Wir sind von unseren Körpern, voneinander, von der Natur, vom Universum und vom Göttlichen entfremdet. Rituale mit Psychedelika oder anderen Formen holotroper Zustände könnten zu einem wirkungsvollen Weg werden, um die Entfremdung zu überwinden. Der holotrope Bewusstseinszustand, den die Ritualteilnehmer erleben, löst die Situation zudem aus dem alltäglichen Kontext. Er hebt die hierarchische Struktur der Gesellschaft zumindest für die Zeit des Rituals auf und schafft ein Gefühl der Gleichheit. Es ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass indigene Gruppenrituale eine tiefgreifende soziale Dynamik aufweisen und aus anthropologischer Sicht interessant sind; aufgrund ihrer überwiegend extravertierten Ausrichtung sind sie jedoch gewöhnlich nicht förderlich für eine tief fokussierte Selbsterforschung.
Im Verlauf der oben beschriebenen komplizierten Geschichte entwickelten sich aus dem Einsatz von LSD zur Selbsterforschung und zur Psychotherapie zwei wesentliche Verfahren: die Psycholytische Therapie und die Psychedelische Therapie.
1. Psycholytische Therapie ist ein Begriff, der vom britischen Psychiater und Psychotherapeuten Ronald Sandison geprägt wurde. Es geht dabei um den Abbau von Spannungen und die Lösung von Konflikten in der Psyche. Diese Therapie wurde bisher vor allem von europäischen Therapeuten angewendet (Hanscarl Leuner, Wilhelm Arendsen Hein, John Buckman und Thomas M. Ling, Milan Hausner, Juraj und Sonia Styk, Peter Baumann, Peter Gasser und anderen). Sie basiert auf der psychoanalytischen Theorie, aber ohne die Prinzipien und Einschränkungen der Freudschen Praxis, wie die Position des Therapeuten, das Verbot des Ausagierens oder der Beantwortung von Fragen, die strategische Anwendung von Schweigen, das Nichtberühren usw.
Die psycholytische Behandlung besteht aus einer Serie von 15 bis 100 Sitzungen mit mittleren Dosierungen von LSD-25 in ein- bis zweiwöchigen Intervallen. Die Art und der Umfang der Unterstützung, die den Patienten während der Sitzungen gewährt wird, sind unterschiedlich. Ich selbst blieb fünf bis sechs Stunden bei meinen Patienten und gab sie dann in die Obhut der Pflegekräfte, die alle Schulungen mit LSD absolviert hatten, und anderer Patienten auf der Station, die selbst alle an der Forschung teilnahmen und ebenfalls persönliche Erfahrungen mit LSD vorweisen konnten.
Hanscarl Leuner (1919–1996), deutscher Psychiater und Psychedelik-Pionier, Begründer der Katathym-Imaginativen Psychotherapie (K.I.P.).
Das System von Hanscarl Leuner verfolgte einen anderen Ansatz. Seine Patienten wurden in der Regel allein gelassen und konnten das Pflegepersonal mit einer Klingel rufen, wenn sie Hilfe benötigten. Der Rest der Therapeuten, die ich persönlich kannte, lag irgendwo dazwischen; sie verbrachten einen Teil der Sitzungen mit den Klienten und setzten Pfleger und Studenten als Sitter ein.
Viele der psycholytischen Therapeuten hielten den verbalen Kontakt zu den Patienten aufrecht; sie erwarteten von ihnen einen Bericht über ihre Erfahrungen und machten gelegentlich Kommentare oder versuchten sogar, Interpretationen anzubieten. Den Patienten war es erlaubt, die Augen offenzuhalten, Augenkontakt mit dem Therapeuten aufzunehmen und sich umzusehen. Sie wurden ermutigt, zu beschreiben, was sie sahen und wie ihre Wahrnehmung der Welt beeinflusst wurde. Viele Therapeuten baten die Patienten außerdem, Fotos ihrer Ehepartner, Partner und Familienmitglieder zu den Sitzungen mitzubringen und diese in den späteren Phasen ihrer Erfahrung zu betrachten.
Die psycholytische Strategie hatte ihre Vor- und Nachteile. Sie war ideal für die Erforschung der Dynamik der Psyche. Als ich sie in der frühen Phase meiner Forschung benutzte, machte sie es mir möglich, nacheinander verschiedene Ebenen des Unbewussten zu erforschen. Es war ein Prozess, den einer meiner Patienten »Chemoarchäologie« und ein anderer »Zwiebelschälen des Unbewussten« nannte. Darüber hinaus war es mir möglich, die Logik der visuellen Wahrnehmungen, die meine Patienten erlebten, zu untersuchen und zu verstehen – warum sie mich und die Umgebung zu verschiedenen Zeitpunkten ihrer Sitzungen und Stadien ihrer Therapie auf eine besondere Weise verändert sahen.
