Krankheiten als Botschaften zu sehen ist ein radikaler Wechsel der Perspektive, denn normalerweise betrachten wir sie als Störenfriede, als Strafe, Fluch oder Unglück. Sie kommen über uns, und wir versuchen, sie möglichst schnell wieder loszuwerden. Wie begegnest du aber einem Götterboten? Mit Wut, Abwehr oder Ignoranz? Ein Bote kommt zu uns, um eine wichtige Nachricht zu überbringen. Wir tun gut daran, ihn einzulassen und zu hören, was er zu sagen hat.
Wenn wir schwere Krankheiten erleben, werden wir uns möglicherweise unserer Verletzlichkeit und Vergänglichkeit bewusst und setzen uns mit dem Tod auseinander. Der Götterbote führt uns zu einem tieferen Verständnis vom Wesen des Körpers und des Geistes. Er erinnert uns daran, dass dauerhaftes Glück nicht über sinnliche Freude zu erreichen ist, unter anderem weil uns ein intakter Körper und seine Sinne nur begrenzte Zeit zur Verfügung stehen.
Wir beginnen uns zu fragen: »Wenn das Leben begrenzt ist – was möchte ich damit anfangen?« So führt uns die Krankheit zu der Frage, ob wir in unserem Leben die richtigen Prioritäten setzen. Was hat für uns wirklich einen Wert? Wer oder was trägt uns, jetzt, da wir Halt so dringend benötigen? Wie sieht es in unserem Leben aus mit Liebe, Wärme, Zufriedenheit? Haben wir uns bisher genug darum gekümmert?
Wie Krankheiten lassen sich auch andere Schwierigkeiten als Götterboten betrachten. Statt dich mit Händen und Füßen gegen sie zu wehren, kannst du dich fragen: »Was kann ich lernen aus dieser Trennung, diesem Verlust, dieser Enttäuschung?« Versuch einmal, nicht unmittelbar mit Kampf und Krampf zu reagieren, sondern akzeptiere die gegenwärtige Situation – wenigstens für einen Moment.
Akzeptanz ist der Schlüssel zum Verständnis. Was du nicht akzeptierst, kannst du nicht verstehen – das ist ein Naturgesetz. Die gegenwärtige Situation anzunehmen ist außerdem immer unmittelbar mit Erleichterung verbunden. Statt dich in inneren Kämpfen zu verzehren, richte dich aus auf das, was dich tragen und dir Kraft geben kann.
Lob der Freude
Die Vorzüge der Freude sind offenkundig: Freudige Menschen sind freundlicher, aufgeschlossener, hilfsbereiter – weniger mit sich selbst beschäftigt. Wenn du dich also um mehr Freude kümmerst, bedeutet das nicht, dass du dich auf einen Egotrip begibst, sondern es kommt allen zugute, mit denen du zu tun hast.
Freude öffnet, verbindet, steckt an. Und sie ermöglicht dir und anderen Entwicklung. Es ist darum wichtig, sich in allen Lebenssituationen auf Freude auszurichten – auch in Zeiten, in denen Schwierigkeiten dominieren. Die Freude ist schon von vielen klugen und bekannten Menschen gepriesen worden:
• »Freude ist Nahrung für den Geist«, sagt der thailändische Meditationsmeister Buddhadasa.
• »Freude, schöner Götterfunken, Tochter aus Elysium«, heißt es in Friedrich Schillers Ode An die Freude. Ludwig van Beethoven hat sie in seiner 9. Sinfonie erklingen lassen. Elysium kommt aus der griechischen Mythologie und bedeutet: Insel der Seeligen, Heiligen, Todlosen.
• »Freude ist so wichtig wie die Tränke für die Kuhherde«, sagt der Buddha. Mit anderen Worten: Freude ist unverzichtbar.
Viele medizinischen Studien zeigen: Freude und Humor sind gesund. Keine einzige Studie belegt: Freude ist ungesund oder schadet. Wenn Freude aufkommt, geht die Einengung durch das Ego zurück. Wir sind offener, erleben uns als stimmig, ausgeglichen und voller Selbstvertrauen. Dies trägt auf einfache Weise zu Gesundheit und Wohlbefinden bei und stärkt die Selbstheilungskräfte.
Vor nicht allzu langer Zeit starb die älteste Frau der Welt, eine Holländerin, mit 117 Jahren. Zum 116. Geburtstag fragte sie jemand, wie sie das mache, so alt zu werden. Ihre Antwort: »Es ist eigentlich ganz einfach. Man darf nur nicht aufhören zu atmen.«
Blockaden erkennen und lösen
Auch du kannst mehr Freude in dein Leben bringen, indem du dich entschließt, dich aktiv darum zu kümmern. Um mehr Freude zu erleben, gilt es zunächst darauf zu achten, womit du Freude in dir blockierst.
