79 Vgl. Borasio, Über das Sterben, 163.
80 Siehe diesbezüglich Bundesärztekammer, Grundsätze zur ärztlichen Sterbebegleitung (2011), A364. Wie notwendig eine Differenzierung zwischen der pflichtgemäßen Basisversorgung und der therapeutischen Behandlung des Patienten ist, zeigt die folgenschwere Gleichsetzung des Stillens von Hunger und Durst mit der künstlichen Flüssigkeits- und Nahrungszufuhr. Während Hunger und Durst von Sterbenden bereits durch die Befeuchtung der Mundschleimhäute mittels eines Eiswürfels oder geringer Tropfen Wasser gestillt werden können, ist die künstliche Flüssigkeits- und Nahrungszufuhr für den sterbenden und alten Menschen nicht nur sehr beschwerlich, sondern zusätzlich kontraproduktiv. [Vgl. Borasio, Über das Sterben, 108-114; G. D. Borasio, Ernährung und Flüssigkeit am Lebensende aus palliativmedizinischer Sicht, in: G. D. Borasio/F.-J. Bormann (Hg.), Sterben. Dimensionen eines anthropologischen Grundphänomens, Berlin 2012, 150-158; G. D. Borasio, Medizinischer Kommentar zum Fallbericht, in: ZME 55 (2009) 426-429.]
81 Vgl. Woellert/Schmiedebach, Sterbehilfe, 18.
82 Thomas geht in seiner Summa theologica der Frage nach, ob es im Rahmen der Selbstverteidigung jemandem erlaubt sei, einen anderen zu töten. Seiner Argumentation zufolge stehe der Tatsache „nichts im Wege, daß ein und dieselbe Handlung zwei Wirkungen hat, von denen nur die eine beabsichtigt ist, während die andere außerhalb der Absicht liegt. Die sittlichen Handlungen aber empfangen ihre Eigenart von dem, was beabsichtigt ist, nicht aber von dem, was außerhalb der Absicht liegt, da es zufällig ist […]. So kann auch aus der Handlung dessen, der sich selbst verteidigt, eine doppelte Wirkung folgen: die eine ist die Rettung des eigenen Lebens; die andere ist die Tötung des Angreifers. Eine solche Handlung hat auf Grund der Absicht, die auf die Rettung des eigenen Lebens geht, nichts Unerlaubtes“ [Thomas von Aquin, Summa theologica, II-II, 57-79: Recht und Gerechtigkeit, in: Albertus-Magnus-Akademie (Hg.), Die deutsche Thomas-Ausgabe. Vollständige, ungekürzte deutsch-lateinische Ausgabe der Summa theologica 18, Heidelberg 1953, q. 64, a. 7.].
83 Vgl. Thiele, Aktive Sterbehilfe, 17. Eine ausführliche Darstellung bietet Häcker, Die ethischen Probleme der Sterbehilfe, 54-59.
84 Vgl. Borasio, Über das Sterben, 165. Er beruft sich neben persönlicher Erfahrung auf eine Studie der englischen Palliativmediziner Nigel Sykes und Andrew Thorns aus dem Jahr 2003, die nach Analyse von 3000 Fällen aufzeigen konnten, dass die hohe Dosierung von starken Schmerzmitteln wie Opioiden oder Sedativa in der letzten Lebensphase keine Lebensverkürzung nach sich zog. Stattdessen sei es aufgrund der medizinisch indizierten Sedierung sogar zu einer lebensverlängernden Wirkung gekommen. [Vgl. N. Sykes/A. Thorns, The Use of Opioids and Sedatives at the End of Life, in: LO 4 (2003) 312-318, 317.]
85 Diese Dreiteilung geht auf den Philosophen und Ethiker Peter Singer und seine Differenzierung in voluntary, involuntary und nonvoluntary zurück. [Vgl. P. Singer, Practical ethics, New York 32011.] Die Unterscheidung in freiwillige, unfreiwillige und nichtfreiwillige Sterbehilfe verwenden u.a. Zimmermann-Acklin, Euthanasie, 105-106; Häcker, Die ethischen Probleme der Sterbehilfe, 25-26; P. Foot, Euthanasie, in: A. Leist (Hg.), Um Leben und Tod. Moralische Probleme bei Abtreibung, künstlicher Befruchtung, Euthanasie und Selbstmord, Frankfurt/Main 1990, 285-317, 306-308; Thiele, Aktive Sterbehilfe, 23-24; Birnbacher, Tun und Unterlassen, 362-363; Frieß, ‚Komm süßer Tod’, 37-43; Woellert/Schmiedebach, Sterbehilfe, 23, 31.
86 Vgl. Frieß, Sterbehilfe, 23. Zur Debatte der Freiheit einer entsprechenden Willensentscheidung siehe Punkt 4.2.2.
87 Vgl. Thiele, Aktive Sterbehilfe, 20; Frieß, Sterbehilfe, 25. Diese ist als (fahrlässige) Tötung eines einwilligungsfähigen Patienten zu qualifizieren. [Vgl. Woellert/Schmiedebach, Sterbehilfe, 34-35; Frieß, Sterbehilfe, 41.]
