Wie weit der Weg dann noch bis zur Manipulation von Träumen ist, wird die Zukunft zeigen.
Vor einigen Jahren lief im Kino der Science-fiction-Blockbuster „Inception“, in dem es um die gezielte Beeinflussung von Träumen geht, und sorgte für angeregte Diskussionen über die möglichen Zusammenhänge von Gehirnströmen und Bewusstsein. Werden Technologien, wie sie in diesem Film gezeigt wurden, bald in greifbarer Nähe sein? Und sollten wir uns vor all dem, was plötzlich machbar erscheint, lieber schon jetzt fürchten? Vor manipulierten Soldaten beispielsweise, denen Angst, Schmerz und Empathie neurotechnisch ausgetrieben wurden, damit sie in ihrer Mission von keiner altmodischen menschlichen Regung behindert werden können?
Ansätze in dieser Richtung gibt es bereits: In Tierversuchen ist es Wissenschaftlern der „Harvard Medical School“ gelungen, die visuelle Wahrnehmung von Ratten mit Hilfe von Ultraschallwellen zu unterdrücken. Wie weit ist es also noch bis zur Verwirklichung der Vision von einem „Schallwellenhelm“ oder einem „Hirnschrittmacher“ für Soldaten?
Allerdings könnte sich demnächst auch erweisen, dass all die großen Utopien im Hinblick auf die Manipulation oder die künstliche Erzeugung von Bewusstsein doch nur der Ausdruck einer ziemlich engen gedanklichen Sackgasse waren – weil unser Menschsein letztlich doch nicht so maschinengleich funktioniert.
Einsteins attraktives Hirn
Momentan jedenfalls steht die Vorstellung, das Gehirn erzeuge Bewusstsein und die Besonderheit des Menschseins erschöpfe sich in den neuronalen Möglichkeiten, noch ziemlich protzig im Raum. Das zentrale Steuerorgan des physischen Körpers und dessen größtmögliche Intelligenz haben es unserer Gesellschaft angetan.
Fast karikaturhaft spiegelt sich diese Gesinnung in einer Anekdote rund um das Gehirn Albert Einsteins wider, die der österreichische Journalist Klaus Kamholz im Magazin „Format“ (26/1999) unter dem Titel „Einsteins Hirn“ veröffentlichte: Als der wahrscheinlich bedeutendste Denker des 20. Jahrhunderts in der Nacht zum 18. April 1955 im Krankenhaus der Princeton University (USA) im Alter von 76 Jahren starb, entnahm der Chefpathologe des Spitals, der die Obduktion durchzuführen hatte, dem toten Körper das Gehirn, fotografierte das wertvolle Stück und zerschnitt es in 240 Teile, um einen Bericht über die gewiss ganz besonderen grauen Zellen des Nobelpreisträgers zu schreiben. Nachdem der Pathologe bald danach seine Kündigung erhielt, nahm er das konservierte Hirn kurzerhand mit, was in der Folge dazu führte, dass immer wieder einmal über Einsteins unfreiwillige Hinterlassenschaft berichtet wurde. „Sein Hirn zu berühren ist, wie wenn man die Weißen Zwerge, die Schwarzen Löcher, den Urknall und die Geisterwellen berührt. Es ist, als reite man auf einem Lichtstrahl …“, geriet einer der Journalisten, der dem Schatz besonders nahe kommen durfte, in himmlische Verzückung.
Einstein selbst schätzte sich übrigens bedeutend nüchterner ein. Er meinte sinngemäß, dass besonders starke Denkkraft bei ihm nur in bescheidenem Ausmaß vorhanden sei. Auch zeigte sein Denkorgan, wie sich nach dem Tod des berühmten Physikers herausstellte, mit 1.320 Gramm ein recht durchschnittliches Gesamtgewicht.
Aus der Struktur eines Gehirns eindeutige Rückschlüsse auf menschliche oder intellektuelle Qualitäten ziehen zu wollen, dieser Ansatz bleibt grundsätzlich fragwürdig. Jedem seriösen Forscher ist klar, dass alles bisher gesammelte Wissen bei weitem nicht dafür ausreicht.
Sicher: Das Denkvermögen jedes Menschen widerspiegelt sich im Gehirn und im neuronalen Feuer, das es „erleuchtet“. An dieser Tatsache ist nicht zu zweifeln. Aber definiert sich dadurch unser Menschsein? Sind Gedanken wirklich nichts weiter als Gehirnströme, beschränkt auf den Kopf, der sie denkt? Oder sind umgekehrt die Gehirnströme erst die Folge der Gedankentätigkeit, das „Nachglühen“ einer geistigen Befähigung, die wir in ihrer Eigenart noch nicht ansatzweise begriffen haben?
