Möglich ist das, weil ihr alle Angst vor Veränderung habt. In dieser Angst haltet ihr zusammen. Euer Reflex besteht darin, zu bewahren, was ihr kontrollieren könnt. Selbst wenn es das Klima zerstört, selbst wenn es ein neues globales Gefüge des friedlichen Miteinanders verhindert, selbst wenn es diesen Planeten um Jahrzehnte zurückwirft und womöglich unwiderruflich beschädigt.
Ihr werdet das selbst noch bereuen. Dieser Gedanke kam mir ebenfalls im Haus Malta. Das Klischee der armen und einsamen alten Menschen stimme meistens nicht, sagte mir eine Altenpflegerin. Wer für seine Kinder da sei, für den seien später auch seine Kinder da und umgekehrt. Wenn ihr euch also kollektiv unseren Interessen verweigert, werden wir uns später kollektiv den euren verweigern.
Ich sehe schon jetzt, wie viele von uns nicht mehr mit alten Menschen können und wollen, und wie sie vielen von uns einfach egal sind. Das Thema Pflege wird also noch interessant werden. Pflege-, Unterhaltungs- und Streichelroboter werden womöglich das Beste sein, das ihr von uns erwarten könnt, und es wird nicht unsere Schuld sein.
Wir werden, um möglichst wenig mit euch zu tun zu haben, vollelektronische Pflegeheime für euch bauen, was aber vielleicht gar nicht so schlimm sein wird. Denn die Sparte Human-Computer-Interaction wird sich weiterentwickeln und ihr werdet euch vielleicht richtig gut dabei fühlen, wenn ihr Robotern eure Lebensgeschichten erzählt.
Diese Roboter werden abstrakte Konzepte wie Eigentum einschätzen können, ethische Codes verstehen und kulturelle Normen verinnerlicht haben. Wenn ihr mit ihnen flüstert, werden sie zurückflüstern, und wahrscheinlich werdet ihr sie sogar lieben. Als an der University of California in Berkeley ein simpler Kurier-Roboter ausbrannte, der Essen ausfuhr, waren die Studenten so erschüttert, dass sie an der Unfallstelle Kerzen anzündeten.
In Deutschland und Norwegen wurde 2017 eine intelligente Puppe namens »My Friend Cayla« verboten, weil sie im Verdacht stand, Kinder auszuspionieren. Es kann also sein, dass eure letzten Freunde euer Kaufverhalten im Sinne von Amazon manipulieren werden, aber sei’s drum. Ihr habt dann vielleicht ohnehin schon Sachwalter.
Eure Erfahrung hat einen Wert. Ich habe im Haus Malta allerdings noch eine für mich wichtige Erfahrung gemacht. Alte Menschen haben auch etwas, das wir junge Menschen brauchen und das uns fehlt. Sie haben Geschichte, und Geschichte ist wertvoll.
Ich spreche davon, dass ein Baum, der keine Wurzeln hat, umfällt. Es ist deshalb für uns wichtig, zu wissen, woher wir kommen. Wer das weiß, verliert nicht so leicht die Perspektive. Er kann fantasievoller über die Zukunft nachdenken.
Es wird allerdings wegen unserer wechselseitigen Vorbehalte immer schwieriger für uns, an diese Ressource zu kommen. Es ist zu mühsam geworden, miteinander zu reden. Es ist langweilig. Es führt zu nichts.
Ich finde das schade. Denn das Beste für diesen Planeten würde geschehen, wenn ihr, wie ich es gefordert habe, nicht nur eure Positionen uns überlasst, sondern gleichzeitig beratende Funktionen im Hintergrund einnehmt. Dann könntet ihr uns stabilisieren, aber nicht mehr bremsen.
Um meinen Beitrag für so ein Miteinander zu leisten, versuche ich, euch die Welt, in der wir leben, ein bisschen näherzubringen. Ihr werdet sie wahrscheinlich nicht mehr verstehen, aber ich will es zumindest versuchen.
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