Mein Ansatz – meine Methode
Ein Symptom ist der stressbedingte Schutz vor der Wiederholung einer unreflektiert erlebten Bedrohung. Das Symptom verschwindet schnellstmöglich, sobald die Befürchtung als subjektiv unbedrohlich eingestuft wird.
Dies geschieht durch das bewusste Reflektieren der Symptomursache und dessen Konsequenz: emotional erinnern und mit der aktuellen Reife neu bewerten.
Die Stärke dieser Methode: Man kann sehr schnell zu einer generellen Symptomauflösung ohne Rezidiv und Verschiebung gelangen.
Die Schwäche: Der Proband braucht Vorstellungs- und Reflexionsvermögen oder einen Vermittler für die alternative Bewertung des Traumas.
Iserlohn, im März 2015
Andreas Winter
Einführung
Dieses Taschenbuch möchte Vermittler sein. Ich möchte Ihnen nicht nur die Zusammenhänge zwischen Symptom und Erlebtem zeigen, sondern zudem eine Hilfestellung geben, wie Sie selbst auch Ihren eigenen Symptomursachen auf die Schliche kommen und diese unschädlich machen können.
Zusammengefasst geht es darum: Wenn man weiß, welche schlimmen unterbewussten Ereignisse in der Vergangenheit die Ursache für bestimmte Stressanfälligkeiten waren, kann man diese aus heutiger Perspektive wesentlich harmloser betrachten. Damit sinkt der Stresshormonspiegel im Blut, der Mensch fühlt sich angstfreier, handlungsfähiger, und der Organismus wird abwehrstärker.
Zu diesem Buch gibt es ein Online-Video (→ Seite 103), in dem ich die wichtigsten Zusammenhänge schildere. Außerdem kommen wir nicht darum herum, auch etwas kritischere Töne anzuschlagen. Heute wird das Bild vermittelt, ein Mensch könne plötzlich ohne eine Vorgeschichte einfach krank werden. Medizinische Fachveröffentlichungen versuchen, unseren Ärzten dies immer wieder einzureden, und raten daher zu Impfungen, regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen und prophylaktischen Brustamputationen. Schulkinder wissen, dass nicht automatisch die ganze Klasse krank wird, wenn ein oder zwei Schüler Windpocken haben. Wenn es schon für Infektionskrankheiten anzunehmen ist, dass sie eine individuelle Ursache haben, warum nicht auch bei Erscheinungen wie Krebs, Depressionen, Nieren- oder Blasensteinen, Osteoporose oder Diabetes? Ich halte es nicht nur für völlig unmöglich, dass eine Krankheit einfach so entsteht, sondern sogar für gefährlich, so etwas zu glauben.
Ist Ihnen auch nur ein einziger Mensch bekannt, der plötzlich eine chronische Krankheit bekommt und von sich selbst behauptet, bis dahin ein glückliches und erfülltes Leben zu haben? Ich persönlich kenne keinen. Aber ich kenne Hunderte von Menschen, denen ich genau sagen konnte, was sie krank gemacht hatte und was die Alternative zu diesem Symptom ist. Allein durch dieses Wissen konnten sie wieder gesund werden – schnell und ohne ärztliche Behandlung.
Es geht hierbei nicht um Einbildung, Wunderheilung, Esoterik oder zufällige Spontanheilung, sondern um klares, methodisches und wissenschaftliches Vorgehen. Allerdings bin ich damit nicht im Bereich der Medizin angesiedelt, sondern als Diplompädagoge im Bereich der Geisteswissenschaft. Doch genau damit schlage ich die Brücke zwischen zwei Welten. In meinem Coachinginstitut analysiere ich die biografischen Ursachen chronischer Störungen (allgemein Krankheiten genannt) sowohl auf körperlicher als auch seelischer Ebene. Danach löse ich diese Einflüsse mit einer bestimmten Gesprächstechnik wieder auf. Das allein verhilft zur Heilung oder Verhaltensänderung. Es gibt natürlich auch Schwachstellen im System: Der Empfänger bestimmt, ob er dem Sender zuhört. Nicht wenige Menschen sehen es als eine intellektuelle Niederlage an, wenn man ihnen spiegelt, dass sie es sich unnötig schwer gemacht haben. Das erzeugt dann oft Angstreaktionen wie Trotz, Ignoranz und Überheblichkeit. Und natürlich muss der Sender, um in diesem Bild zu bleiben, auch über die nötige Feldstärke verfügen, das heißt der Therapeut sollte sich so ausdrücken können, dass er seinen Patienten erreicht.
