Und wenn wir steckenblieben, konnte er uns auf seine ganz eigene Art geschickt wieder raushelfen. Einmal, als mich das musikalische Äquivalent einer Schreibblockade befiel, lehnte sich Miles zu mir herüber und murmelte: »Mach im Bass mal ein H.« Leicht verblüfft versuchte ich, das, was er vielleicht gemeint haben könnte, einzuarbeiten. Und wie immer entzündete sich daraus ein Funke, der ihn nährte, dann wieder mich und in einem musikalischen Dialog mündete.
Ein andermal, als mir nichts Neues einfallen wollte und ich auf eingefahrenen Gleisen fuhr, ließ er folgende Bemerkung fallen: »Spiel nicht die Butternoten.« Mein Kopf begann zu schwirren. Letztlich nahm ich an, er habe damit sagen wollen, ich solle irgendwie das Offensichtliche sein lassen. Bis heute weiß ich nicht, ob Miles konkret wusste, was er damit gemeint hatte, aber ich beschloss, es sollte bedeuten, aus meinen Akkorden die Terzen und Septimen zu nehmen.
Ohne jetzt zu sehr in musikalische Details zu gehen, sagen wir einfach: Dies hat den Sound so weit geöffnet, dass ich jedem, der mit mir improvisierte, viel mehr Raum geben konnte, die Möglichkeiten einer Melodie zu erkunden. Was immer in Miles vorging, seine Führung funktionierte: Wir fingen Feuer. Für mich ist das ein Musterbeispiel für großartige Führungsqualität. Anstatt mir irgendetwas vorzuschreiben, stimulierte er mich, die Lösung in mir selbst zu finden und unterstützte er mich die ganze Zeit über – im vollen Vertrauen darauf, mit uns immer in die Harmonie kommen und uns darin leiten zu können, gemeinsam eine Harmonie herzustellen.
Miles hat uns stets das Gefühl gegeben, dass jede(r) von uns etwas Einzigartiges besaß, das nur er bzw. sie beisteuern konnte. Er vermittelte uns dies mit wenigen Worten, meistens nur durch sein Verhalten. Damals konnte ich das nicht so klar erkennen – dies tat ich erst, nachdem ich mit der Ausübung des Nichiren-Buddhismus begonnen hatte.
Was mich zu dem dritten Mentor bringt, der mein Leben tief beeinflusste: Daisaku Ikeda. Als Präsident der Soka Gakkai International hat er immer wieder Türen aufgestoßen – für 12 Millionen Menschen in 163 Ländern –, damit sie Zugang finden zu den Prinzipien, die in diesem Buch dargelegt werden.
Für mich ist Daisaku Ikeda ein Mensch, der sich für ein schöpferisches Leben des Individuums einsetzt sowie für ein harmonisches Miteinander der Völker dieser Erde. Er engagiert sich für das Erreichen von Frieden, er lehrt jeden Menschen, wie er den Schlüssel in der Hand hält zur täglichen Erneuerung, zu geistiger Erfrischung und zum Erschaffen von glücklichen Lebensumständen.
In seinen unzähligen Schriften und Vorlesungen lehrt er, wie man sich die Kraft von Nam-Myoho-Renge-Kyo zunutze macht, diesem mystischen Prinzip, das unser Universum durchdringt. Indem ich seine Lehren in die Praxis umsetzte, habe ich Mauer für Mauer in meinem Leben niedergerissen und wurde Zeuge, wie viele Ziele und Träume in Erfüllung gingen. Inzwischen habe ich die feste Überzeugung, dass ich mit allem umgehen kann, was das Leben für mich bereithält.
Daisaku Ikeda dient mir als leuchtendes Beispiel für einen Menschen, der niemals aufgibt, sich niemals der Negativität unterwirft. Dadurch konnte ich mich so entwickeln, dass Glück zum Wesenskern meines Lebens wurde. Auch lernte ich von ihm, dass jeder Augenblick im Leben aus unendlich vielen Perspektiven betrachtet werden kann. Unter all diesen Perspektiven findet sich ein Weg, der mich in genau diesem Moment einen goldenen Pfad erkennen lässt und einen Diamanten in jedem Menschen. Dies zeigt Wirkung auf alles, was ich tue: von der Art und Weise, wie ich die Musik für eine Aufnahme arrangiere, wie ich improvisiere, bis hin zu der Art, wie ich die Menschen sehe, denen ich in den verschiedenen Bereichen meines Lebens begegne. Egal was sich von einem Menschen in einem bestimmten Augenblick gerade zeigt – es ist lediglich ein Teil dieses Menschen, der viel mehr und ganz ist. Jeder Mensch trägt den Samen der Erleuchtung in sich und verdient daher Respekt. Man vergisst dies nur allzu leicht, besonders wenn man mit den sogenannten »schwierigen Fällen« im Musik-Business oder anderswo zusammentrifft. Daisaku Ikedas beständiges Beispiel und seine Anleitung dienen mir als Messlatte für mein eigenes Verhalten; sie helfen mir, die besseren Seiten von anderen hervorzubringen, indem ich mich selbst täglich zu verbessern suche.
