In den Übungsreihen wird jede einzelne Yoga-Asana in Text und Bild genau beschrieben, und immer wieder sind Variationen angegeben. Dabei handelt es sich natürlich nur um einige der vielen tausend Haltungen, die praktiziert werden, doch unter ihnen befinden sich viele wesentliche und grundlegende Asanas, die von Yogis und Yoginis ein Leben lang erforscht und ausgeführt werden. Ich habe die DREIECKSHALTUNG in meinem Leben sicherlich schon unzählige Male praktiziert, aber jedes Mal, wenn ich sie einnehme, lerne ich etwas Neues über mich – meinen Körper, meinen Geist und ihre Beziehung untereinander. Einer meiner ersten Yoga-Lehrer wies uns darauf hin, dass es jedes Mal, wenn wir uns in eine Haltung begeben, wie das erste Mal sein kann, wenn wir wirklich Yoga praktizieren – die Praxis, in diesem Moment gegenwärtig zu sein.
Wenn Sie weiterführende Haltungen praktizieren wollen, können Sie einige der Bücher und Videos zu Rate ziehen, die ich unter Materialien empfohlen habe; ich schlage Ihnen jedoch vor, eine Yoga-Klasse zu besuchen und von erfahrenen Lehrern zu lernen. Doch bitte denken Sie daran, dass die einzigen Gründe, warum Sie weiterführende Haltungen praktizieren sollten, darin bestehen, dass Sie sich körperlich etwas mehr fordern wollen und dies aus einem Gefühl der Neugierde und Freude heraus tun. Sie werden merken, dass viele der fortgeschrittenen Haltungen auf den grundlegenden, hier beschriebenen Asanas aufbauen und diese weiterentwickeln. Selbst für viele erfahrene und geschickte Yogis sind diese grundlegenden Haltungen eine Herausforderung, wenn sie als Meditationen im Sinne der Unterweisungen des Anapanasati-Sutta praktiziert werden.
Natürlich ist die richtige Ausführung wichtig, aber dies ist kein Buch über die Feinheiten der Ausführung, sondern Sie finden hier allgemeine Beschreibungen der grundlegenden Bewegungsabfolgen, mit denen Sie arbeiten und die Sie erforschen können. In meinem Ansatz geht es nicht so sehr um die Ausarbeitung oder Form der Asanas, sondern um die Erforschung der Erfahrung, also um den Inhalt, die Eigenschaften und die Aktivität dessen, was wir erleben. Lassen Sie die Asana Form annehmen, indem Sie auf sich selbst vertrauen, und versuchen Sie nicht, sich in das Ideal einer Struktur zu zwingen. Im Laufe Ihrer Praxis werden Sie immer mehr über die Asana und sich selbst entdecken. Viele Bücher und Videos behandeln die Asanas aus einem detaillierteren physiologischen Ansatz heraus; einige davon sind unter den Materialien zu finden.
Viele Yoga-Haltungen sind asymmetrisch. Wenn ich Ihnen rate, sie auf der anderen Seite zu wiederholen, können Sie die Begriffe „links“ und „rechts“ in den Beschreibungen gern austauschen. Die Länge gebe ich meist durch Atemzüge an, doch da wir alle unterschiedliche Atemrhythmen haben, werden Ihnen in den vorgeschlagenen Angaben große Unterschiede auffallen. Wichtig ist vor allem, dass Sie sich bei den asymmetrischen Haltungen jeder Seite etwa gleich lang widmen und die Vorschläge nur als Richtlinie dafür betrachten, wie lange Sie die verschiedenen Asanas ungefähr halten sollten.
Ich ermuntere Sie dazu, so mit den Haltungen zu arbeiten oder, besser gesagt, zu spielen und sich ihnen hinzugeben, wie ein neugieriges Kind seine Umgebung erforscht. Manchmal haben wir Schmerzen, wenn wir die Haltungen praktizieren. Schmerz kann, wie jede andere Empfindung auch, ein Lehrer sein. Auch da sollten Sie sich dem Schmerz mit Respekt und einer fragenden Haltung nähern. Ein Großteil unseres Leidens rührt daher, dass wir den Schmerz meiden. Doch in dieser Praxis können wir verstehen, dass viele Schmerzen einfach nur aus einem Ungenügen über die Dinge, so wie sie sind, resultieren. Eine Sache, die wir in der Praxis lernen können, ist ein genaues Empfinden dafür, was wirklicher Schmerz und was nur Unbequemlichkeit ist.
Selbstverständlich hat Yoga nichts mit Masochismus oder stoischem Ertragen zu tun, und wir sollten achtsam gegenüber Schmerzen sein, die zu Verletzungen führen könnten. Mit wachsender Erfahrung werden Sie den Unterschied zwischen unbequemen oder unangenehmen Empfindungen und Schmerzen, die Verletzungen nach sich ziehen könnten, besser erkennen. Lösen Sie sich aus einer Haltung, wenn Sie darüber im Zweifel sind, und erforschen Sie danach ganz vorsichtig erneut Ihre Grenzen. Selbst wenn Sie dann eine Haltung beenden, tun Sie es nicht mehr aufgrund eines eingefahrenen Verhaltensmusters, sondern aus Achtsamkeit.