Ich habe buchstäblich hunderte von Beispielen für diesen Prozess gesammelt, welche die Determinierung und Überdeterminierung der LSD-Visionen und visuellen Wahrnehmungen zeigen. Sie umfassen im Wesentlichen dieselben Mechanismen, wie sie Freud bei der Analyse der Traumarbeit entdeckte. Ich habe viele dieser Prozesse in meinem Buch Topographie des Unbewussten (GROF 1978) beschrieben und erklärt. Das wichtigste und wertvollste Ergebnis dieser Forschungsstrategie war die Entdeckung der Selbstheilungsintelligenz der Psyche, die den therapeutischen Prozess zu den wichtigsten unbewussten Erinnerungen führte, die den Symptomen zugrunde liegen. Die schrittweise Entfaltung der Psyche in aufeinanderfolgenden Sitzungen bot eine einzigartige Gelegenheit, eine neue »Landkarte« der Psyche zu erstellen und ihre dynamischen Leitprinzipien zu entdecken: die COEX-Systeme (Systems of Condensed Experience), die Perinatalen Grundmatrizen (PGM) und die archetypischen Muster im kollektiven Unbewussten.
Die Verwendung niedrigerer Dosierungen, die Tatsache, dass die Patienten einen Großteil der Sitzungen mit offenen Augen verbrachten, und das häufige Sprechen waren jedoch nicht der effektivste Weg, um positive und schnelle therapeutische Ergebnisse zu erzielen. Mir wurde klar, dass der Preis, den ich für meine Neugier und diese faszinierenden Einsichten bezahlte, die Verlangsamung des therapeutischen Fortschritts war. Diese Strategie wandelte die fokussierte vertikale Exploration, die wirksamste Methode, um die Ursachen emotionaler Probleme zu finden, in eine horizontale Sondierung um. Dies war sowohl für mich als auch für meine Patienten intellektuell interessant, diente aber leider auch dem Widerstand der Patienten und der Vermeidung tieferer schmerzhafter Probleme.
Als mir das klar wurde, änderte ich die Therapiestrategie – ich erhöhte die Dosierungen und lenkte die Sitzungen nach innen, indem ich Augenblenden einführte, den verbalen Austausch einschränkte und Musik verwendete, um die Erfahrung zu vertiefen. Diese Anpassung rückte die Strategie in die Nähe der in Kanada entwickelten »Psychedelischen Therapie«.
2. Psychedelische Therapie ist die andere beliebte Art der Durchführung einer Behandlung mit psychedelischen Substanzen. Sie besteht aus einer kleinen Anzahl von Sitzungen mit hohen LSD-Dosen: 400 bis 600 Mikrogramm (eine »überwältigende Einzeldosis«). Die Erfahrungen werden durch die Verwendung von Augenblenden und Kopfhörern streng nach innen gelenkt. Die Behandlungsräume sind mit schönen Gemälden und Blumen geschmückt, und während der Sitzungen wird spirituelle Musik in hoher Qualität gespielt. Die Aufsicht erfolgt gewöhnlich durch zwei Facilitatoren, vorzugsweise einen Mann und eine Frau.
Die Vorbereitung für die Sitzungen umfasst mehrere Stunden drogenfreier Gespräche. Der Zweck dieser Sitzungen ist es, die Lebensgeschichte der Patienten und ihre Symptome kennenzulernen, eine gute therapeutische Beziehung zu entwickeln und ihnen die Wirkung der psychedelischen Substanz zu erklären, die sie erhalten werden. Nach den Sitzungen vereinbaren die Therapeuten drogenfreie Interviews, um die Erfahrungen der Patienten zu besprechen und ihnen bei der Integration zu helfen. Dieser Ansatz wurde hauptsächlich von kanadischen und amerikanischen Therapeuten angewendet: Abram Hoffer, Humphry Osmond, Ross MacLean, Duncan Blewett, Ralph Metzner, Richard Alpert, Timothy Leary, Myron Stolaroff, James Fadiman, Robert Mogar, Willis Harman und anderen. Wir haben diese Methode auch in unseren Projekten am Maryland Psychiatric Research Center (MPRC) zur Behandlung von Neurotikern, Alkoholikern, Betäubungsmittelabhängigen und Krebspatienten sowie in LSD-Schulungen von psychiatrischen Fachkräften verwendet (PAHNKE et al. 1970, GROF 2001).
Die Verwendung dieses Ansatzes bringt sehr beeindruckende therapeutische Ergebnisse; das Leben vieler Patienten kann sich durch ein bis drei psychedelische Sitzungen drastisch verändern, aber die Mechanismen dieser Veränderung bleiben unklar. Diese Situation ähnelt den Veränderungen, die David Rosen bei Überlebenden suizidaler Sprünge von der Golden Gate Bridge und der San Francisco-Oakland Bay Bridge gefunden hat (ROSEN 1975). Anhand der Beobachtungen aus regelmäßigen psycholytischen Sitzungen