11. Die Welle und der Fels
Die Symbolkraft des Wassers
Das Wasser und die Mutterschaft
Das Wasser und die Emotionen
Verflüssigung und Entbindung
Die Präsenz des Felsens
12. Miteinander verbundene Geburten
Den Zustand der Öffnung begünstigen
Von Geburt zu Geburt
Die anderen Geburten
Die eigene Geburt noch einmal erleben
Die Geburten des Lebens
13. Der Tanz mit der Unendlichkeit
Das Unendlichzeichen
Das Unendlichzeichen im Körper
Das Unendlichzeichen in der Bewegung
Die Unendlich-Bewegungen im Becken
Der Tanz der Unendlichkeit
Die minimalen Unendlich-Bewegungen
Der Wille zur Unendlich-Bewegung
Schlussfolgerung
Endnoten
Stichwortregister
Dank an …
Roger Clerc,
der am Beginn meiner Yoga-Initiation da war.
Yves Mangeart,
der für dieses Buch und meine Lebens-Initiation Pate stand.
Richard Moss,
der für dieses Buch und meine Herzens-Initiation Pate stand.
Mylène Defrance
für ihre großartigen, anatomischen Skizzen.
Alle Mütter und Väter,
die dieses Buch und meinen Unterricht mit ihren
Berichten bereichert haben.
Yves Michel,
dem es zu verdanken ist, dass meine Botschaft
so viele Paare erreicht.
Vorwort von Richard Moss
Eine der Konsequenzen der wachsenden Vereinheitlichung unserer Gesellschaft scheint mir zu sein, dass die Menschheit ihrer Initiationsriten beraubt wird. Schließlich sind solche Riten doch genau das, was das Wort Initiation selbst bedeutet: Neuanfänge, Übergänge zu neuen Möglichkeiten. Hat jemand einmal eine richtige Initiation erlebt, ist ein unbewusstes Mittelmaß für ihn keine Möglichkeit mehr: Das Gefühl der Sicherheit, das die Anpassung an den Status quo beschert, erscheint nun unter dem Gesichtspunkt einer spirituellen Leere. Die Initiation führt dazu, innerlich lebendiger zu sein. Körper und Geist wurden an der Quelle erneuert. Die gleichgeschaltete Gesellschaft lässt der Vielfalt keinen Raum. Deshalb bedeutet jede wahre Initiation auch eine gewisse Gefahr: Erst einmal muss man sie überleben, um unsere Welt dann durch unser Dasein zu erneuern, damit die Initiation auch einen Sinn hatte.
Die Natur hat in ihrer Großartigkeit verschiedene Initiationen für unser Leben vorgesehen. Die bedeutendsten sind wohl die Geburt und der Tod, auch wenn sie durch den ständigen Ruf nach Sicherheit und Komfort, die unsere moderne Welt ausmachen, total oberflächlich geworden sind. Die traurige Wahrheit ist doch: Nicht die Gesellschaft enthält uns diese Initiationsriten vor. Weil uns anscheinend die Fähigkeit abhandengekommen ist zu erkennen, was wir da aufgeben, verzichten wir auf diese Initiationsriten, ohne es überhaupt zu merken. Wir fühlen uns verpflichtet, das Risiko und die Unsicherheit, die nun einmal zu einer wahren Initiation gehören, gegen den kurzfristigen Trost einzutauschen, den uns die moderne Medizin verspricht: eine Entbindung ohne Schmerzen und fast ohne Probleme. Wir alle können dankbar sein für die Möglichkeit, die Entbindung für Mutter und Kind so risikofrei wie möglich zu gestalten. Das ist eine sensationelle Befreiung. Aber leider begnügen wir uns ja nicht damit, das Leben zu schützen. Wir greifen ständig und oft auch noch ganz grundlos in den Prozess des Gebärens ein. Dadurch verringern wir das Verwandlungspotenzial für die Mutter. Und wir unterbrechen entscheidende Prozesse für das Neugeborene.
Die heiligsten Initiationsriten der Natur kurzzuschließen hat auf lange Sicht weitreichende Konsequenzen: Es schwächt unsere angeborene Fähigkeit, uns zu liebevollen und einfühlsamen Persönlichkeiten zu entwickeln, die später in der Lage sind, auf sozialer Ebene gute Entscheidungen zu treffen.
