Regula Wälchli ihrerseits hatte die Assistentin von BvN erreicht und ein Rendezvous für den nächsten Tag um 8.00 Uhr vereinbaren können, allerdings nur für eine halbe Stunde, nachher sei «Herr Baron von Neippenberg» unabkömmlich, ein Termin folge dem anderen. Laut Aussagen der Assistentin sei es ungewöhnlich, dass der Baron so kurzfristig einen Rendezvous-Termin bestätige, für die Polizei jedoch «mache er gerne eine Ausnahme», was Regula Wälchli ihrer Gesprächspartnerin gegenüber beinahe überschwänglich zu würdigen wusste, total widerwillig zwar, aber ohne, dass man es aus ihrer Stimmlage hätte heraushören können. Insgeheim fragte sie sich nämlich, ob BvN nicht stinknormal auf den Namen Jakob Rüdisühli getauft worden war, bei diesem Gschiiss um seine Person. Aber diese Frage stand nun wirklich nicht zuoberst auf ihrer To-do-Liste. Weil sie nicht allein nach Prêles fahren wollte, bat sie Stephan Moser, sie zu begleiten. Mit anderen Worten: Joseph Ritter musste sich zumindest bis schätzungsweise 9.30 Uhr mit Elias Brunner begnügen.
Nachdem er alle Informationen von seinen «Aussenstationen» beisammen hatte und das IRM versprochen hatte, nach einer weiteren Nachtübung bis 10.00 Uhr erste Resultate zu liefern, war für Joseph Ritter der Ablauf des Dienstags, 30. Januar klar:
8.0 00 Uhr Sichtung Medien.
9.30 Uhr Teamtreff, Vorbereitungen auf die grosse Inforunde.
15.0 00 Uhr weiteres Vorgehen und Aufgabenzuteilungen.
Mit einer SMS teilte er dies seinen Leuten mit und dankte ihnen für die auch an diesem Tag geleistete Arbeit.
Kurz zuvor besuchten an die 20 Medienschaffende die Pressekonferenz der Kantonspolizei Bern. Ursula Meister und Gabriela Künzi waren darauf optimal vorbereitet, sah man von der Tatsache ab, dass die offizielle Medienmitteilung erst zum Schluss abgegeben und verschickt werden konnte, «aus Zeitgründen, weil wir erst vor wenigen Minuten aus Hinterkappelen zurückgekehrt sind und unsere Kollegen dementsprechend erst vor wenigen Minuten briefen konnten», wie Gabriela Künzi sagte. Nach dieser kurzen Einführung kamen die beiden Mediensprecherinnen sofort zur Sache und gaben Details vor allem in Zusammenhang mit dem neuerlichen Tötungsdelikt in Hinterkappelen bekannt. Nach Abschluss dieser Ausführungen folgten die obligaten Fragen der Anwesenden, wobei es eine kurze Runde war, denn erstens gab es relativ wenig zu sagen und zweitens wollte praktisch kein Medienschaffender, dass andere coram publico die eigenen Gedankengänge mitbekam. Solche Fragen wurden unter vier Augen und Ohren nach Abschluss einer Inforunde gestellt.
«Peter Brechbühl von ‹Express Online›: Es besteht ja ein offensichtlicher Zusammenhang zwischen den beiden Tötungsdelikten. Was wissen Sie? Ich tippe Ihre Antwort gleich online in unsere onlinenews.ch, damit unsere Leserinnen und Leser sofort Bescheid wissen.» Mit diesen Aussagen sorgte Brechbühl bei den übrigen Teilnehmenden für Kopfschütteln, obwohl man ihn nicht wirklich ernst nehmen konnte, denn zu oft hatten sich seine angeblichen «exklusiven Informationen» als grandiose elektronische Zeitungsenten herausgestellt.
«Herr Brechbühl», übernahm Gabriela Künzi den Lead, «wenn Sie sich bereits derart sicher sind: Lassen Sie uns nach der Konferenz an Ihren Erkenntnissen teilhaben? Wir sind offenbar noch nicht auf Ihrem Wissensstand.» Darob schmunzelten verschiedene Journalisten, und eine Anwesende liess sich sogar zu einem «Bravo!» hinreissen, worauf wiederum Brechbühl sichtlich schmollte.
«Herold vom ‹Blick›: Können Sie den Tatabend vom 21. Januar in Bezug auf diesen Elchin Guseinow bestätigen?»
«Bestätigen nicht, aber es gibt übereinstimmende Aussagen, die uns das vermuten lassen. Zwei Personen haben unabhängig voneinander Beobachtungen gemacht.»
«Was für Beobachtungen?»
«Herr Brechbühl, wir informieren Sie sofort, wenn wir Fakten zusammengetragen haben, keine noch ungesicherten Angaben.»
«Jürg Spori, ‹Berner Zeitung›: Lässt sich der Zeitpunkt des zweiten Verbrechens in Hinterkappelen bereits eingrenzen?»
«Nein, dazu erwarten wir aber morgen oder übermorgen Erkenntnisse aus dem IRM.»
«Gleich eine Anschlussfrage: Hat sich die Botschaft Uralistans in Bern in die Sache eingeschaltet?» Künzi und Meister schauten sich kurz an. Die Antwort kam wiederum von Gabriela Künzi.
«Unsere Ermittlungen gehen im Moment in alle Richtungen, Herr Spori, mehr möchten wir dazu nicht sagen», sagte sie und liess damit alles offen, namentlich die Frage, ob bereits ein Kontakt mit der Botschaft stattgefunden hatte.
Es folgten noch einige Alibifragen, die darauf hindeuteten, dass nicht alle Medienschaffenden gleichermassen aufmerksam die Ausführungen während der Information verfolgt hatten. Praktisch gleichzeitig mit dem Ende der Veranstaltung wurde auch das offizielle Communiqué verteilt respektive an abwesende Redaktionen gemailt und online gestellt.
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