Fuldaer Hochschulschriften
Im Auftrag der Theologischen Fakultät Fulda
herausgegeben von Jörg Disse
in Zusammenarbeit mit Richard Hartmann
und Bernd Willmes
Bernhard Dieckmann
Verblendung, Volksglaube und Ethos
Eine Studie zu Adalbert Stifters Erzählung „Der beschriebene Tännling“
Abbildung 1 – Hanns am beschriebenen Tännling – Frontispiz der Erstausgabe
Inhalt
Bernhard Dieckmann zum 75. Geburtstag – Grußwort eines langjährigen Kollegen
Klaus Dorn
Arthur Brande
1. Der Rahmen: Hanna und Hanns – Ehrgeiz und Dienen
2. „Außerordentliche Schönheit“
3. Das Jagdfest und das Ansehen
5. Die Verblendung von Herren und Volk
7. „Wunderthätiges Bild“ und Volksfrömmigkeit
9. Zum Verhältnis von Handlung und Naturbeschreibung
12. Schluss: Den „Tännling“ lesen
Bernhard Dieckmann zum 75. Geburtstag – Grußwort eines langjährigen Kollegen
Klaus Dorn
Bernhard Dieckmann ist ein Mensch, den man leicht unterschätzen könnte. Er ist ein Mensch ohne Starallüren, einer, der nicht mit Ellenbogen durch das Leben geht, nur auf seinen Vorteil bedacht, der dem anderen seinen Erfolg nicht neidet und seinen eigenen nicht an die große Glocke hängt. Er ist gesellschaftspolitisch konservativ, jemand, der sich nur selten beklagt, der nur selten laut wird, nichts nachträgt, manchmal ein wenig skurril vielleicht und ein Lehrer mit einem ganz weiten Herzen für seine Studenten. Und er ist vor allem eines: ein guter Freund, der es gut ertragen kann, wenn man anderer Meinung ist, als er selbst.
Man könnte mit dieser Aufzählung von Eigenschaften noch lange fortfahren und würde – natürlich! – niemals die ganze Person beschreiben können. Denn Bernhard Dieckmann ist stets auch für eine Überraschung gut!
Begegnet bin ich ihm zum ersten Mal auf dem Hauptbahnhof in Marburg im Jahre 1982. Er holte mich dort ab und ging mit mir zum Katholisch-Theologischen Seminar in der Deutschhausstraße 24, denn dort hatte ich mich auf die Stelle eines Wissenschaftlichen Assistenten beworben und sollte mich vorstellen. Er sprach mich auf dem Bahnsteig an, stellte sich vor und sah damals fast schon genauso aus wie heute. Nachdem ich die Stelle bekommen hatte, waren wir gute Kollegen und haben in den vielen Semestern bis zu seiner Emeritierung fast jedes Semester eine gemeinsame Lehrveranstaltung durchgeführt: Er bearbeitete den fundamentaltheologisch-philosophischen Aspekt des Themas und ich den biblisch-exegetischen. Es war dies eine Zeit, in der man noch Veranstaltungen anbieten konnte, die von den Studierenden gewünscht wurden – und auch solche, die einen als Dozenten selbst interessierten. So behandelten wir beispielsweise Jesusbücher, Christusbilder, Tod und Auferstehung, Judas Iskariot, zu dem er dann auch eine viel beachtete Monografie geschrieben hat, und vor allem eine der spannendsten Fragen aller Religionen, nämlich die Frage nach der Herkunft des Bösen und der Gewalt. Man kann sagen, dass der Jubilar ein kritischer Fan von René Girard war und ist, dessen Thesen auch in so mancher Lehrveranstaltung diskutiert wurden, etwa die Frage nach Judas Iskariot und seiner Funktion als Sündenbock. Und natürlich ist Bernhard Dieckmann auch ein hervorragender Kenner Rudolf Bultmanns, über den er promoviert hat – eine glänzende Ausgangsposition für ein gutes Verhältnis zu seinem exegetischen Kollegen.
Einen Fernseher besitzt Bernhard Dieckmann bis zum heutigen Tag nicht. Seine Alltagsinformationen bezieht er aus der FAZ, und verbringt die Zeit, die Mann/Frau ansonsten vor dem Fernseher sitzt, mit seinen Büchern. Er kennt sich nicht nur blind in der Institutsbibliothek aus, sondern auch im Bereich der Veröffentlichungen in seinem Fachgebiet und darüber hinaus. Sucht man ein bestimmtes Werk zu diesem oder jenem systematisch-philosophischen Gebiet: Eine Anfrage genügt und man bekommt eine kompetente Antwort, einen Autor, einen Sachtitel. Der Jubilar ist ganz einfach ein wandelndes Lexikon.
Kennen lernen konnte man Bernhard Dieckmann besonders gut auf den gemeinsamen Exkursionen, z. B. nach Israel oder Rom. Auch hier war er in vielen Fragen kompetent, hatte geschichtliche Ereignisse, Herrscherhäuser und Dynastien mit Jahreszahlen im Kopf und konnte stets ohne jede Spur von Überheblichkeit Auskunft geben, häufig genug besser als jeder Guide. Und wie gesagt: Er war und ist immer für eine Überraschung gut! Als wir etwa mit einer ganzen Reisegruppe von Studierenden auf einer Romreise wegen eines allfälligen Bahnstreiks in Roma Termini gestrandet waren, war er es, dem es gelang, eine Fahrt mit einem schweizerischen Nachtzug zu organisieren, so dass wir mit viel Verspätung, aber sicher wieder in Marburg ankamen. Vielleicht sollte es dann auch nicht verwundern, dass er als begeisterter Bergwanderer und Mitglied des Deutschen Alpenvereins in Israel als Erster von uns auf dem Plateau von Masada stand, nach knapp 40 Minuten über den Schlangenpfad, und damit weit schneller als jeder Student.
Er besucht mich häufiger im Seminar und wir unterhalten uns über dies und das, doch wenigstens einmal im Jahr wird er auch unseren Erstsemestern ein Begriff: keine Adventsfeier des Seminars ohne eine Märchenlesung von Bernhard Dieckmann – denn auf diesem Sektor ist er ein Sammler und ebenfalls Experte!
Vielen Dank, lieber Bernhard – auf viele weitere Märchenlesungen!
Marburg,