Deshalb ist auch dieses Buch von Martine Texier so wichtig. Sie erinnert uns daran, dass eine Entbindung auch eine Bewährungsprobe ist und als etwas Heiliges aufgefasst werden sollte. Die Autorin erklärt, wie die Mutter, wenn sie das Gebären als eine wahrhaftige Initiation erlebt, durch Schwangerschaft und Entbindung darauf vorbereitet wird, ihr eigenes, grenzenloses Selbst mit der Seele des Kindes zu verschmelzen. Diese Initiation erweckt in ihr die tief reichende Fähigkeit, das Kind »gedeihen« zu lassen. Dieser heilige Bund ist für mich die Wurzel der naturgegebenen Fähigkeit, die wir alle besitzen, um uns zu liebevollen und einfühlsamen Persönlichkeiten zu entwickeln. Wie auch die Autorin betont, wird dieses Potenzial grausam beschnitten, wenn es einer Frau nicht gestattet ist, bis an ihre Grenzen zu gehen, um dann darüber hinaus und in neue Sphären geleitet zu werden, indem sie den Härtetest der Geburtswehen und die finale Befreiung des Gebärens durchlebt. Die Autorin warnt uns nachdrücklich: Wenn wir die Verantwortung für die Geburt der Ärzteschaft überlassen, dann berauben wir die Frauen der ihnen eigenen Kraft und das Ereignis seiner besonderen Bedeutung. Außerdem wird eine Geburt spirituell trivial, wenn wir den Geburtsschmerz betäuben und damit seine Fähigkeit mindern, in uns etwas zu erwecken. Das Ganze wird dann zu einer sentimentalen Angelegenheit und hat nichts Reinigendes mehr. Auch die emotionale und körperliche Not, die dem Kind auferlegt wird, ist schädlich: Wenn man zum Beispiel die Nabelschnur zu früh durchtrennt und damit den natürlichen Übergang zum Einsetzen der Atmung unterbricht. Wenn man dem Kind einen Klaps versetzt, um es zum Atmen zu zwingen (weil die Nabelschnur zu früh durchtrennt wurde). Wenn man ihm direkt nach der Geburt aggressive Produkte in die Augen tröpfelt. Wenn man den Moment hinauszögert, in dem die Mutter das Kind in die Arme nehmen darf. Durch diese und viele andere Grobheiten provozieren wir einen Bruch in dem, was die Natur so gut eingerichtet hat, um Mutter und Kind vorzubereiten: auf die längste Mutterbindung unter allen Lebewesen auf der Erde. Diese lange Beziehung, in der die Mutter sich um das Kind kümmert, wird zum Modell für unsere künftigen emotionalen Bindungen, unser Vertrauen in uns selbst und in andere. Kurz: Es ist die prägendste Beziehung.
Die Geburt sowie die darauf folgenden Minuten und Tage sind eines der größten Wunder des Lebens. Wenn die Mutter sich ihr Kind sofort auf die Brust legt, sodass es ihren Herzschlag hört, dann werden durch ihren Herzschlag die Verbindungen zwischen dem Herzen des Kindes, seinem limbischen System, das über unser Gefühlsleben entscheidet, und den Bereichen der Großhirnrinde aufeinander abgestimmt. Daraus kann sich eine größere soziale und spirituelle Kompetenz entwickeln. Diese ersten Augenblicke im Leben beeinflussen also unsere Fähigkeit, liebenswürdig zu sein und soziale Kompetenz zu erlangen. Und der himmlische Frieden, den eine Frau nach einer natürlichen Geburt empfindet, bringt auch dem Kind Frieden, sodass es sich schnell von seinem Geburtstrauma erholt. Das hat dann einen weitreichenden Einfluss darauf, wie dieses Kind später einmal mit Angst umgehen wird. Und wenn der Säugling seiner Mutter ins Gesicht schaut, wird ein komplexer Prozess zur Formung des visuellen Gedächtnisses in Gang gesetzt. Es geht darum, dass er sie erkennt und damit die Entwicklung