Einer meiner Kollegen unterhielt sich neulich mit einem älteren Herzchirurgen. Dieser sagte etwas zynisch: „Ich habe schon so viele Menschen untersucht, aufgeschnitten und operiert, doch ich habe dabei nie eine Seele gefunden.“ Richtig! Das kann und wird er auch genauso wenig, wie er im Radio Musik oder im Computer ein Programm finden wird. Das, was einen Vogelschwarm leitet oder einen Menschen trauern oder lieben lässt, wird er ebenfalls nicht mit einem Mikroskop entdecken oder mit einem Skalpell zerschneiden können – aber ist es deswegen etwa nicht existent? Die Seele ist ein Informationskomplex – ähnlich wie ein Kochrezept oder eine Sinfonie – und sie folgt einer klaren Logik, aber sie ist immateriell.
Wir leben an der Schwelle zum Informationszeitalter, was für jeden Computerexperten selbstverständlich ist. Es wird höchste Zeit, dass wir uns vom stumpfen Materialismus im Gesundheitswesen abkehren. Dieses Buch soll nicht nur dazu beitragen, dass Sie sich gegen Krankheit stärken können, sondern es soll Ihnen auch helfen, dass wir endlich aufhören, uns von Krankheiten bedroht zu fühlen, als seien wir hilflose Opfer. Wenn Schildkröten, Papageien, Wale und Hummer über 100 Jahre alt werden können und dabei kerngesund sind, obwohl sie in freier Wildbahn leben und noch nie eine Impfung oder Vorsorgeuntersuchung mitgemacht haben, dann können wir das auch. Und genau darum geht es: Wenn chronische Krankheiten eine Ursache haben, dann haben sie auch eine Lösung! Und für diese braucht man keine Medikamente, Skalpelle, Tinkturen, Globuli, Verordnungen und Verrenkungen, Gebete, Gebote oder Disziplin, sondern nur eines: Wir müssen verstehen lernen, dass ein Symptom keine Krankheit ist, sondern ein in der Kindheit erworbener Schutz vor Stresszunahme, der mit dem Bewusstsein der Reife und den Möglichkeiten eines Erwachsenen wieder verschwindet. Krankheit ist keinesfalls ein lästiges Übel, sondern immer Hinweis auf konflikthafte Lebensumstände und bevorstehende Reifeschritte. Mit diesem Ansatz lassen sich alle chronischen und psychosomatischen Störungen erklären, und daraus lassen sich völlig neue und effiziente Therapiemöglichkeiten entwickeln. Tauchen Sie mit mir ein in die spannende Welt der Tiefenpsychologie, und folgen Sie mir durch die Fallbeispiele und meine Art des Herangehens in der Praxis.
Die Gymnasiallehrerin Johanna1 hatte ein Gräserallergie mit ziemlich heftigen Schüben. Ihre Nase lief, die Augen tränten, und bei der morgendlichen Fahrt zur Arbeit durch blühende Wiesen bekam sie teilweise kaum noch Luft. Ich habe nicht viel Ahnung von Biologie, aber wenn mir jemand sagt, dass er auf der Fahrt zur Arbeit krank wird und im Urlaub in der Toscana oder in der Provence nicht – obwohl es da auch blühende Wiesen gibt –, dann ist für mich klar, dass die Arbeit der krank machende Auslöser ist und nicht irgendein Wildkraut auf der Wiese. In nur zwei Stunden verhalf ich Johanna, Arbeit und Wiese emotional zu entkoppeln (wie das geht, lesen Sie weiter unten → Seite 111). Sie hasste ihre Arbeit danach zwar noch immer (bis zur nächsten Sitzung), wurde aber wenigstens nicht mehr krank davon.
Wenn also ein Allergiker beim Auftauchen von Allergenen nicht zwangsläufig allergische Schübe bekommt, dann sollte man folglich weder die Immunabwehr seines Patienten unterdrücken, noch ihm qualvolle Allergietests mit oftmals gefährlichen Nebenwirkungen zumuten. Eine einzige Frage – richtig gestellt – bringt uns auf die Spur zur Heilung. Diese Frage lautet: „Warum ausgerechnet dieses Symptom?“ Mit der Antwort betreten wir nämlich den Bereich des Subjektiven, des Individuellen und der Persönlichkeit. Dort fand die Kränkung statt, und dort finden wir Heilung. Johanna verband mit dem Anblick blühender Wiesen Freizeit, Urlaub, Freiheit, aber nicht Druck, Bevormundung und Stress. Das Wahrnehmen von Stress in Situationen, in denen sie sich am liebsten auf die Wiese gelegt hätte, brachte ihre Abwehrkräfte zum Überschäumen. Nicht die Allergene erzeugen die Reaktion, sondern lediglich die Bedeutung der Allergene in einer bestimmten stressbedingten Verfassung. Das war jetzt zum Einstieg nur das eine Thema. Ich möchte Ihnen noch einige provokante Fragen stellen:
→ Warum gibt es so viele Medikamente gegen Migräne, und doch verhindert