Das wirkliche Leben beginnt jetzt. A.H. Almaas. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: A.H. Almaas
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Религия: прочее
Год издания: 0
isbn: 9783867811545
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die, die das Leben von jemandem beherrschen sollten, der zum vollen Potential eines erwachsenen Menschen herangewachsen ist. Wenn wir weiter diesen Prinzipien, Werten und Einflüssen gemäß leben, bleiben wir auf einer kindlichen Entwicklungsstufe stehen. Ich sage nicht, daß das moralisch schlecht ist, sondern eher, daß es hinter dem Potential zurückbleibt, ein authentisch reifer Mensch zu sein. Wenn wir uns nicht erlauben, so zu wachsen, wie es uns bestimmt ist, dann führt das notwendigerweise zu Konflikt, Spannung, Leiden, Mißverständnis und Problemen in unserem Leben.

      Um wirklich zu verstehen, was es heißt, ein reifer Mensch zu sein, müssen wir unsere Annahme in Frage zu stellen, daß wir wissen, was ein Mensch ist, wie ein Mensch sein Leben führen sollte, welche Prinzipien das Leben solch eines Menschen leiten sollten und was ein reifer Mensch tut. Wir sind mit den Prinzipien und Einflüssen vertraut, die den Geist eines gewöhnlichen Menschen beherrschen: Angst, Begehren, Gier, Unsicherheit, Konkurrenz, Eifersucht und alle möglichen elementaren Bedürfnisse. Diese Einflüsse sind die Spuren unserer Ahnen im Tierreich in uns, hinzu kommen Vorstellungen, Mißverständnisse und Vorurteile, die wir erworben haben. Diese Überzeugungen sind für eine bestimmte Stufe des menschlichen Lebens angemessen, aber nicht für alle Stufen. Sie passen zum Kind, aber ein Erwachsener sollte aus ihnen herausgewachsen sein. Ein echter, reifer Mensch ist ein Mensch, der nicht von solchen Einflüssen beherrscht ist.

      Sicherheitsbedürfnisse wie das Bedürfnis nach Geld, Macht, Ansehen, Angenommensein und Bestätigung sind eigentlich Bedürfnisse eines Kindes. Diese Bedürfnisse drücken den Teil des Menschen aus, der unentwickelt und ungeschliffen bleibt. Sogar eine Vorstellung, die die meisten Menschen für selbstverständlich halten würden – die Vorstellung, daß ein Mensch glücklich sein sollte und Lust und nicht Schmerz und Leiden empfinden sollte –, ist kein Prinzip, das einen reifen Menschen beherrschen sollte. Dieses Prinzip beherrscht das ganze Tierreich, aber ein Mensch kann sich darüber erheben und mit höheren, verfeinerteren und befriedigenderen Werten leben.

      Was wir, wie gesagt, also als Erstes tun müssen, ist, unseren Glauben außer Kraft setzen, daß wir nämlich wissen, was ein Mensch ist und worum es im Leben eines Menschen geht. Wir müssen uns eingestehen, daß wir nicht wissen, was es heißt, Mensch zu sein, oder erkennen, wenn wir doch etwas darüber wissen, daß wir nur sehr wenig wissen. Wir müssen anerkennen, daß es sehr viel mehr darüber zu wissen gibt, was es heißt, ein Mensch zu sein. Vielleicht habt ihr euch aus dieser Perspektive noch nicht in Frage gestellt. Vielleicht habt ihr die gewöhnlichen Ereignisse in eurem Leben dafür gehalten, worum es im Leben eines Menschen geht. Vielleicht seid ihr von der Richtigkeit der Prinzipien ausgegangen, die euer Leben und das Leben aller anderen, die ihr kennt, beherrschen.

      Die Mehrheit der Menschheit lebt auf einer infantilen Stufe. Wir müssen diese Stufe notwendigerweise durchmachen, aber wir müssen nicht da stehenbleiben. Doch gehört es nicht zum allgemein akzeptierten gesellschaftlichen Wissensschatz zu verstehen, was ein wahrer Mensch ist oder was die Aufgabe eines Menschen ist. Weil die Gesellschaft in ihrer Gesamtheit dieses Wissen nicht besitzt und auf einem unentwickelten Niveau funktioniert, bekommen wir keine Anleitung dafür, wie man erwachsen wird. Gesellschaft ist für die grundlegenden Sicherheitsbedürfnisse und sozialen Bedürfnisse von Menschen notwendig, aber der Mensch braucht mehr als das. Die Erfüllung des wahren menschlichen Potentials verlangt, daß viel tiefere, subtilere und feinere Bedürfnisse befriedigt werden.

      Innere Arbeit wie unsere legt die animalischen und kindlichen Einflüsse und Bedürfnisse offen, die unser Leben beherrschen, und führt dazu, daß unsere verfeinerteren Aspekte Einfluß auf unser Leben ausüben. So sehr überzeugt sind wir von unserer niedrigen und mangelhaften Natur, daß wir in diesem Prozeß oft wirklich versuchen, die feineren Elemente dessen, wer wir sind, zu benutzen, um unsere elementaren Bedürfnisse zu befriedigen. Ein Beispiel für dieses Muster ist der Gebrauch essentieller oder spiritueller Erfahrung, um sich den Mitmenschen überlegen zu fühlen. Doch unsere Seiendheit (beingness) und ihre Fähigkeiten sind nicht dazu da, die Bedürfnisse der Persönlichkeit zu befriedigen, wie das Bedürfnis nach Bestätigung, Anerkennung, Liebe, Angenommensein, Sicherheit, Macht oder sogar Lust oder Freude. Die feineren Elemente der menschlichen Seele sind da, um eure Persönlichkeit zu transformieren, damit sie aus diesen kindlichen Mustern herauswächst. Kontakt mit essentiellen Eigenschaften soll eine Wirkung darauf haben, wer ihr seid, damit ihr reife Menschen werden und sein könnt, wozu ihr bestimmt seid. Diese feineren Elemente sind nicht dazu da, in uns verschlossen zu sein, um uns ein Gefühl zu vermitteln, daß wir etwas geschafft haben oder um uns auf andere Weise ein gutes Gefühl zu geben. Das Bedürfnis, sich gut zu fühlen, ist das Bedürfnis eines Kindes oder eines Teenagers. Ihr denkt vielleicht, wenn ihr glücklich seid und ganz viel Spaß habt, dann habt ihr es geschafft. Gut, ja, ihr habt es geschafft, als Teenager. Das ist immer noch weit davon entfernt, ein reifer Erwachsener zu sein.

