Stressfaktor Perfektionismus
Zweifellos hat die Gleichberechtigung uns neue Entfaltungsmöglichkeiten ermöglicht. Gleichzeitig ist der soziale Druck gestiegen. Das Idealbild der starken modernen Frau: fit, flexibel, leistungsfähig soll sie sein, beruflich dem Manne mindestens ebenbürtig. Ganz nebenbei soll sie die Rolle der Familienmanagerin, der Vorzeigemutter, der sexy Bettgefährtin, der verständnisvollen Partnerin (suchen Sie sich beliebig viele aus) unter einen Hut bringen und obendrein entspannt und tipptopp aussehen. Frauen, die im Alltags- und Berufsleben »ihren Mann« stehen, leben oft gegen ihren natürlichen Rhythmus und stoßen in den Wechseljahren an die Grenzen ihrer bisherigen Leistungsfähigkeit.
»Mit der Menopause an sich habe ich kein Problem. Das betrifft ja jede von uns. Problematisch ist, wenn ich nachts nicht zur Ruhe komme. Wenn mein 10-Stunden-Job nicht wäre«, so eine erfolgreiche selbstständige Ärztin, »würde ich auf Hormone verzichten. Ich kann es mir nun mal nicht leisten, tagsüber keine Topleistungen zu bringen.«
Hochroter Kopf im Geschäftsleben signalisiert Unsicherheit – karriereschädlich; Hitzewallungen sind nicht öffentlichkeitstauglich. Häufig anzutreffen bei Frauen mit hohen Leistungsstandards ist der Hang zur Selbstausbeutung, zu übermäßiger Disziplin und Kontrolle. »Wer nichts leistet, ist nichts wert. Ich muss eben noch einen Zahn zulegen«, sind Glaubenssätze, die typisch für Perfektionistinnen sind. Wechseljahre sind ihnen lästig und stören die gewohnten Routinen. Auch das hält die Nachfrage nach Hormonen aufrecht. An der Problematik, immer nur Vollgas zu geben, ändert diese Lösung nichts.
Stress als Auslöser hormoneller Dysbalancen
Hormone lieben ausgeglichene und harmonische Verhältnisse. Ein erhöhter Stresslevel in Verbindung mit zu wenig Bewegung bedeutet mehr Stresshormone. Über- oder Unterforderung, Kummer und Sorgen stören nicht nur das innere Gleichgewicht, sondern bringen auch die Ausschüttung der weiblichen Sexualhormone Progesteron und Östrogen durcheinander.
Bestimmt haben Sie das auch schon erlebt. Sie fühlen sich unter Druck oder sind angeschlagen: Ihre Regel bleibt aus oder verzögert sich. Sind Sie ausgeglichen, zum Beispiel im Urlaub, wirkt sich das positiv auf die Regeltage aus. Psychische und körperliche Ausgeglichenheit ist für die hormonelle Balance am förderlichsten.
Kennen Sie den Satz »Das geht mir jetzt richtig an die Nieren«? Gemeint ist damit häufig, dass einen etwas aufregt oder angreift. In Wahrheit hat Stress mit den Nebennieren zu tun, genauer gesagt mit den Stresshormonen Adrenalin und Cortisol, die dort gebildet werden. In den Wechseljahren sind optimal funktionierende Nebennieren besonders wichtig. Sobald die Eierstöcke die Produktion von Progesteron und Östrogen herunterfahren, übernehmen diese kleinen Organe einen Teil dieser Aufgabe. Deshalb wird der weibliche Körper auch während und nach der Menopause weiterhin mit Sexualhormonen versorgt. Und zwar in Mengen, die nicht mehr der Mutterschaft, sondern ausschließlich dem Selbsterhalt dienen.
Wenn Sie aber ständig unter Strom stehen, sind die Nebennieren überlastet, ähnlich wie eine Batterie, die leerläuft. Starke Wechseljahresbeschwerden können also ein Signal dafür sein, dass Ihre Nebennieren erschöpft sind. Sie merken einmal mehr, warum Entspannung und Stressausgleich in den Wechseljahren so immens wichtig sind.
Mit einer einfachen Eigenmassage tun Sie Ihren Nieren und Nebennieren etwas Gutes. Legen Sie Ihre Handflächen auf den Bereich am unteren Rücken auf Höhe der Taille. Streichen Sie mit den Handflächen fest über diesen Bereich, bis er sich erwärmt hat. Wiederholen Sie die energetisierende Massage zwei- oder dreimal. Wenn Sie die Massage mit einem angewärmten guten Hautöl durchführen, verstärkt das die Durchblutung und den angenehmen Wärmeeffekt.