Manche Menschen glauben, angesichts des vielen Leidens in ihrem Umfeld oder in der Welt dürften und könnten sie sich nicht freuen. Hinter dieser Haltung steckt nach Einschätzung von Psychologen oft subtile Selbstablehnung. Wenn es dir auch so geht, frage dich einmal, wie du anderen Menschen eher helfen kannst: Indem du ihnen mitleidig, traurig und jammernd entgegentrittst? Oder eher, wenn du ihnen zuversichtlich, in deiner Kraft, mit einem freudigen Gesichtsausdruck begegnest?
Manche Menschen neigen dazu, Anlässe zur Freude zu verkleinern oder zu entwerten. Damit blockieren sie ebenfalls die Freude, und zwar in sich selbst wie in anderen.
Auch die Neigung, sich zu vergleichen, reduziert Freude. Da die meisten Menschen sich vorrangig Vergleichen dämpft Freude.mit solchen Menschen vergleichen, die mehr zu haben scheinen – zum Beispiel mehr Geld, Ansehen, Beliebtheit oder Glück – schaffen sie selbst die Bedingungen für ihre Unzufriedenheit. Vergleichendes Konkurrieren lässt keinen Raum für Freude, ebenso wenig kann Freude entstehen, wenn man andere abwertet, um selbst besser dazustehen.
Wenn du die Strukturen durchschaust, mit denen du Freude blockierst, kannst du dich wieder der Ausgangsfrage zuwenden: »Wie kann ich mehr Freude in mein Leben bringen?«
Freude lässt sich nicht verordnen. Es hilft nichts, sich zur Freude zwingen zu wollen, zum Beispiel mit Gedanken wie »Ich sollte mich mehr freuen«. Ein erster Schritt zu mehr Freude kann stattdessen sein, öfter innezuhalten und die innere Atmosphäre zu spüren. Annehmendes Spüren entzieht negativen Gedanken die Macht.
Sicher, wenn ein lieber Mensch gegangen oder eine schwere Krankheit in dein Leben getreten ist, kannst du dich nicht freuen. Jetzt gilt es, schmerzhafte Gefühle bewusst zu spüren, sie anzunehmen und ihnen Raum zu geben. Dies führt zu Erleichterung – eine gute Voraussetzung für Freude, die dann zu einem späteren Zeitpunkt eintreten kann. (Wie du dabei genau vorgehen kannst, wird in den folgenden Kapiteln noch ausführlich beschrieben.)
Sich auf das Gute ausrichten
Wir alle neigen dazu, den Schwierigkeiten in unserem Leben zu viel Gewicht beizumessen und uns von ihnen besetzen zu lassen. Schwierigkeiten messen wir oft zu viel Gewicht bei und übersehen dabei das Gute.Das Gute übersehen wir dabei oft. In einem Lied der Band Element of Crime heißt es: »Liebling, sag mir morgen früh noch mal, dass wir glücklich sind. Wer zu lange in die Sonne sieht, wird blind.« Statt das Glück zu würdigen, das uns bereits zuteil wird, denken wir ständig darüber nach, was uns noch fehlt, was uns stört und wie sich unser Leben verbessern ließe. Würden wir doch nur ein bisschen mehr Geld verdienen, dann wäre der Alltag so viel leichter! Hätten wir doch nur ein Haus am Stadtrand statt der Wohnung mit den lauten Nachbarn, dann könnten wir endlich in Ruhe meditieren! Und wäre doch unser Partner ein wenig spiritueller, dann könnten wir mit ihm praktizieren und wären der Erleuchtung schon einen großen Schritt näher. Hätten wir doch nur … Setz ein, was du möchtest.
Auch bei der Arbeit drehen sich Besprechungen und Flurfunk sehr häufig um Schwierigkeiten, nur selten um die angenehmen Erfahrungen, die genauso zum Arbeitstag gehören. Wenn wir am Abend nach Hause kommen, erzählen wir von Komplikationen bei einem schwierigen Projekt und von Reibereien mit dem Chef oder Kollegen, nicht von dem verlässlichen Menschen, mit dem wir ein Büro teilen, oder der freundlichen Kundin vom Vormittag. Und danach schauen wir uns die Probleme der Welt in den Nachrichten an.
Während wir unseren Mangel kultivieren, übersehen wir, was wir schon alles haben: Etwas zu essen, ein Dach über dem Kopf, Kleidung und Medizin – mehr materielle Dinge benötigt der Mensch nicht, hat der Buddha gelehrt. Wir haben also bereits mehr, als wir brauchen.
Wechseln wir einmal die Perspektive, sehen wir vieles, wofür wir dankbar sein können. Wir sehen die Möglichkeiten, die unser Körper uns bietet, auch wenn er vielleicht nicht frei von Unpässlichkeiten oder Krankheiten ist. Wir sehen die Menschen, die uns nah sind und auf die wir uns verlassen können. Wir sehen, dass wir die Chance haben, das Dhamma zu praktizieren. Wie viele Menschen auf