Die folgenden beiden Beiträge widmen sich verschiedenen Aspekten der Beziehung von Weiterbildung und Beratung. Dagmar Engfer stellt mit Blended Coaching ein Konzept vor, das Beratungselemente in Weiterbildungsformate integriert und somit Weiterbildung und Beratung bewusst verzahnt. Aber auch im Vorfeld einer allfälligen Teilnahme an Weiterbildungen ist Beratung wertvoll, damit sich interessierte Personen ein Bild von den Möglichkeiten machen und ein für sie geeignetes Angebot auswählen können. Diese Aspekte erläutern Anne Schlüter und Jan Schilling anhand von Beispielen aus der Weiterbildungsberatung an der Universität Duisburg-Essen.
Während die meisten Beiträge auf größere respektive längere Weiterbildungsformate fokussieren, legen Ulrike Hanke und Nina Bach den Schwerpunkt auf ganz kurze Veranstaltungen. In ihrem Beitrag erläutern sie die Vorteile und Grenzen von Spotlights und Special Interest Groups als Weiterbildungsformate. Zeichnen sich diese Formate durch die Reduktion aufs Wesentlichste aus, geht es im Beitrag von Philippe Wampfler um eine Ausdehnung des Lernens in die digitale Sphäre. Er thematisiert den Einsatz von Social Media und persönlichen Lernumgebungen im Weiterbildungskontext und zeigt auf, dass die damit verbundenen Chancen viel größer sind als die oft betonten Risiken.
Zum Schluss öffnen wir im Interview mit Theo Wehner nochmals den Horizont und diskutieren auch kritische Aspekte des Umgangs mit Weiterbildungen wie die heute verbreitete »Zertifikatsgläubigkeit«. Zentral für den vorliegenden Band scheint uns eine Aussage aus dem Interview, mit der wir diese Einleitung abschließen möchten, da sie unserem eigenen Anliegen entspricht: »Wir müssen die Weiterbildungsteilnehmenden zu Teilhabenden machen.«
Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (2014). Bundesgesetz über die Weiterbildung (WeBiG) vom 20. Juni 2014. Zugriff am 22.8.2017 unter https://www.admin.ch/opc/de/official-compilation/2016/689.pdf.
Europäische Kommission (2001). Einen europäischen Raum des lebenslangen Lernens schaffen. Brüssel. Zugriff am 12.3.2017 unter https://www.hrk.de/uploads/tx_szconvention/memode.pdf.
Hanft, A.; Brinkmann K.; Kretschmer S.; Maschwitz A. & Stöter J. (2016). Organisation und Management von Weiterbildung und Lebenslangem Lernen an Hochschulen. Münster u. a.: Waxmann.
Kamm, C.; Schmitt, S.; Banscherus, U. & Wolter, A. (2016). Hochschulen auf dem Weiterbildungsmarkt: Marktposition und Teilnehmerstruktur. Ergebnisse einer sekundäranalytischen Untersuchung. In: Wolter, A.; Banscherus, U. & Kamm, C. (Hrsg.). Zielgruppen Lebenslangen Lernens an Hochschulen. Münster u. a.: Waxmann, 137–164.
Schläfli, A. & Sgier, I. (2014). Weiterbildung in der Schweiz (3., vollständig überarbeitete Aufl.). Bielefeld: Bertelsmann.
SKBF (2014). Bildungsbericht Schweiz 2014. Aarau: Schweizerische Koordinationsstelle für Bildungsforschung.
In den letzten Jahren hat das Thema lebenslanges Lernen an Bedeutung gewonnen. Lebenslang zu lernen gilt als Bedingung für persönliche Entwicklung und beruflichen Erfolg. In öffentlichen und politischen Debatten zu Fragen wie Arbeitslosigkeit, Fachkräftemangel, Migration oder Umweltzerstörung werden die Lernfähigkeit und Lernbereitschaft von Erwachsenen mittlerweile ebenfalls als relevante Elemente wahrgenommen. Das zeigt sich auf nationaler wie auf internationaler Ebene: Politikerinnen und Politiker bezeichnen Weiterbildung als Erfolgsfaktor für die wirtschaftliche Entwicklung einzelner Länder und ganzer Regionen wie der EU. In der Schweiz stehen zurzeit beispielsweise die Strategie zur Armutsbekämpfung oder die digitale Strategie des Bundes zur Debatte. Als mögliche Antwort auf diese Herausforderungen wird unter anderem Weiterbildung genannt.
