Arbeiten in der Tagesschule (E-Book). Regula Windlinger. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Regula Windlinger
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783035518030
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der Betreuung mit weiteren Aufgaben in der Schule, wie beispielsweise Assistenzen im Kindergarten oder die Übernahme von SOS-Lektionen. Um den zusätzlichen Personalbedarf während der Mittagsmodule zu decken, stellen einzelne Einrichtungen Studierende an. Solche Einsätze lassen sich gut mit dem Studentenalltag vereinbaren. In den Diskussionen wurde deutlich, dass ein Spannungsfeld zwischen familienfreundlicher und personalfreundlicher Organisation der Angebote besteht. Eine Mindestanwesenheit der Kinder würde Schwankungen in der Belegung ausgleichen, jedoch die Entscheidungsfreiheit der Eltern einschränken, ob und wie oft sie ihre Kinder in die SEBB schicken wollen. Die Situation vor Ort scheint zudem stark von der Gemeinde abhängig zu sein. Manche Gemeinden garantieren Angebote ohne Mindestbelegung, was die Planung und den Personaleinsatz erleichtert.

      Diskutiert wurde auch die Frage des Stunden- und Monatslohns (siehe Beitrag 3). Diese Lohndebatte soll gleiche Bedingungen für alle Arbeitnehmenden schaffen und Schutz bieten. Anstellungen im Monatslohn sind ein Zeichen der Wertschätzung, die in diesem Beruf auf verschiedenen Ebenen oft fehlt. Im Bereich der Anstellungsbedingungen zeigt sich grosser Handlungsbedarf (siehe Beitrag 2). Es braucht diesbezüglich arbeitsrechtliche Aufklärung. Möglich wären beispielsweise Bandbreitenanstellungen, um Schwankungen gezielt auszugleichen. Bisher fehlen im Bereich der SEBB sowohl Minimallöhne als auch Gesamtarbeitsverträge.

      1.2.2 Multiprofessionelle Zusammenarbeit

      Multiprofessionelle Zusammenarbeit findet einerseits innerhalb der Tagesschulen, Tagesstrukturen oder bei den Mittagstischen statt (siehe Beitrag 6) andererseits mit den Lehrpersonen und weiteren Mitarbeitenden der Schule (siehe Beiträge 5, 8 und 12).

      In den Einrichtungen der SEBB arbeiten Menschen mit unterschiedlichem beruflichem Hintergrund in Teams zusammen. Einerseits sind dies Mitarbeitende mit einer pädagogischen Qualifikation und andererseits solche ohne pädagogischen Berufsabschluss respektive mit einer Qualifikation ausserhalb dieses Bereichs. Das Forschungsprojekt zeigte, dass an Mittagstischen vor allem Mitarbeitende ohne pädagogische Qualifikation arbeiten, während bei den Tagesstrukturen rund die Hälfte einen pädagogischen Berufsabschluss hat. Bei den Tagesschulen im Kanton Bern haben rund 55 Prozent der Mitarbeitenden einen pädagogischen Berufsabschluss, 33 Prozent sind Lehrpersonen, und 22 Prozent haben einen anderen pädagogischen Abschluss (z.B. Fachperson Betreuung). Bei den Mittagstischen und Tagesstrukturen in den Kantonen Aargau und Solothurn sind nur wenige Lehrpersonen angestellt. Insgesamt äusserten sich im Forschungsprojekt viele Mitarbeitende positiv über die Zusammenarbeit im Team, und es gab nur wenige Aussagen, die explizit Schwierigkeiten wegen unterschiedlicher beruflicher Hintergründe thematisierten.

      In Bezug auf die Zusammenarbeit mit der Schule zeigen die Forschungsergebnisse, dass diese von den Leitungspersonen der SEBB als wichtig erachtet wird. Zudem wird deutlich, dass die Zusammenarbeit oft noch wenig ausgeprägt ist. Es ergibt sich eine Diskrepanz zwischen Wichtigkeit und Vorhandensein der Zusammenarbeit mit den Lehrpersonen und der Schule. Bei den Tagesstrukturen ist diese Diskrepanz am stärksten ausgeprägt. Gemäss den Angaben der Leitungspersonen findet eine Zusammenarbeit mit der Schule am ehesten bei den Tagesschulen im Kanton Bern statt. Viele Tagesstrukturen und Mittagstische (Aargau und Solothurn) pflegen noch sehr wenig Austausch und Zusammenarbeit mit der Schule.

