Jenseits des Spessarts. Günter Huth. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Günter Huth
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783429064822
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nichts verraten!“

      Al-Asmani gab Jamal ein Zeichen. „Mein Sohn, du weißt, welche Fragen du ihm stellen musst. Ruf mich, wenn er sich zur Wahrheit entschlossen hat.“ Mit diesen Worten erhob er sich und verließ den Raum. Die Schreie des Gefangenen verfolgten ihn, bis sich die schalldichte Tür des Kellers hinter ihm schloss. Der ganze Raum war schalldicht. Aber das war eigentlich egal, hier in dem Haus befanden sich nur die Zentral-Büros des Firmenkonsortiums al-Asmani Enterprises und im obersten Stockwerk seine Wohnung. Hier lauschten keine fremden Ohren.

      Jamal zog eines der Geräte, das auf Rollen lief, aus der Nische nach vorne. Es war mit einem Kabel ans Stromnetz angeschlossen. Es sah wie ein überdimensionales Batterieladegerät aus. Von ihm gingen zwei lange Kabel ab, die in einer roten Plus- und einer schwarzen Minusklemme endeten. Jamal arbeitete ganz gemächlich und achtete darauf, dass der Gefangene alle seine Handlungen gut beobachten konnte. Mit aufgerissenen Augen wimmerte er vor sich hin.

      „Bitte, ich habe niemand verraten! Bitte, ich bin kein Verräter! “

      Der Bärtige sah ihn nur emotionslos an. „Ich habe dir gesagt, du bist hier in der Hölle.“ Er schaltete das Gerät ein, auf dessen Oberseite sich eine Skala mit einem Drehrad befand, das offenbar zum Einstellen der Stärke der Stromstöße diente.

      Jamal stellte sich breitbeinig vor den Gefangenen und beugte sich nach vorne, um die rote Klemme an seinem Ohrläppchen zu befestigen. Fahdi wich immer weiter nach hinten aus.

      „Das nützt dir nichts“, brummte der Bärtige.

      In diesem Augenblick schnellte Fahdis Kopf mit einem Schrei nach vorne und seine Stirn knallte Jamal mit voller Wucht gegen die Nase, die mit einem hörbaren Knacken brach. Jamal brüllte vor Schmerz. Seine Hände ließen das Kabel los und fuhren zu seinem Gesicht. Blutüberströmt taumelte er nach hinten.

      Aus Fahdi, dem wimmernden Gefangenen, wurde von einem Augenblick auf den anderen eine explodierende Kampfmaschine. Vorhin, als er, Verzweiflung vortäuschend, den Kopf nach vorne sinken ließ, hatte er sich ausgerechnet, dass er mit den Zähnen den Gurt der rechten Hand würde lösen können. Das gelang ihm auch. Mit einer befreiten Hand, riss er blitzschnell den Brustgurt auf und löste die Schnalle an der anderen Hand. Die Fußgurte folgten. Er wusste, es kam auf Sekunden an. Jamal würde sich schnell erholen und angreifen. Zum Glück hatte er bei ihm keine Waffe festgestellt. Da griff der Bärtige auch schon mit blutüberströmtem Gesicht und einem tierischen Brüllen an. Sein Angriff wurde von Wut gesteuert und entbehrte jeglicher Kampftaktik. Fahdi war aufgesprungen und wartete, bis er in Reichweite seiner Hände war, dann stieß er seine Finger mit Wucht nach vorne, hinein in die Augen seines Gegners. Der Schwung des Angriffs riss Jamal trotz der Schmerzen in den Augen nach vorne. Erneut schlug Fahdi zu, diesmal gegen den Oberkörper Jamals, dessen Schwung nach vorne dadurch in eine Seitenbewegung umgelenkt wurde. Fahdi machte eine halbe Drehung und traf mit Wucht mit der Handkante die Halswirbelsäule. Als Jamal den Boden berührte, war er bereits tot. Das Blut aus seiner gebrochenen Nase suchte sich in einem dünnen Rinnsal den Weg in den Ablauf.

      Der Kampf hatte nur Sekunden gedauert. Fahdi atmete tief durch, dann suchte er nach seinen Kleidern. Die beiden Kahlköpfigen hatten sie achtlos in eine Ecke geworfen. Schnell zog er sich an. Die ganze Prozedur der Gefangennahme, die Betäubung durch das Narkosemittel, das Theater, um als ängstlicher Gefangener zu wirken, und der finale Kampf hatten ihn doch ziemlich mitgenommen. Jetzt musste er zusehen, dass er hier heil herauskam. Er hatte keine Ahnung, wie die Leute von al-Asmani ihm auf die Schliche gekommen waren. Für eine Analyse war aber später Zeit. Hastig durchsuchte er die Taschen des Bärtigen. Wie erwartet fand er ein Mobiltelefon, das er einsteckte.