Dieser Beitrag umfasst zwei Teile: Der erste widmet sich aktuellen nationalen und internationalen Entwicklungen in der Weiterbildung, im zweiten Teil konzentrieren wir uns auf das Verhältnis der Hochschulen zur Weiterbildung.
Was ist unter Weiterbildung zu verstehen?
Bis vor 20 Jahren wurde klar zwischen Erwachsenenbildung, Fortbildung und Weiterbildung unterschieden. Als sich in den 1990er-Jahren das Paradigma des lebenslangen Lernens durchzusetzen begann (vgl. Kraus 2001), wurde die Unterscheidung dieser Begriffe zunehmend unscharf (s. unten Abschnitt »Was ist lebenslanges Lernen?«). So ersetzte beispielsweise die Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) den Begriff Lehrerfortbildung durch den Begriff Lehrerweiterbildung. Die Schweizerische Vereinigung für Erwachsenenbildung (SVEB) wurde 2001 zum Schweizerischen Verband für Weiterbildung, behielt mit der Abkürzung SVEB aber die Erinnerung an den Begriff Erwachsenenbildung bei. Eine Folge dieser Entwicklung ist, dass die Begriffe Erwachsenenbildung und Weiterbildung in der Schweiz inzwischen als synonym gelten. Wichtig geworden ist dafür die Unterscheidung zwischen der formalen Bildung, der nicht-formalen Bildung und dem informellen Lernen (vgl. Kasten).
Lernformen: formal, nicht-formal, informell
»Im Zusammenhang mit lebenslangem Lernen (lifelong learning) hat sich die Unterscheidung von drei Lernformen eingebürgert (UNESCO, OECD und Eurostat):
1.Die formale Bildung umfasst alle Bildungsgänge der obligatorischen Schule, der Sekundarstufe II [berufliche Grundbildung oder allgemeinbildende Schulen] und der Tertiärstufe [höhere Berufsbildung, Hochschulabschlüsse oder Doktorate].
2.Die nicht-formale Bildung umfasst die Lernaktivitäten im Rahmen einer Schüler-Lehrer-Beziehung außerhalb des formalen Bildungssystems. [Dazu gehören beispielsweise Kurse, Konferenzen, Seminare oder Privatunterricht.]
3.Das informelle Lernen umfasst Aktivitäten, die explizit einem Lernziel dienen, aber außerhalb einer Lernbeziehung stattfinden. [Dabei handelt es sich beispielsweise um das Lesen von Fachliteratur oder das Lernen von anderen Personen am Arbeitsplatz.]
Ist von Weiterbildung die Rede, sind in der Regel nicht-formale Bildungsaktivitäten gemeint. […]«
Quelle: BFS (2016)
Heute wird Weiterbildung im deutschsprachigen Raum in der Regel als non-formale Bildung bezeichnet. Durchgesetzt wurde diese Definition auf internationalen Druck von Organisationen wie der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) und der UNESCO (Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur). Inzwischen ist die Unterscheidung zwischen formaler und non-formaler Bildung und informellem Lernen in ganz Europa üblich, wobei die Begriffe nicht überall dasselbe bedeuten. So gehören beispielsweise Grundkompetenzen in manchen Ländern zum formalen System, in anderen (wie der Schweiz) aber zum non-formalen. Unterschiede bestehen bei empirischen Daten und Teilnahmequoten auch auf methodologischer Ebene. So erfassen die statistischen Ämter non-formale Bildung unterschiedlich breit und beziehen beim Berechnen der Weiterbildungsquoten teilweise auch das informelle Lernen ein. Aus diesem Grund sind Ländervergleiche trotz relativ einheitlicher Terminologie mit Vorsicht zu interpretieren; das gilt auch für die im internationalen Vergleich sehr hohe Weiterbildungsquote in der Schweiz.
Das Bundesamt für Statistik erfasst die Teilnehmerstatistik (Mikrozensus Aus- und Weiterbildung [MZB])