      In den Diskussionen wurde angesprochen, dass die räumlichen Verhältnisse wichtig sind. Der Standort der Einrichtung der SEBB ist ein wesentlicher Faktor für die erfolgreiche Kommunikation mit der Schule. Diese gelingt leichter, wenn sich die SEBB auf dem Schulareal befindet. Etliche Teilnehmende haben den Eindruck, dass der Kontakt zur Schule meistens von der SEBB aus erfolgen muss, da von anderer Seite her nicht viel passiert. Ein fehlender Austausch bedeutet zugleich, dass wertvolles Potenzial nicht genutzt wird. Diskutiert wurde in diesem Zusammenhang auch die Mitarbeit der Lehrpersonen in der Betreuung. Im Moment könnte es schwierig sein, mehr Lehrpersonen für die Betreuung zu gewinnen. Wegen des Lehrpersonenmangels werden die Lehrpersonen in den Unterrichtszimmern gebraucht. Einzelne Mitarbeitende bewerten die Betreuungsqualität von Lehrpersonen in der SEBB eher negativ, da deren Hauptfokus auf dem Unterrichten liege. Geäussert wurden auch Bedenken, ob es für die Schülerinnen und Schüler angenehm ist, den Lehrpersonen auch in der Freizeit zu begegnen. Neben den negativen Stimmen gibt es durchaus konträre Meinungen. Die Betreuungsarbeit von Lehrpersonen kann eine Chance sein, damit sich die Schülerinnen und Schüler und die Lehrpersonen in einem anderen Kontext begegnen können (siehe Beitrag 8).

      Der Auftrag der Einrichtungen der SEBB stand ebenfalls zur Diskussion. Sind die Einrichtungen eine Ergänzung zur Schule, welche die schulischen Aufgaben unterstützt, beispielsweise mit der Hausaufgabenbetreuung? Oder ist die SEBB explizit ein sozialpädagogisches Angebot mit dem Fokus auf die Freizeitgestaltung der Kinder? Vielerorts ist eine solche Diskussion bislang nicht geführt worden.

      Weiter tauchte die Frage auf, wer sich wem anpassen muss, wenn gleiche Grundregeln in Schule und SEBB ausgearbeitet werden sollen. Für eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe braucht es gegenseitige Wertschätzung und eine gute Kommunikation. Förderlich sind zudem gemeinsame Weiterbildungen der Lehr- und Betreuungspersonen. Eine Zusammenarbeit zwischen Unterricht und Betreuung findet eher statt, wenn die Schulleitung zugleich die Leitung der Tagesschule übernimmt, sie ist abhängig von der Organisation der Leitungsstruktur. Eine funktionierende Zusammenarbeit ist eine Entlastung für alle involvierten Parteien. Inhalte der Zusammenarbeit können gemeinsame Förderziele, der Umgang mit familiären Herausforderungen und soziales Verhalten sein. Wichtig dabei ist ein sorgsamer Umgang mit dem Datenschutz.

      1.2.3 Betreuungsqualität und Beziehungsgestaltung

      Die Betreuungsqualität und das Wohlbefinden der Kinder in Einrichtungen der SEBB werden nach Kibesuisse (2017) durch verschiedene Faktoren beeinflusst. Dazu gehören der Betreuungsschlüssel, die Grösse und Konstanz der Gruppen (Stabilität der Beziehungen zu den gleichzeitig anwesenden Kindern), die Qualifikation des Personals, die Kontinuität der Beziehung zu den Betreuungspersonen und die zeitlichen und materiellen Ressourcen des Personals.

      Das Forschungsprojekt hat aufgezeigt, dass gewisse qualitätsbezogene Aspekte der Arbeit den Mitarbeitenden Schwierigkeiten bereiten. Einerseits erleben sie ihre Arbeit als bedeutsam und motivierend, in Anbetracht der Betreuung der Kinder. Andererseits stellt der Berufsalltag Herausforderungen, die manchmal mit Frust verbunden sein können. Mitarbeitende möchten gerne allen Kindern gerecht werden, dies ist aber aufgrund der Gruppengrössen und fehlender Ressourcen oft nur schwer umsetzbar. Den Umgang mit grossen oder heterogenen Gruppen nannten die Mitarbeitenden als Herausforderungen in ihrer Arbeit (vgl. Jutzi & Windlinger, 2019). Viele Mitarbeitende wünschen sich einen besseren Betreuungsschlüssel und mehr Zeit für die individuelle Betreuung der einzelnen Kinder.

      Ein wichtiger Faktor bezüglich der Qualität ist die pädagogische Orientierung der Einrichtungen der Einrichtungen. Ein gemeinsames pädagogisches Verständnis, das im Alltag umgesetzt wird und mit dem sich die Mitarbeitenden identifizieren, sorgt für eine bessere Rollenklarheit, weniger arbeitsbezogene Unsicherheit und eine höhere Qualität der Zusammenarbeit im Team (siehe Beitrag 9).

      Anlass zur Diskussion gab zudem der Betreuungsschlüssel, d.h. wie viele Mitarbeitende für die Betreuung der anwesenden Kinder notwendig sind. Dieser sei teilweise zu hoch, insbesondere am Anfang des Schuljahres, weil die anwesenden Betreuerinnen und Betreuer zu viele Kinder zu beaufsichtigen haben. Für viele Kinder ist die Situation in der Betreuungseinrichtung neu. Die Kinder sind teilweise überfordert und benötigen Zeit und Begleitung bei der Eingewöhnung. In dieser Phase wäre zusätzliches Personal hilfreich. Der Betreuungsschlüssel müsste angepasst werden. Dazu könnten bei herausfordernden Gruppenzusammensetzungen, analog zur Schule, SOS-Lektionen