Die Wissenschaft nennt dies eine bedingte (konditionierte) Reaktion. Mit anderen Worten: Ein Verhalten wurde durch den zweiten Reiz einer nicht kausal begründeten Wenn-dann-Beziehung ausgelöst. Für die Hunde wurde durch das stetige Zusammentreffen zweier Reize (Futter und Glockenton) ein Symbol erzeugt. Nicht wegen des Tons, sondern aufgrund der damit verknüpften Erwartung des Futters reagierten sie mit Speichelfluss.
Ist es nicht schon fast eine Frechheit? Das Wissen über Konditionierungen ist bereits seit den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts bekannt und wurde sogar mit einem Nobelpreis bedacht. Und trotzdem werden klassische Reiz-Reaktions-Muster wie Rauchen, Allergien und Naschzwang von der WHO als Krankheiten oder Süchte bezeichnet – mit der Konsequenz, dass sie eine langwierige medikamentöse Behandlung erfordern. Das ist meines Erachtens vorsätzliche Volksverdummung unter Inkaufnahme von Todesfällen. Die Praxis zeigt ganz eindeutig: Konditionierungen spielen eine zentrale Rolle bei der Psychosomatik. Allerdings muss man in der Patientenbiografie sehr weit zurückgehen, wenn man den Ursprung aufdecken will.
Depressionen und Introvertiertheit nehmen ihren Ursprung bereits vor der Geburt, bedingt durch die sich zunehmend ausbildende Verschaltungsfähigkeit, Intelligenz genannt. Wenn Sie also ein Kind empfangen haben, dann seien Sie als Mutter vorsichtig mit dem, was Sie dem Kind gegenüber empfinden, und dem, was Sie generell empfinden. Das Beste wäre, Sie vermeiden während der gesamten Schwangerschaft Angst machende Situationen. Allein die Besorgnis eines unerfahrenen Arztes kann eine junge Mutter derart unter Stress setzen, dass das Kind vorzeitig die Wehen auslöst. In den Kriegsjahren 1944/1945 sind oft nach Fliegeralarmen Kinder frühzeitig zur Welt gekommen. Zur Erklärung sollte man wissen, dass die Geburt tatsächlich mittels eines chemischen Signals vom Embryo veranlasst wird und nicht vom mütterlichen Organismus. Das Baby registriert, wann seine Entwicklungsmöglichkeiten in seiner bisherigen Umgebung erschöpft sind. Stellen Sie sich vor, es wird immer enger, das Baby braucht Bewegung und Sauerstoff. Irgendwann nimmt der Stress im Mutterleib enorm zu, und das Kind entscheidet, sein Dasein an einem anderen Ort fortzusetzen. Ich begreife das embryonale Auslösen der Geburt als eine Art Selbstmord. Der Embryo hat selbstverständlich keine Todesabsicht, aber die hat ein Suizidaler auch nicht. Er will lediglich die Bedingungen des Jetzt verändern und nimmt dafür alles in Kauf. Die Geburt ist damit, so zeigt sich in der täglichen Praxis durch Befragung in Hypnose, ein notwendiges Übel, das man nicht noch verschlimmern sollte. Doch genau das geschieht zumeist in den zivilisierten Ländern. Hier wird oft bereits den Neuankömmlingen in unserer Gesellschaft ein Trauma bereitet, welches man mit psychologischen Analyseverfahren noch bis ins hohe Alter nachweisen kann. Der Charakter mit all seinem Konfliktpotenzial entstammt gleichsam unserer frühesten Kindheit. Die meisten unserer Verhaltensmuster werden in dieser Zeit unterbewusst entworfen – und damit auch unsere potenziellen Symptome.
Viele Menschen sind überrascht, wenn ich ihnen erkläre, dass sie als Kind in den ersten drei Jahren des Lebens ab Zeugung Erlebtes rein emotional erfahren haben und sie daher keinerlei zeitliches Einordungsvermögen hatten. Die Konsequenz, dass Bedrohliches als Situation von ewiger Dauer abgespeichert wird und somit ein Angstmuster erzeugen kann, verblüfft viele, wenngleich dies den meisten Klienten einleuchtet. Da dieses Ur-Trauma vom Kind als existenzbedrohlich empfunden und völlig unterbewusst verschaltet wird, kann es ein Leben lang durch entsprechende Trigger, also Erinnerungen, die die gleiche körperliche Stresssituation auslösen wie während des Ursprungserlebnisses, aufgerufen werden. „Genau das ist ja der Grund, warum Angehörige immer so ratlos sind, wenn sie sehen, wie bei einem erwachsenen Menschen durch einen harmlosen Fahrstuhl, eine bevorstehende Flugreise oder einen Zahnarzttermin eine überschießende Panikreaktion ausgelöst wird“, erkläre ich dann. Ein Erwachsener empfindet Situationen mit einem ganz anderen kontextuellen Verständnis als ein Kleinkind – er weiß, dass Dinge einfach wieder vorbeigehen und man sie auch aushalten kann. Ein Kind weiß das nicht. Dinge, bei denen ein Erwachsener nur gelassen mit den Achseln zuckt, erscheinen einem Kind wie eine lebensbedrohliche Katastrophe – und umgekehrt: Dinge, bei denen ein Kind glaubt, sein Leben wäre nun zu Ende, empfindet ein Erwachsener als überschaubare Lappalie.
