Erst 1992 (!) gestand der Vatikan seinen Irrtum endlich ein, nachdem ihm zwanzig Jahre zuvor anhand der Prozessunterlagen die Hauptverantwortung für die Verurteilung zugeschrieben wurde. Galileo wurde daraufhin offiziell von der Kirche rehabilitiert. Die Beteiligung der damaligen etablierten Wissenschaft – man erinnere sich: Es war ja ein Kollege aus Pisa gewesen, der ihn an die Inquisition verraten hatte – wurde dagegen bis heute weder richtig aufgedeckt noch zugegeben. Nach der Unterdrückung der kopernikanischen Idee im Zuge des Kirchenprozesses gegen Galilei blieben nur noch ganz wenige heimliche Anhänger des heliozentrischen Weltsystems übrig. Die meisten Wissenschaftler nahmen damals das heute längst wieder vergessene Modell des Dänen Tycho Brahe (1546 – 1601) an, in dem zwar die Planeten um die Sonne kreisen, die Sonne sich aber weiterhin einmal pro Tag um die ruhende Erde dreht.
Newtons Himmelsmechanik zeigte endlich: Galilei hatte Recht
Erst Isaac Newton (1643 – 1727) verband die mathematische Physik Galileis mit den Kepler’schen Planetengesetzen und entwickelte das universelle Gravitationsgesetz. Dabei stehen alle Körper im Weltraum unter dem Einfluss der Schwerkraft. Dies veröffentlichte Newton 1687 in seinem Hauptwerk Principia Mathematica. Somit übernahmen Ende des 17. Jahrhunderts die meisten Wissenschaftler und Denker Englands, Frankreichs, Dänemarks und der Niederlande das kopernikanische System. Im restlichen Europa, also auch in Deutschland, sollte es noch weitere 100 Jahre dauern, bis sich das heliozentrische Weltsystem in den wissenschaftlichen Kreisen endgültig durchgesetzt hatte.1
Es verstrichen also gut zweihundertfünfzig Jahre, bis sich knapp vor Beginn des neunzehnten Jahrhunderts das Wissen etablierte, dass die Erde (und somit auch der Mensch) nicht im Mittelpunkt der Schöpfung steht. Die Kirche, aber auch die meisten Vertreter der damaligen Wissenschaft, konnten und wollten diese Erkenntnis lange Zeit nicht akzeptieren. Die Ideen von Kopernikus und Galilei waren ihnen einfach zu radikal. Selbst über die Jahrhunderte hinweg gab es hier nur ganz wenige aufgeschlossene Geister, die diese Ideen überhaupt verstanden. Die meisten damaligen Wissenschaftler besaßen weder den Weitblick noch den Mut, Erkenntnisse und Einsichten zu akzeptieren, die dem Wissen ihrer Zeit so weit voraus waren. Zudem stellte dieses neue Wissen eine Bedrohung für die damals vorherrschende Wissenschaft dar: Generationen altehrwürdiger Gelehrter hätten falsch gelegen und hätten eingestehen müssen, ihre Idee eines geozentrischen Weltbilds sei »out of date«. Das hätte das bisherige Verständnis von der Welt komplett auf den Kopf gestellt. Ganze Bücher hätten umgeschrieben werden müssen! Das konnte und durfte einfach nicht sein. Selbst als Newton es ihnen vorrechnete, dauerte es noch Jahrzehnte, bis sich das etablierte, was heute jedes Kind in der Schule lernt.
Fazit
Dem kritischen Beobachter eröffnet sich hier so manche historische Parallele zwischen der Entdeckung physikalischer Effekte von großen Himmelskörpern im Makrokosmos des Weltraums und der Erkenntnis von der Wirksamkeit kleiner Kügelchen im Mikrokosmos der homöopathischen Potenzen. Zu Beginn des einundzwanzigsten Jahrhunderts stellt sich somit wieder einmal die Frage, ob die Geschichte sich nicht vielleicht doch wiederholt.
MODERNE ERKENNTNISSE UND THEORIEN
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