (Macaca mulatta) nach, u. a. ebenfalls im Rückenmark und zusätzlich aber auch in der Zirbeldrüse (Cozzi et al. 2011). In der Zirbeldrüse wurde übrigens schon weit früher ein anderes Methyltransferase-Enzym nachgewiesen, nämlich 5-Hydroxyindol-O-Methyltransferase (HIOMT), das zusammen mit einem weiteren Enzym, der N-Acetylase, für die Melatoninproduktion aus Serotonin verantwortlich ist. (Weissbach et al. 1960)

      Versuche mit Enzymen

      Giorgio Stramentinoli und Ross J. Baldessarini veröffentlichten Ende der Siebzigerjahre ihre Erkenntnisse über In-vivo-DMT-Produktion aus verabreichtem Tryptamin in der Kaninchenlunge. (Stramentinoli und Baldessarini 1978) »Die Forscher untersuchten außerdem die Effekte von natürlichen Vorstufen innerhalb der Biosynthese von DMT, indem sie wiederholt hohe Dosierungen Methionin47 und S-Adenosylmethionin injizierten. Solche Experimente haben Relevanz für die Transmethylierungshypothese der Schizophrenie; mehrere Studien hatten gezeigt, dass die Verabreichung hoher Dosierungen Methionin die Symptomatik von Schizophrenen verschlimmerte.« (Barker et al. 1981) Saavedra und Axelrod publizierten erst 2014 wieder, dass sich bei schizophrenen Patienten die Symptomatik verschlechterte, nachdem sie L-Tryptophan und L-Methionin verabreicht bekommen hatten. (Saavedra und Axelrod 2014)

      Wie kommt die körpereigene Produktion von DMT und Verwandten zustande? – Wo kommen die Substanzen eigentlich her?

      Der menschliche Körper nimmt die essenzielle Aminosäure L-Tryptophan über die Nahrung auf. Die Biosynthese des DMT beginnt mit der Decarboxylierung des Tryptophan zu Tryptamin. Diese Decarboxylierung (Entfernung von zwei Carboxygruppen) geschieht durch ein Enzym, das Aromatische-L-Aminosäure-Decarboxylase (AADC) oder auch DOPA-Decarboxylase (DDC) genannt wird. Anschließend wird Tryptamin durch INMT und den Methylspender S-Adenosylmethionin (SAM) transmethyliert, woraus schließlich NMT, DMT usw. entstehen. (Barker et al. 1981; Frecska et al. 2013; Mishor et al. 2011)

      Das Gleiche geschieht bei körpereigenem 5-MeO-DMT: Mit Hilfe des Methylspenders SAM wird die N-Methylierung von 5-MeO-Tryptamin (Mexamin) zu 5-MeO-N-Methyltryptamin aktiviert, das wiederum zu 5-MeO-DMT umgebaut wird (Lin et al. 1974; Mandel und Walker 1971). Juan M. Saavedra und Julius Axelrod haben 1972 einen Artikel publiziert, der erläutert, dass Tryptamin eine natürliche Substanz im Rattengehirn ist (20 Nanogramm pro Gramm Gewebe) und dass im Gehirn der Ratte und auch des Menschen ein Enzym gebildet wird, das Tryptamin und N-Methyltryptamin in N-Methyl- und Dimethyltryptamin umbaut (Saavedra und Axelrod 1972). Shailesh P. Banerjee und Solomon H. Snyder vom Department of Pharmacology der Johns Hopkins University School of Medicine, Baltimore, bestätigen diese Erkenntnis und ergänzen, dass auch eine O-Methylierung von Bufotenin nach 5-MeO-DMT gegeben sei. (Banerjee und Snyder 1973)

      Ein alternativer Methylspender

      SAM ist nicht alleinig als Methylspender geeignet. 1973, 1974 und 1975 wurde vermehrt über die Möglichkeit einer N-Methylierung von Indolethylaminen mittels 5-Methyltetrahydrofolat (5-MTHF, Transport- und Speicherform der Folsäure, »Metafolin«)