Vom seidenen Faden zum gemeinsamen Strang. Eberhard Schmidt. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Eberhard Schmidt
Издательство: John Wiley & Sons Limited
Серия:
Жанр произведения: Экономика
Год издания: 0
isbn: 9783527836772
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Inhabers in all den Jahren noch nie erlebt. Und von Erzählungen befreundeter Unternehmer wusste ich, dass die Versprechungen von Unternehmensberatern zu oft zu großspurig waren. Hatten die beiden meine Gedanken gelesen? Eb Schmidt jedenfalls beschrieb recht offen, was die UnternehmensBeatmer von anderen Unternehmensberatern unterschied:

      Dann gibt es zum anderen die Coaches. Sie nehmen sich des ein oder anderen Mitarbeiters an, der geschult und entwickelt werden soll und entlassen ihn am Ende in die gleiche Gemeinschaft von Kollegen, die weiterhin mobbt oder ihre eigenen Vorteile sucht oder einfach schlecht zusammenarbeitet.

      Und dann gibt es uns. Wir bringen Führungsteams zusammen und schaffen genau die Rahmenbedingungen, die alle auf den gemeinsamen Erfolg ausrichten. Diese verhindern, dass persönliche Animositäten, Karrierewünsche Einzelner, Neid, Missgunst, divergierende Ziele, schlechte oder mangelhafte Aufgabenverteilung, das Abschieben von Verantwortung und vieles mehr einer guten Zusammenarbeit im Wege stehen. Wir wollen nicht in zusammenhanglosen, sterilen Seminaren punktuell wirken, was dann im Arbeitsalltag nur allzu schnell wieder verloren geht, sondern unsere Arbeit erstreckt sich über einen längeren Zeitraum, in dem wir Teams begleiten. Ich nenne es gerne ›Operation am offenen Herzen‹, denn letztlich geht es darum, dass aus Kollegen sich unterstützende Teamplayer werden. Das schaffen wir, indem wir einen Kontext kreieren, der die gegenseitige Abhängigkeit berücksichtigt und bewusst macht, der eine wertschätzende Kommunikation befördert und eine positive Entwicklung ermöglicht. Jede Verbesserung ist eine, die das gesamte Team weiterbringt. Und beginnen tut das alles mit der Bereitschaft der TOP-Führungskraft, sich als wesentlicher Teil des Veränderungsprozesses zu sehen. Diese hat erkannt«, Eb Schmidt schaute mich an, »dass die bewusste Gestaltung der Unternehmenskultur eine Reise ist – eine Reise zu Hochleistung bei niedrigem Puls.«

      Also fasste ich zum ersten Mal vor allen Führungskräften zusammen, wie es um Jordan Seniorenbauten stand. Ich ging auf die zunehmenden Beschwerden der Kunden ein, die zum großen Teil berechtigt waren, auf die Mitarbeiterkündigungen, die teilweise dafür verantwortlich waren, dass die Lieferzeiten nicht eingehalten werden konnten, was wiederum dazu führte, dass die Zahlungsmoral gesunken war. Ich berichtete von zwei großen und mehreren kleinen Qualitätsmängeln, die mich in Schwierigkeiten gebracht und schließlich zu Rabatten geführt hatten, die nicht einkalkuliert waren. Dass ich aufgrund fehlender Einnahmen einige Investitionen zurückgestellt hatte und nun nicht wusste, wie wir den Bau des Altenheims in der Hauptstraße gut zu Ende bringen sollten, weil jetzt auch noch Bodo Beyer gekündigt hatte. »Obwohl wir in diesem Jahr schon drei Mitarbeiter mehr haben als im vergangenen Jahr, haben wir bisher nicht eine müde Mark mehr erwirtschaftet«, erklärte ich die Situation. »Dabei müssen wir dringend weitere Mitarbeiter einstellen, wie Sie alle wissen. Das bedeutet mehr Ausgaben bei weniger Einnahmen. So kann es nicht weitergehen. Es muss sich etwas ändern. Und dabei müssen alle – jeder Einzelne von uns – mitziehen, sonst wird es uns nicht gelingen. Und was das bedeutet, wissen Sie!«

      Als ich schließlich geendet hatte, herrschte betroffenes Schweigen.

      »Dass es so schlimm ist, habe ich nicht gewusst«, meinte Klaus Färber. Und sofort fielen die anderen ein. Außer Johannes Barth war sich keiner im Klaren über das Ausmaß der Probleme. Alle hatten nur einzelne Details mitbekommen, keiner kannte die Gesamtsituation. Umso mehr freute mich der aufmunternde Satz unseres Marketingleiters, Urs Meckenrath, zum Abschluss: »Wir ziehen den Karren schon aus dem Dreck, Chefin. Gemeinsam!«

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      Herr Schmidt schien sich ebenfalls zu amüsieren. Er lächelte und fuhr unbeirrt fort, wobei er die einzelnen Schritte ausführte. Das klang alles ein wenig theoretisch und ich konnte mir keine rechte Vorstellung davon machen, wie das denn nun aussehen sollte. »Wir werden diese Schritte in diesem und in allen folgenden Workshops nacheinander und immer wieder gehen. Aber bevor wir durch diese sieben Schritte der Entwicklung gehen, wollen wir erst einmal Reisevorbereitungen treffen«, sagte er. »Die ambitionierteste Reise der Welt gerät zum Fiasko, wenn wir nicht die richtigen Voraussetzungen geschaffen haben, damit die Reise ein Erfolg wird, also zum gewünschten Ziel führt.«

      Wir diskutierten kurz darüber, was das für Voraussetzungen sein könnten, und kamen überein, dass jeder bereit sein müsse, auf den Zug aufzusteigen, sprich mitzuarbeiten, sich offen und ehrlich einzubringen. Einen kurzen Moment lang tauchte Achim Hagedorns dunkle Gestalt vor meinem inneren Auge auf und irritierte mich. Ich entschloss mich, sie zu ignorieren und verfolgte gebannt die Vorgänge um mich herum.

      »Na, dann darf ich mich wohl allein unterhalten«, witzelte Urs. »Gut, dass ich wenigstens das besser als alle kann.«

      »Na, schauen wir mal, was noch kommt«, warf Steffen Karneth ein. »Wie schätzen Sie sich denn selbst ein?«, fragte er weiter