      Das Lernen, das wir hier praktizieren, und die Art Erfahrungen, die es in uns erzeugt, bilden eine bestimmte Art Nahrung, die uns hilft, erwachsen zu werden. Diese Erfahrungen verändern uns, und diese Veränderung wird sich als eine Transformation der Werte und Prinzipien manifestieren, die unser Leben beherrschen. Während diese Transformation sich auf unser ganzes übriges Leben auswirken wird, wird sie am deutlichsten in unseren Beziehungen sichtbar sein, da heißt, wie wir uns als Individuen zu anderen menschlichen Individuen verhalten.

      Wenn ihr innere Erfahrungen davon habt, daß ihr Wert (Value) und Mitgefühl und Klarheit und Frieden seid, euch zu anderen Menschen aber immer noch wie ein wimmerndes Kleinkind verhaltet, dann hat eure Arbeit ihre Aufgabe noch nicht erfüllt. Diese Qualitäten sind nicht nur zu eurem Vergnügen da. So sieht ein Kind die Dinge. Ein reifer Mensch kann diese Erfahrungen gut gebrauchen und wirklich auf eine Weise leben, die diese realen menschlichen Qualitäten verkörpert.

      Der Zweck der Tatsache, daß wir Erfahrungen der verfeinerten Elemente unserer Natur haben, ist nicht, daß wir sie wie Geld auf einem Sparkonto anhäufen, damit wir sie benutzen können, um uns ein Gefühl zu geben, daß wir etwas besitzen. Wenn ihr nach solchen kindischen Prinzipien handelt, dann hat sich etwas in euch noch nicht verändert. Es ist nicht das Ziel der inneren Arbeit, kindische Bedürfnisse zu befriedigen. Das Ziel der inneren Arbeit ist es, euch zum Wachsen und Reifen anzuleiten, damit ihr im Einklang mit eurer wahren Natur leben könnt.

      Obwohl es bei der inneren Arbeit nicht darum geht, kindliche Bedürfnisse zu befriedigen, bedeutet das nicht, daß wir diese Bedürfnisse ablehnen oder abwerten müssen. Im Gegenteil: Sie müssen anerkannt und verstanden werden, damit ihr erkennen könnt, daß ihr nicht wirklich Kinder seid, und sie loslassen oder über sie hinausgehen könnt.

      Aus dieser Perspektive sehen wir, daß die innere Arbeit, die wir hier tun, nicht einfach ist; sie ist nicht leicht. Sie soll auch nicht leicht sein. Sie beruht nicht auf den Werten und Prinzipien, die die meisten Menschen mitbringen, sondern auf völlig anderen Werten. Zu einem großen Teil der Arbeit hier gehört die Reibung zwischen diesen zwei Wertsystemen. Die Interaktion zwischen ihnen führt zu einem Schleifen, einem Schärfen, das die alten Überzeugungen und die kindlichen Muster freilegen soll, damit wir sie aufgeben können. Das bedeutet nicht, daß Menschen kein Recht darauf haben, ihr Leben dementsprechend zu leben, was wir kindliche Werte und Prinzipien nennen. Jeder hat das Recht, das zu tun. Aber ein Mensch, der sich dafür entscheidet, die innere Arbeit zu machen, ist ein Mensch, der schon fühlt, daß er erwachsen werden möchte. Er hat bereits eine Ahnung davon, daß kindliche Werte uns nicht voranbringen. Die Funktion der inneren Arbeit ist es, das Wachstum reifer Menschen zu unterstützen, nicht Babys zu füttern oder zu trösten.

      Die innere Arbeit, die wir hier tun, ist die Art von Arbeit, die jeder Mensch machen muß, um wahrhaft erwachsen zu werden. Sie ist schwierig, sie erfordert viel Zeit, sie ist komplex und dazu gehört viel mehr, als ihr euch zu Beginn vorstellen könnt. Wenn ihr hierher kommt, dann kommt ihr mit vielen Vorstellungen und Überzeugungen davon, was diese Arbeit für euch leisten wird. Wenn ihr dabei bleibt, dann werdet ihr merken, daß die innere Arbeit nicht nur Erwartungen erfüllt, sondern tausend Dinge mehr. Ihr werdet auch feststellen, daß ihr, um aufrichtig an euch zu arbeiten, damit ihr zu einem reifen Menschen heranwachsen könnt, noch sehr viel mehr tun müßt, als ihr gedacht habt. Weil zu einem Menschen viel mehr gehört, als ihr ursprünglich geglaubt habt. Der Prozeß der Reifung verlangt ganz viel Arbeit, ganz viel Mühe, ein hohes Maß an Entschlossenheit und