Zu den Begriffen
Die Sprache des Yoga ist Sanskrit, und die Sprachen des Buddhadharma sind in erster Linie Pali und Sanskrit. Pali ist ein indischer Dialekt, der sich aus dem Sanskrit entwickelt hat; in ihm wurden die kanonischen Texte der Theravada-Schule des Buddhismus abgefasst. Einige Wissenschaftler sind der Ansicht, dass dieser Dialekt in der Hauptstadt von Magadha gesprochen wurde und die Sprache Buddhas war. Aufgefundene Inschriften in Magadhi zeigen jedoch erhebliche Unterschiede zu Pali auf.
Wie dem auch sei, die beiden suttas, auf denen dieses Werk basiert, wurden ursprünglich in Pali geschrieben und bilden die zentralen Lehren der buddhistischen Theravada-Schule. Kompliziert wird die Sache dadurch, dass die meisten Begriffe des Buddhadharma, die im Westen bekannt sind, aus dem Sanskrit stammen, wie sutra, dharma und nirvana, während andere geläufige Bezeichnungen wie vipassana und metta aus dem Pali kommen.
Manchmal, wenn ich auf einen Begriff aus dem Sanskrit oder Pali verweise, gebe ich das entsprechende Wort aus der anderen Sprache an. Im Text benutze ich die Begriffe, die im Westen gängiger sind, es sei denn, ich verweise auf eine bestimmte Schrift. Da dies kein wissenschaftliches Werk ist, habe ich auf diakritische Zeichen verzichtet. Wer Interesse daran hat, diesen Aspekt des Studiums und der Praxis weiterzuverfolgen, findet unter den Materialien eine Zusammenstellung wissenschaftlicher Werke.
Einführung
1976 war ich 20 Jahre alt, meine Tochter war zwei, und in meiner Ehe zeigten sich bereits die ersten Probleme. Ich hasste meine Arbeit. Jemand, den ich kannte, schlug mir vor, eine Yoga-Klasse zu besuchen, um zu entspannen und abzuschalten.
Als ich aus meiner ersten Yoga-Klasse kam, war ich ruhiger, mehr im Gleichgewicht und entspannter, als ich mich erinnern konnte, es je gewesen zu sein. Ich fühlte mich offen, weit und leicht. Der Raum wirkte wie ein Schoß, in dem man sich behütet fühlte. Die Räucherstäbchen, das gedämpfte Licht, der alte Teppich (immerhin waren es die 70er Jahre) und die indische Musik schufen eine Atmosphäre, in der ich mich niederlassen und meine Rüstung ablegen konnte. Die Yoga-Lehrerin war eine schöne Hippie-Frau, die eine Aura ausstrahlte von Erdmutter und Sexgöttin zugleich. Ich war mir sicher, den Himmel auf Erden gefunden zu haben.
Ich begann, zwei Klassen in der Woche zu besuchen, manchmal auch mehr. Nachmittags um vier nahm ich nach der Arbeit den Zug von Südmanhattan und fuhr stadtaufwärts. Später fuhr ich dann mit der Linie 7 nach Flushings in Queens, wo ich mit meiner Familie lebte. Schon ein paar Wochen nachdem ich mit diesem Programm begonnen hatte, merkte ich, dass ich zwar nach den Klassen himmlische Freuden empfand, doch sobald ich den Zug in Flushing verließ, war ich bereits wieder in meine eigene, private Hölle gefallen. Schlimmer noch: Die Ekstasen, die ich in den Yoga-Klassen erlebte, kamen mir in meinem sonstigen Leben immer fern und fremd vor. Auch nachdem ich zu Hause damit angefangen hatte, Yogahaltungen und Atemübungen zu praktizieren, fand ich, dass der Frieden, den ich verspürte, wenn ich „Yoga machte“, sich mir vorher und nachher entzog. Zu jener Zeit stöberte ich durch einen örtlichen Buchladen und entdeckte Shunryu Suzukis Zen-Geist, Anfänger-Geist. Bereits auf der Highschool hatte ich mich ein wenig mit dem Buddhismus beschäftigt, vor allem mit den Werken von Alan Watts, D.T. Suzuki und Christmas Humphreys. Die Direktheit, Einfachheit und die fast schon wissenschaftliche, empirische Sichtweise des Buddhismus sprachen mich intellektuell an.
Als jemand, der Naturwissenschaften studiert hatte und sich für einen Atheisten hielt, konnte ich mich mit dem Buddhismus anfreunden. Seine Religion war nichttheistisch, psychologisch durchdacht und erfrischend undogmatisch. Vor allem gefiel mir aber, dass Buddha seinen Anhängerinnen und Anhängern ausdrücklich empfahl, nichts einfach nur deshalb zu akzeptieren, weil Lehrer (einschließlich er selbst) es ihnen gesagt hatten, oder etwas nur zu glauben, weil es in den Schriften stand, solange sie es nicht selbst überprüft hatten. Stattdessen riet er ihnen, gewisse „geschickte Mittel“ zu praktizieren und selbst darauf zu achten,