Das Human Resource Management hebt sich insofern von der Human-Relations-Bewegung ab, als dass es nicht die Gestaltung der sozio-emotionalen Beziehungen zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern in den Mittelpunkt stellt. Vielmehr geht es um die Schaffung optimaler Voraussetzungen und Rahmenbedingungen für die Entfaltung der individuellen Persönlichkeit im Dienste des Unternehmens. Das hier implizierte Menschenbild hat sich gewandelt vom Verständnis des Mitarbeiters als unselbständig abhängig Beschäftigtem (wie noch im Scientific Management und in der Human-Relations-Bewegung) hin zum potentiell aktiven Mitgestalter. Das unternehmerische Denken und Handeln des Personals soll gestärkt werden durch mehr Mitbestimmung und Selbstbestimmung – hin zu einem möglichst umfassenden Einsatz seiner Leistungspotentiale.
Hier wird der stärker unternehmerisch geprägte Ansatz des Human Resource Managements deutlich. Wenn der Mitarbeiter als selbstverantwortlicher Mitgestalter und so genannter „Mitunternehmer“ gesehen wird, so muss sich die Personalarbeit lösen von ihrer klassischen Aufgabe der verwaltenden Betreuung des Mitarbeiterstamms hin zu einem unternehmerischen Ansatz des Personalmanagements, in dem Leistungspotentiale aktualisiert, gefördert und weiterentwickelt werden. Die traditionellen Konzeptionen des Personalwesens „werden zunehmend durch weiterreichende Ansätze abgelöst, die vielfach unter der Bezeichnung Human Resource Management propagiert werden“60.
Zusammenfassend können zwei grundlegende Säulen der aktuellen Human-Resource-Debatte herausgestellt werden: Zum ersten ist die verhaltenswissenschaftliche Fundierung zu nennen, welche die Fähigkeiten und Fertigkeiten der Mitarbeiter betont und das Management in die Verantwortung nimmt, diese Leistungspotentiale zu wecken, zu erhalten und weiterzuentwickeln. Zum zweiten ist die (neuartige) ökonomische Orientierung von Bedeutung, die den Mitarbeiter nicht mehr länger als reinen Kostenfaktor sieht, sondern auch als zu erhaltende und zu vermehrende Vermögensanlage.
Eine weitere entscheidende Perspektiverweiterung ist darüber hinaus zu beachten: Aufgrund der zunehmend unternehmerischen Ausrichtung der Personalwirtschaft nähern sich Personalziele und Unternehmensziele einander auf einer strategischen Ebene an. Es kommt zu einer engeren Verknüpfung der Personalarbeit mit der Unternehmensstrategie, mithin zu einer Strategieorientierung des Personalmanagements, aus der heraus der Ansatz des Strategischen Human Resource Managements formuliert wird.
1.2 „Strategie“ – strategische Ausrichtung des Personalmanagements
Um die strategische Ausrichtung des Personalmanagements näher zu beleuchten, ist es sinnvoll, zunächst die Rede von „Strategie“ inhaltlich zu verorten und abzugrenzen. Daran anschließend soll die für das Strategische Human Resource Management charakteristische und zentrale These des Mitarbeiters als „strategischer Erfolgsfaktor“ betrachtet werden, um dann auf das Zueinander von Unternehmens- und Personalstrategie eingehen zu können sowie auf die Funktionen eines Strategischen Personalmanagements.
1.2.1 Zum Begriff der „Strategie“
Die Begriffe „Strategie“ und „strategisches“ Handeln werden in der aktuellen Managementliteratur geradezu inflationär verwendet. Oftmals bleibt aber die Frage offen, worin der Kern strategischen gegenüber nicht-strategischen Handelns besteht. Soll von einem Strategischen Human Resource Management gesprochen werden, so ist demnach zunächst zu klären, was mit dem Begriff der „Strategie“ ausgesagt werden soll.
Als drei zentrale Merkmale strategischer Entscheidungen lassen sich benennen61:
• Langfristigkeit Strategische Entscheidungen weisen eine hohe zeitliche Reichweite auf und entwickeln damit eine hohe Bindungswirkung. Sie versuchen nicht nur Antworten zu finden auf aktuelle Problemlagen sondern beziehen langfristige Ziele und Fragen mit Grundsatzcharakter mit ein.
