5.1 Anfänge: Landsmannschaftliche Seelsorge
5.2 Vergangenheitsbewältigung: Mysterienspiele
5.4 Vertriebenenarbeit unter staatlicher Kuratel und Repression
6.1 Vertriebene unter Katholiken
6.2 Vertriebene in der Diaspora
6.3 Analyse des Gemeindelebens
7.1 „Heilige Heimat“ als Begriffsfindung
7.2 Theologische Differenzierungen
7.3 „Sozialistische Heimat“ versus „heilige Heimat“
8 Alte und neue Wallfahrten und deren Funktionen
8.2 Neue Wallfahrtstraditionen
9 Begegnungen der Konfessionen
10 Gottesdiensträume und Kirchbauten
10.1 Erste Option: Umbauten von Profanräumen
10.2 Zweite Option: Kirchenneubauten
10.4 Gestaltung des liturgischen Raumes
C) Akteure im Aufnahme- und Beheimatungsprozess
11.5 Priesterliches Miteinander
13 Orden, Kongregationen und Säkularinstitute
Quellen- und Literaturverzeichnis
1 Einleitung
1.1 „Kirche, die aus dem Osten kam“1
Zum tieferen Verstehen des mitteldeutschen Katholizismus in den Neuen Bundesländern ist es unentbehrlich, die Wurzeln dieser recht heterogenen Diasporakirche zu untersuchen und evident darzustellen.2 Seit der Reformation bestand in Mitteldeutschland3 eine eindeutige und fast ausschließlich evangelisch geprägte Konfessionsstruktur; nur in wenigen geschlossenen katholischen Gebieten, in Städten oder industriellen Ballungsräumen konnten sich vereinzelt katholische Gemeinden etablieren.4 Erst durch Flucht und Vertreibung5 seit 1944/1945 kam es zur massenhaften Ansiedlung von Katholiken im „Kernland der Reformation“,6 sodass die heutige Diaspora eine Diaspora der Heimatvertriebenen ist, die ihre Entstehung und ihren Ursprung letztlich in dem von Deutschland begonnenen Zweiten Weltkrieg und in den Beschlüssen der alliierten Siegermächte hat.7
Auf den Konferenzen in Teheran, Jalta und Potsdam legten die Alliierten die ethnische und territoriale Neuordnung Europas nach dem Zweiten Weltkrieg fest.8 Im Osten kam es zu erheblichen Grenzverschiebungen, deutsche Gebiete mussten abgetreten werden. Die dort und im übrigen Ostmitteleuropa lebenden Deutschen wurden in das verkleinerte, besetzte und geteilte Deutschland vertrieben.9 Außerdem flohen zahlreiche Deutsche bereits vor Kriegsende vor der Sowjetarmee oder waren von Polen und Tschechen aus ihrer angestammten Heimat verwiesen worden. Infolgedessen kamen rund zwölf Millionen Menschen10 aus dem ehemaligen Osten des Deutschen Reiches bzw. aus Ostmitteleuropa in das Gebiet des heutigen Deutschlands und fanden hier Aufnahme.11 Thüringen
Konfliktpotentiale in den Aufnahmegemeinden, wie die Störung der alten Dorfordnung, der soziale Abstieg der Flüchtlinge – bedingt durch das Fehlen adäquater Erwerbsmöglichkeiten – und die Auseinandersetzungen zwischen Einheimischen und Zugewanderten, deren Werthaltungen häufig aufgrund unterschiedlicher Traditionen und konfessioneller Strukturen beträchtlich divergierten, blieben latent vorhanden.12