Günter Haffelder hat im Laufe seiner langjährigen Forschungsarbeit immer wieder Belege dafür gefunden, dass das menschliche Bewusstsein mehr umfasst als nur Gehirnströme und Nervenimpulse, die auf den Körper beschränkt sind. „Die Gehirnströme sind nur die Oberfläche“, sagt der Stuttgarter Forscher, „da liegt noch sehr viel darunter oder darüber.“
Mit „darunter oder darüber“ spricht er die persönlichen Fähigkeiten jedes Menschen an, und zwar nicht nur die intellektuellen, sondern auch solche, die man allgemein recht vage als „besondere Bewusstseinszustände“ beschreiben würde.
Haffelder hat seine EEG-Spektralanalyse-Studien gezielt auch bei sogenannten Geistheilern, Qigong-Meistern … sowie bei einem Österreicher durchgeführt, der über einen „Röntgenblick“ verfügt. Und er hat dabei dokumentiert, dass außergewöhnlichen Fähigkeiten stets mit auffälligen Messergebnissen korrelieren. „Wir haben festgestellt“, sagt er, ein wenig geheimnisvoll, „dass es Ebenen gibt, in die solche Menschen mental gehen können, die anderen nicht zugänglich sind.“
Der Heiler mit dem Röntgenblick
Der Mann mit dem Röntgenblick, Georg Rieder aus Niederösterreich, interessiert mich besonders. Bei meinen Recherchen finde ich einige Zeitungsberichte und auch Aufzeichnungen von Fernsehauftritten, bei denen er für Verblüffung sorgte, weil er offenbar ohne jede Vorinformation Krankheiten durch bloßes Hinschauen erkannte. In einer TV-Show testete man live auch Georg Rieders angebliche Fähigkeit, durch Wände sehen zu können: Nur für die Zuschauer sichtbar, stand ihm ein exotisch gekleidetes Mädchen gegenüber, um dessen Hals und Oberkörper sich eine Schlange schmiegte. Nach wenigen Sekunden lautete Georg Rieders „Diagnose“ für das, was sich jenseits der Wand befand: „Ich sehe eine Frau mit einem Schal, aber der Schal bewegt sich …“
Wenn so etwas wirklich möglich sein sollte, denke ich, würde es das übliche Welt- und Menschenbild gehörig auf den Kopf oder doch mindestens in Frage stellen. Ich hätte eine gute Möglichkeit, die Fähigkeiten des in Amstetten praktizierenden „Energetikers“ (oder „Energethikers“, wie sich manche Angehörige dieser Berufsgruppe nennen, um den ethischen Aspekt in ihrer Arbeit zu betonen) zu testen: ein spezielles Problem mit meinem rechten Knie, von dem der Mann mit dem Röntgenblick nichts wissen kann.
Georg Rieder willigt ein, mir ein Video-Interview zu geben – ausnahmsweise allerdings nur, denn er macht grundsätzlich wenig Öffentlichkeitsarbeit, und nach jahrzehntelanger Praxis will er niemandem mehr etwas beweisen.
Was mich als erstes überrascht: Mein Gesprächspartner erweist sich als angenehm bodenständiger Mensch, macht keinerlei Hokuspokus um seine Beratungsarbeit und beantwortet bereitwillig alle Fragen. Und außerdem beweist er vor laufender Kamera tatsächlich eindrucksvoll seine Fähigkeiten: Die Diagnose, die er mir und einem Kollegen aus dem Filmteam stellt, ist nicht nur erstaunlich präzise und umfasst sogar seelische Befindlichkeiten, sondern sie hätte jeden Geschwindigkeitsvergleich mit medizintechnischen Diagnosegeräten gewonnen.
Georg Rieder reicht es offenbar, wenn er jemanden eine knappe Minute lang aus einer Entfernung von etwa vier Metern betrachten kann, um ihn im wahrsten Sinn des Wortes zu durchschauen. In unserem Gespräch verzichte ich denn auch auf allzu skeptisches Nachhaken, sondern lasse mich einfach auf seine Sicht der Dinge ein. „Berichten, nicht richten“ lautet eine journalistische Grundregel.
Wie funktioniert das? Was sehen Sie, das andere Menschen nicht sehen können?
Rieder:
„Ich habe die Fähigkeit, in den Körper hineinzusehen. Ich sehe die Knochen und Organe und kann feststellen, was nicht richtig funktioniert oder krankhaft ist.“
Wie haben Sie diese Fähigkeit entdeckt? War sie schon immer da oder hat sie sich irgendwie entwickelt?
Rieder:
„Das ganze hat 1977/78 durch eine Fernsehsendung begonnen, in der es um Stimmen aus dem Jenseits ging. Herbert, ein guter Freund von mir, und ich sind nach dieser Sendung zu dem Herrn, über den der Beitrag berichtet hatte, nach Wien gefahren und haben mit Hilfe seiner Methode jemanden gerufen,