• Ganzheitlichkeit Strategische Maßnahmen betreffen weite Teile eines Unternehmens. Sie sind nicht als isolierte Eingriffe zu verstehen, sondern vielmehr beziehen sie alle wesentlichen Voraussetzungen mit ein, die zur Erreichung des langfristig angestrebten Zieles von Bedeutung sind.
• Selektivität Eine strategische Maßnahme beruht auf einer Wahlentscheidung. Unter Beachtung wirtschaftlicher, politischer, sozialer und ethischer Prämissen ist aus verschiedenen Alternativen diejenige auszuwählen, die dem Erreichen des Langfristzieles am dienlichsten ist. Die Ressourcen des Unternehmens werden entsprechend der gewählten Alternative ausgerichtet.
Strategisches Handeln lässt sich zudem einordnen in ein Schema mehrerer Ebenen des unternehmerischen Handelns. Unter den verschiedenen in der Literatur verwendeten Klassifikationen tritt die Dreiteilung in eine normative, eine strategische und eine operative Ebene der Unternehmensplanung und des Managementhandelns besonders hervor.62 Auf der normativen Ebene spielt sich die Grundsatzplanung des Unternehmens ab. Themen wie Unternehmenskonzeptionen oder Unternehmenszweck und die Frage von Unternehmensphilosophie und Leitbild sind auf dieser Ebene anzusiedeln. Die strategische Ebene dient in der schon dargestellten Weise der langfristigen, mit Zielen verknüpften Umsetzung der normativ formulierten Grundlinien. In diesem Sinne kann unter Strategie die „unternehmenspolitische Handlungsorientierung“63 eines Unternehmens verstanden werden. Auf der operativen Ebene schließlich werden innerhalb eines kurzfristigen Planungshorizonts die notwendigen konkreten Maßnahmen des unternehmerischen Handelns angesiedelt.
Sollen Unternehmen – und damit auch Krankenhäuser – strategisch geführt werden, so kann auch auf eine strategische Ausrichtung des Personalmanagements nicht verzichtet werden. Doch gerade im Bereich der Personalwissenschaft und der Personalarbeit besteht ein Nachholbedarf, da dort oftmals den strategischen Fragen zu wenig Beachtung geschenkt wurde und wird: „Das strategische Personalmanagement ist zum ‚missing link’ jeder strategischen Führung geworden.“64
1.2.2 Zentraler Ausgangspunkt des SHRM: der Mitarbeiter als „strategischer Erfolgsfaktor“
Es stellt sich die Frage, worin nun das charakteristisch Strategische im Ansatz eines Strategischen Human Resource Managements besteht. In besonderer Weise zeigt sich eine Strategische Orientierung des Personalmanagements in einer gewandelten Betrachtung des Faktors Arbeit und konkret des Mitarbeiters im Unternehmen.
Strategien zielen auf den Ausbau von Strategischen Erfolgspotentialen (SEP), d.h. Marktleistungen oder Ressourcen, die es einem Unternehmen gestatten, langfristig erfolgreicher zu sein als die direkte Konkurrenz.65 Klassische Beispiele hierfür können die Entwicklung einer Kostenführerschaft sein oder der Aufbau eines besonderen Qualitätsimages. Angesichts der steigenden Komplexität und Dynamik des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umfeldes, in dem sich wirtschaftliches Handeln heute bewähren muss, kommt gerade den „Humanressourcen“ einer Unternehmung zunehmend eine bedeutende strategische Rolle zu. Die Qualifikationen und Motivationen der Mitarbeiter entwickeln sich im Zuge rasanter Veränderungen der Umwelt zu einer der wenigen wirklich nachhaltigen und zeitüberdauernden Erfolgsfaktoren in der Unternehmensentwicklung. Im Hinblick auf die schwierige Lage, in der sich viele Unternehmen befinden, bringt der emeritierte St. Galler Betriebswirtschaftsprofessor Knut BLEICHER diesen Zusammenhang pointiert zum Ausdruck, indem er formuliert: „Wenn jedoch gilt, dass wir in unseren Unternehmungen in Strukturen von Gestern mit Methoden von Heute an Problemen von Morgen arbeiten, dies jedoch vorwiegend mit Menschen tun, die die Strukturen von Gestern geschaffen haben und wahrscheinlich das Morgen innerhalb dieser Unternehmung nicht mehr erleben werden, dann wird das Verhalten der Mitarbeiter zu einer Schlüsselvariablen für den Erfolg