Gift für die Seele: Kränkungen machen krank
Worte können heilen, Worte können kränken. Eine Kollegin legte einmal den Finger in die Wunde sprachlicher Verunglimpfungen, mit denen Frauen in den Wechseljahren bedacht werden: »Wenn ich jedes Beispiel auflisten würde, dann wäre was los. Da wird die Frau, ich zitiere jetzt mal ›… zur hässlichen Hexe mit Rundrücken, Hängebauch, Inkontinenz, Reizbarkeit und depressiver Verstimmung‹.«
Unheilvolle ärztliche Kommunikation
Die medizinische Fachliteratur ist voll von unschönen Symptombezeichnungen. Sie spiegeln den kritischen Umgang mit älter werdenden Frauen in unserer Kultur wider. Da ist die Rede von »degenerativen Veränderungen, defizitären Östrogenen, vulvovaginaler Atrophie und seniler Beckeninvolutionsatrophie«. Man erklärt uns den weiblichen Körper in der Menopause als defektes Produkt, gefolgt von der unvermeidbaren geistigen Invalidität.
Auch wenn Ärzte oft wie im Hamsterrad arbeiten: Achtlosigkeit im Umgang und in der Kommunikation schürt Ängste (»Machen Sie sich auf einiges gefasst!«) und demotiviert Patientinnen, sich positiv auf die Herausforderungen der Wechseljahre einzustellen. Zeigen Sie Mut und weisen Sie Ihren Arzt sachlich darauf hin, wenn Sie sich herablassend behandelt (»Ihre Eierstöcke haben es hinter sich.«) oder nicht verstanden fühlen (»Sie als mündige Patientin werden ja wohl wissen, dass …«). Machen Sie Ihre Erwartungen deutlich und sagen Sie klar, welche Umgangsformen Sie lieber hätten. In vielen Fällen hilft das. Wenn nicht, stimmen Sie mit den Füßen ab und suchen sich einen einfühlsameren Arzt.
Dumme Sprüche und Respektlosigkeiten
»Frau in Menopause« ist kein Kompliment. Das Ereignis, das mir dazu einfällt, ist lange her. Da saß ich mit einer Bekannten und ihrem Begleiter im ICE nach Stuttgart. Das Abteil war stickig und heiß. Uns gegenüber saß eine Dame, sichtlich nicht mehr in den Zwanzigern. Sie wedelte sich mit einem Fächer kühlere Luft zu. Da lehnte sich unser Bekannter mit süffisantem Lächeln vor und raunte mit Verschwörermiene: »Achtung – Hitzewallungalarm! Diagnostiziere: Menopause. Einfach nur peinlich.«
Frauenfeindlichkeit drückt sich auch in abfälligen Bemerkungen und »Witzen« aus. Durch weibliche Solidarität tragen wir dazu bei, dass niemand damit durchkommt. Beziehen Sie bei Abwertungen, auch wenn sie andere Frauen betreffen, eine klare Position. Solange wir uns kleinmachen, wird das nichts mit dem Respekt uns gegenüber. Übrigens – energische und streitbare Frauen, die sich nichts gefallen lassen, empfinden das Klimakterium nicht als Drama. Sie nehmen selbstsicher den Raum ein, der ihnen zusteht. Für uns muss es selbstverständlich werden, sich einzuschalten – nicht nur mit müdem Lächeln oder Schweigen.
Selbstabwertende innere Dialoge
»Bist du dafür nicht langsam zu alt?« Ein und dieselbe Frage führt zu völlig unterschiedlichen Reaktionen. Während es der einen herzlich egal ist, was andere über sie denken, schluckt die andere das Gift dieser Botschaft. Schlagartig meldet sich eine boshafte innere Stimme, die gnadenlos nachtritt. »Kein Wunder, dass sich andere über dich lustig machen. Du bist wirklich zu alt. Deine Brüste hängen ja schon bis zum Bauchnabel.« Unser ärgster Kritiker sitzt im eigenen Kopf. Je bewusster Sie sich darüber werden, wie Sie mit sich selbst reden, desto eher kommen Sie ihm auf die Schliche und können ihn in die Schranken weisen.
In welchen typischen Situationen meldet sich Ihre innere kritische Stimme? Wie nörgeln Sie an sich herum, was sagen Sie dann zu sich selbst? Wie ist beispielsweise Ihr innerer Kommentar, wenn Ihnen Ihr Spiegelbild nicht gefällt? Würde Ihre beste Freundin so mit