Neunundzwanzig Jahre buddhistische Ausübung haben mir eine gute Grundlage gegeben. Rückblickend habe ich einen Zugang zu meiner Musik gewonnen, mit dem ich recht glücklich bin. Für mich reicht die Freude des Musikmachens über Applaus, Preise und Fan-Zuspruch hinaus. Klar ist das schön, aber da ist etwas, das viel tiefer geht. Musikmachen bedeutet für mich vielmehr, tief im eigenen Herzen graben zu dürfen, dabei selbstbewusst verwundbar zu sein und diese Verwundbarkeit, diesen Kern unseres Menschseins, aufrichtig und offen auszudrücken. Es geht um das Gewahrsein deiner Umgebung – der anderen Musiker und der Zuhörer. Es geht darum, etwas von innen nach außen zu bringen und es in der Gegenwart manifest zu machen – es vom erhabensten Teil deines Lebens hervorströmen zu lassen. Es ist der Prozess, dies alles nicht nur zum eigenen Vergnügen zu tun, sondern mit der aufrichtigen Hoffnung, etwas im Leben der anderen zu bewegen – ihnen zu helfen, sich gut mit sich selbst zu fühlen, sie zu inspirieren, sich ihrer Möglichkeiten bewusst zu werden, Erhofftes für den Augenblick und Träume für die Zukunft tatsächlich zu erreichen, sie anzuregen, etwas Großartiges zu vollbringen.
Woody Hochswender, Greg Martin und Ted Morino haben mit diesem Buch großartige Arbeit geleistet. Diese drei Herren sind ebenfalls Schüler von Daisaku Ikeda und haben die Wirkung des Nichiren-Buddhismus am eigenen Leben erfahren, indem sie seine Anleitungen in die Praxis umsetzten. Der Buddha – das bist DU macht Nichirens tiefgründige Lehren in einfachen Begriffen leicht zugänglich.
Ob Du dieses Buch nur aus Neugier liest oder ob etwas in Dir gerade verzweifelt nach einem besseren Leben schreit: Ich ermutige Dich von Herzen, die praktischen Anleitungen einmal ernsthaft auszuprobieren, die Der Buddha – das bist DU für Dich bereithält. Vielleicht scheint Dir so etwas wie Buddhismus zu exotisch oder zu weit hergeholt für Deinen eigenen spirituellen Weg. Doch wenn Deine Gleise gerade ausgefahren sind, dann ist es an der Zeit, keine Butternoten mehr zu spielen und sich zu öffnen – um etwas Neues in der Melodie des Lebens zu entdecken. What can you lose … except your blues?
Kapitel 1
Der Buddha in Deinem Spiegel
Solange jemand in Illusionen lebt,
nennt man ihn ein gewöhnliches Wesen,
doch ist er erleuchtet,
nennt man ihn einen Buddha.
Dies lässt sich mit einem
blinden Spiegel vergleichen,
der wie ein Juwel glänzt,
sobald er poliert wird.
– Nichiren
Wenn es eine Religion gibt,
die sich mit wissenschaftlichen
Bedürfnissen vertragen kann,
so wäre das der Buddhismus.
– Albert Einstein
Vögel singen. Der Wind weht. Die Erde dreht sich. Sterne funkeln und sterben. Galaxien kreisen anmutig durch den Weltraum. Der Mensch wird geboren, lebt, wird alt und stirbt. Die Muster des Daseins sind voller Geheimnisse und unermesslich. Wer kann sie auch nur ansatzweise verstehen?
Unser Alltagsleben ist – wenn man nur genau hinsieht – ähnlich komplex: Wer kann zum Beispiel stets die Bedürfnisse eines dreijährigen Kindes ermessen, ganz zu schweigen von denen unserer Schwiegereltern oder unseres Chefs? Innerhalb eines einzigen Tages sind wir mal entzückt,