      Er sah sich um. Hier in diesem Raum konnte er zwar keine Kamera entdecken, aber er war sich sicher, dass draußen die Tiefgarage überwacht wurde. Er musterte kurz die Gerätschaften in der Nische. Vielleicht konnte er notfalls irgendetwas als Waffe benutzen, obwohl er davon ausging, dass in der nächsten Zeit niemand den Raum betreten würde, weil der Clan-Chef ja auf ein Ergebnis durch Jamals Verhör wartete. Eine Art Brechstange schien ihm geeignet. Mit einem letzten Blick auf den toten Jamal verließ er das Labor.

      Die Tiefgarage war menschenleer, es brannte nur eine Notbeleuchtung. Ein Blick zur Ausfahrt zeigte ihm, dass es draußen dunkel war. Durch die Betäubung hatte er sein Zeitgefühl völlig verloren. Als die beiden Kahlköpfe ihn überrumpelten, war es früher Nachmittag gewesen. Eilig verließ er seine Deckung. Sofort sprangen an der Decke Neonröhren an. Bewegungsmelder, dachte er, dann sprintete er los. Die Ausfahrt war durch ein Gitter verschlossen. Ein Stück davor hing ein Kabel von der Decke herab. Er zog hastig daran und das Gitter setzte sich zügig in Bewegung. Einen Augenblick später war es so weit offen, dass er sich darunter durchrollen konnte. Die Dunkelheit schützte ihn vor den Blicken vorbeifahrender Autofahrer. Jetzt konnte er sich orientieren. Das Gebäude befand sich, wie er wusste, in einem Industriegebiet am Rande von Aschaffenburg. Er war sich sicher, dass er während seiner Flucht von verschiedenen Überwachungskameras aufgenommen worden war. Das konnte er jetzt aber nicht ändern. Fahdi öffnete das Handy. Wie erwartet war es mit dem Fingerabdruck des Besitzers verschlüsselt. Wie bei allen Mobiltelefonen konnte man aber, ohne sich einzuloggen, einen Notruf über die 110 absetzen. Er wählte. Als sich die Einsatzzentrale meldete, gab er folgende Nachricht durch:

      „Achtung! Dies ist ein Notruf der Priorität eins von einem Agenten im Außeneinsatz. Mein Deckname ist Fahdi. Verständigen Sie bitte umgehend das LKA München, Kriminaldirektor Seebach, dass ich enttarnt wurde. Ich fahre mit einem Taxi zur Autobahnraststätte Spessart, in Fahrtrichtung Würzburg. Er soll mich am dortigen Kinderspielplatz abholen lassen. – Ich wiederhole nochmals: Das ist ein Notruf und kein Fake.“

      Er unterbrach das Gespräch. Mit einem Ruck öffnete er den Deckel des Handys, entfernte den Akku und die SIM-Karte. Das Telefon und den Akku ließ er in einen Gully fallen. Die SIM-Karte rieb er über eine raue Hauswand, dann warf er sie auf die Ladefläche eines vorbeifahrenden Lasters, der Erdaushub transportierte. Er war sich sicher, dass die al-Asmani-Familie über Möglichkeiten verfügte, die Handys ihrer Leute zu orten. Jetzt jedoch nicht mehr. Anschließend warf er das Brecheisen mit Schwung in ein Gebüsch.

      Unwillkürlich tastete er nach seiner Gesäßtasche, um sich erneut zu versichern, dass sein Geldbeutel vorhanden war. Zügig marschierte er los. Hier irgendwo in der Nähe war sicher ein Taxistand. So schnell wie möglich musste er von hier weg. Er war verbrannt, seine Mission damit beendet.

      Nach fast zwei Stunden sah Mustafa al-Asmani wieder einmal auf seine Armbanduhr. Er wunderte sich, dass sich Jamal noch nicht gemeldet hatte. Konnte es sein, dass der Gefangene ein derartiges Durchhaltevermögen hatte? Er kannte das Geschick seines ältesten Sohnes, aus Menschen auch die letzten Geheimnisse herauszupressen. Jamal war nicht der Intelligenteste, aber wenn es um die Kunst ging, Schmerzen zu erzeugen, war er der Beste. Mittlerweile ging es schon in den späten Abend hinein. Mustafa al-Asmani wählte Jamals Handynummer. Er war nicht erreichbar. Der Alte wollte sich persönlich nach den Fortschritten der Befragung erkundigen. Der Aufzug hielt in der Tiefgarage. Langsam schlenderte er durch den schmalen Gang zu der Tür. Als er öffnete, kam ihm Lichtschein entgegen. Jamal war also offenbar noch bei der Arbeit. Beim Betreten des Raumes erstarrte er zur Salzsäule. Nachdem er das Bild in Gänze in sich aufgenommen hatte, stieß er einen heiseren Schmerzensschrei aus. Sein Sohn lag auf der Seite in seinem Blut und starrte mit gebrochenen Augen auf die Bodenfliesen. Es dauerte geraume Zeit, bis sich seine Verzweiflung und Trauer in Wut verwandelte. Bevor er den Raum wieder verließ, schloss er seinem Sohn die Augen. Er reckte die geballte Faust in den Raum. Das würde Safar ibn Abdallah al-Hilabar bitter büßen!

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