88 Vgl. Thiele, Aktive Sterbehilfe, 20; Häcker, Die ethischen Probleme der Sterbehilfe, 26.
89 Ein Patient ist nur dann einwilligungsfähig, wenn er die Bedeutung, den Umfang, die Tragweite und die Folgen eines geplanten Behandlungseingriffs geistig erfassen kann, zu diesem mit dem geforderten Urteils- und Einsichtsvermögens Stellung nimmt und seinen eigenen Willen bestimmt. [Vgl. D. Griesen, Art. Einwilligung, in: LBE 1 (2000) 539-543, 540.]
90 Zur Bestimmung des mutmaßlichen Willens anhand früherer Aussagen des Patienten gegenüber Familienangehörigen, Freunden, Ärzten, Pflegern und/oder Betreuern siehe u. a. G. D. Borasio/H.-J. Heßler u.a., Patientenverfügungsgesetz. Umsetzung in der klinischen Praxis, in: DÄ 106 (2009) A1952-A1957; M. Parzeller/M. Wenk u.a., Aufklärung und Einwilligung bei ärztlichen Eingriffen, in: DÄ 104 (2007) A576-A586; A. May, Autonomie und Fremdbestimmung bei medizinischen Entscheidungen für Nichteinwilligungsfähige (Ethik in der Praxis. Studien 1), Münster 22001.
91 Vgl. Häcker, Die ethischen Probleme der Sterbehilfe, 28.
92 Andere Kombination wie (ärztliche) Suizidbeihilfe, Beihilfe zur Selbsttötung, assistierter Suizid lassen sich finden unter Verrel, Patientenautonomie und Strafrecht bei der Sterbebegleitung, 17-20; Hillebrand, Ethische Aspekte der Sterbehilfe, 127; Nationaler Ethikrat, Selbstbestimmung, 55; Frieß, Sterbehilfe, 14. Zur Diskussion, ob Ärzte beim Suizid helfen dürfen, siehe G. Klinkhammer, Darf ein Arzt beim Sterben helfen? Medizinethiker, Ärzte, Juristen und Vertreter der Ärztekammern nehmen teilweise konträre Positionen ein, in: DÄ 110 (2013) A500-A501; E. Richter-Kuhlmann, Sterbehilfe. Gesetz liegt voerst auf Eis, in: DÄ 110 (2013) A112; E. Richter-Kuhlmann, Assistierter Suizid. Dissens um die Arztrolle, in: DÄ 109 (2012) A1970; F. S. Oduncu/G. Hohendorf, Die ethische Verantwortung des Arztes, in: DÄ 108 (2011) A1362-A1364; V. Lipp/A. Simon, Beihilfe zum Suizid. Keine ärztliche Aufgabe, in: DÄ 108 (2011) A212-A216.
93 Vgl. Birnbacher, Tun und Unterlassen, 339. Zur Verfahrensweise von (ärztlich) assistiertem Suizid siehe die Beschreibung der Arbeitsweise der Schweizer Sterbehilfeorganisation EXIT in Punkt 3.1.3.
94 Vgl. Grimm, Rechtliche Aspekte der Sterbehilfe, 26. Solange die Tatherrschaft beim Suizidanten liegt, ist es nach juristischen Gesichtspunkten sogar irrelevant, in welcher Beziehung sich die außenstehende Person zum Sterbewilligen befindet. Zur Straffreiheit von Suizidbeihilfe siehe Benzenhöfer, Der gute Tod?, 179-181; Oduncu, In Würde sterben, 42-44; Bauer/Fartacek u.a., Suizid, 136-141; Grimm, Rechtliche Aspekte der Sterbehilfe, 51-54; C. Paterson, Assisted Suicide and Euthanasia. A Natural Law Ethics Approach, Hampshire 2008, 26; 103-128; Frieß, ‚Komm süßer Tod’, 61-63; Kämpfer, Selbstbestimmung, 39-40.
95 Zur ethischen Beurteilung der jeweiligen Handlungen durch die katholische Kirche siehe Punkt 4.2.
96 Der vom kirchlichen Lehramt genutzte lateinische Begriff euthanasia wird im Folgenden direkt mit Euthanasie widergegeben. Sofern nicht explizit von NS-Euthanasie gesprochen wird, ist der Begriff Euthanasie ausschließlich als Herbeiführung des Todes zum Erlös von Schmerzen durch Handlung oder Unterlassung im Sinn des kirchlichen Lehramtes zu verstehen.
97 Zu den Ausführungen von Pius XII. siehe Punkt 4.1.
98 Zimmermann-Acklin, Euthanasie, 74.
99 Vgl. Sacra Congregatio pro Doctrina Fidei, Declaratio de euthanasia Iura et bona (05.05.1980), in: AAS 72 (1980) 542-552. Dt. Übersetzung: Heilige Kongregation für die Glaubenslehre, Erklärung Iura et bona zur Euthanasie (VApS 20), Bonn 1980. Auch abgedruckt in: Heilige Kongregation für die Glaubenslehre, Ethische Grundsätze über Euthanasie. Eine Erklärung der Heiligen Glaubenskongregation, in: HerKorr 34 (1980) 451-454. (Im Folgenden wird die Erklärung in der Übersetzung der Deutschen Bischofskonferenz (=DBK) unter Verwendung der Initialen IB und mit Angabe der Abschnittsnummer zitiert.)
100 Vgl.