Da die Logik der Symptome aber auf der Reife und der Macht eines Säuglings oder Kleinkindes basiert, welches sich vor der Wiederholung einer Traumatisierung schützen will und dieses Schutzmuster folglich im Unterbewussten konzipiert, wird ein Symptom immer deutlicher und stärker, je öfter die zu vermeidende Befürchtung eintritt. Je öfter ein Mensch re-traumatisiert wird, desto schlimmer wird seine Krankheit. Wenn Sie einfach nur Symptome bekämpfen, fürchtet der Mensch unterbewusst den Verlust seines Schutzkonzeptes – und das Symptom verschlimmert sich.
Unser Denken beginnt also bereits weit vor der Geburt (was in unserer Gesellschaft noch völlig unterschätzt wird). Darüber hinaus kann unser Gehirn nichts vergessen und jederzeit alles Datenmaterial abrufen (erinnern), vorausgesetzt, wir nutzen es erlebend (passiv). Und was diese Fähigkeit unseres eigenen biologischen Supercomputers nun für unsere Lebensqualität bedeutet, sehen Sie an einem Phänomen, das bislang nur bei uns Menschen festgestellt wurde:
Albtraum der Medizin: der Placeboeffekt
„Alles nur Einbildung, Simulation und Aberglauben“, der Begriff Placeboeffekt ist Ihnen sicherlich unter solchen Vorbehalten bekannt. Doch was genau steckt eigentlich dahinter? Wenn Sie einem Menschen Morphium verabreichen, eines der stärksten und wirksamsten Schmerzmittel, das auch zur Analgesie bei Operationen verwendet wird, dem Probanden jedoch mitteilen, es handle sich um eine wirkungslose Lösung, wird er bei Schmerzreizen fast genauso reagieren wie ohne Morphium.
Als Placebos gelten Medikamente oder Maßnahmen wie Operationen ohne medizinisch nachgewiesenen Wirkstoff oder therapeutischen Effekt, die trotzdem eine Heilung hervorrufen können. Placebomedikamente enthalten nur Füllstoffe wie Milchzucker und Stärke, chirurgische Eingriffe bestehen aus oberflächlichen Schnitten. Der erzielte Effekt wird Placeboeffekt genannt (nach dem lateinischen Ausdruck placebo, wörtlich: „Ich werde gefällig sein“).
Was genau die Wirkung eines Placebos ist, kann die Schulmedizin nicht erklären. In der Regel ist die Rede von der Aktivierung der Selbstheilungskräfte, hervorgerufen durch den Glauben an das Medikament.
Heißt das nun, dass alle Krankheiten eingebildet sind? Sind das alles Hypochonder, bei denen der Placeboeffekt auftritt? Nein, es ist ganz anders. Erinnern Sie sich: Die Psyche reagiert zwar auf substanzielle Wirkungen, ist aber an sich völlig substanzunabhängig. Ein Beispiel: Es ist Ihrer Psyche absolut egal, ob Sie gerade nur denken, jemand ruft Ihren Namen oder ob das tatsächlich jemand tut. In beiden Fällen ist die subjektiv empfundene Wirkung gleich. Wenn Sie sich dabei erschrecken, stößt Ihr Körper Adrenalin aus, das Stresshormon. Der erhöhte Adrenalinspiegel ist nicht eingebildet, er ist im Blut labortechnisch nachweisbar. Ein Gedanke hat also Ihre Körperfunktionen gesteuert.
Um die Wirksamkeit eines neuen Medikaments bewerten zu können, wird seine Wirkung mit der bisherigen Standardtherapie verglichen. Wo es keine Standardtherapie gibt, wird das neue Präparat gegen Placebos getestet. Einer Patientengruppe wird das echte Medikament verabreicht, der anderen Gruppe das Scheinmedikament. Ein Medikament wird erst dann als wirksam eingestuft, wenn es die Wirkung des Placebos deutlich übertrifft. Das Placebo sollte in Form, Farbe und Geschmack dem richtigen Medikament gleichen.
Nun können Sie sich auch erklären, warum sehr kleine und sehr große Tabletten besser wirken als mittelgroße. Rote Tabletten helfen besser als weiße, teuere besser als billige, und Spritzen wirken sowieso besser als Tabletten. Wenn die Spritzen von Ärzten gegeben werden, zeigen sie zudem mehr Wirkung als diejenigen, die von Krankenschwestern verabreicht werden. Das liegt ganz einfach daran, dass viele Patienten die Darreichungsform des Medikamentes registrieren und bewerten und dass sie Ärzte für kompetenter halten als Krankenschwestern. Überdies spürt der Patient auch Tausende von unterbewussten Signalen, die der Arzt aussendet. Wissen die Ärzte nämlich, welche Patienten das Placebo erhalten, ist es in dieser Gruppe weniger wirksam. Daher werden Versuche meistens als Doppelblindstudien angelegt. Hier wissen weder Patienten noch Ärzte, wer das echte Medikament erhält. Dies wird gemacht, um eventuelle Suggestionswirkungen auszuschließen. Dabei übersieht die Placeboforschung glatt, dass der Placeboeffekt auf einer Suggestionswirkung basiert – aber eben