Stoner McTavish - Grauer Zauber. Sarah Dreher. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Sarah Dreher
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Ужасы и Мистика
Год издания: 0
isbn: 9783867548823
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küsste ihn auf die Wange. »Mein Alter, du beeindruckst mich seit über fünfunddreißig Jahren.«

      Gwen schlich sich an Stoner heran. »Meinst du, das ist unser Zeichen, uns diskret zu verziehen?«

      »Noch nicht«, sagte Stell, »aber wenn wir anfangen, unanständige Sachen zu sagen …«

      Ted wandte seine Aufmerksamkeit der Einkaufstüte zu, fand eine Apfelsine und fing an, sie zu schälen. »Hast du Claudine heute Morgen noch besucht?«

      »Ziemlich unverändert«, sagte Stell. »Ich wünschte, Gil würde irgendwas tun. Er sitzt nur da wie ein Stein.«

      »Ach komm, Gil hat es schon vor Jahren aufgegeben, zu Wort kommen zu wollen. Wie es mir wohl eines Tages auch ergehen wird.«

      Stell funkelte ihn an. »Ich hätte damals was wesentlich Besseres nehmen können als dich. Warum hab ich’s bloß nicht getan?«

      Er strich mit der Hand an ihrer Hüfte hinunter. Stell gab ihm einen Klaps.

      »Na ja, mag sein, dass sie heute Morgen noch unverändert schien, aber heute Nachmittag ist sie aufgestanden und hat das Krankenhaus verlassen.«

      »Sie hat was?«

      »Das Krankenhaus verlassen«, sagte Ted. »Behauptete, sie fühlte sich plötzlich wieder prima, und sie würden dort sowieso nichts Sinnvolles mit ihr anstellen.«

      Stell lehnte sich gegen das Waschbecken. »Ich glaub es nicht. Du weißt, wie sie letzte Woche aussah. Heute Morgen war es fast genauso schlimm.«

      Ted zuckte bedeutungsschwer mit den Schultern. »Was immer sie hatte, es hat sich einfach wieder verzogen. So urplötzlich, wie es über sie kam.« Er warf die Apfelsinenschalen in den Müll und verteilte die Frucht an alle. »Sie wollen nach Taos rüberfahren und für eine Weile ihre Kinder besuchen, wenn wir nichts dagegen haben, noch hierzubleiben. Ist dir das recht?«

      »Klar. Zu Hause ist ja alles unter Kontrolle.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich kann es immer noch nicht glauben.«

      »Tja, das ist nicht überraschend bei deinem halsstarrigen Temperament. Sie ruft dich heute Abend noch an.«

      Sie erwischte ihn dabei, wie er nach einer Handvoll Weintrauben griff. »Lass das Zeug in Ruhe.«

      Ted gab einen riesigen Seufzer von sich. »Du bist eine harte Frau, Stell. Hast du dran gedacht, diese Flachkopfschrauben zu besorgen, um die ich dich schon seit mindestens drei Wochen bitte?«

      »Ich hab sie mitgebracht.«

      Er lümmelte sich gegen die Wand. »Wird Zeit, die Kartoffeln aufzusetzen, oder muss ich das auch noch machen?«

      Stell warf einen Blick ins Waschbecken. »Du hast sie noch nicht mal geschält.«

      »Wollte nicht die ganzen Vitamine runterkratzen.«

      »Was haben der Herr denn mit seiner ganzen Zeit angefangen, hm?«

      Er klaute sich eine Traube, als Stell ihm den Rücken zudrehte. »Die jungen Lomahongvas kamen vorbei, um ein Pfund Kaffee und weißes Garn zu holen. Sagten, der Großmutter geht’s schlechter. Tomas ist der Meinung, dass sie an demselben Übel leidet wie Claudine.«

      »Und das wäre?«

      »Zauberei.«

      Stell blitzte ihn ungeduldig an.

      »Sie sind Traditionalisten«, erläuterte Ted. »Könnte sogar was dran sein.«

      »Vielleicht bei der Lomahongva-Frau, aber Claudine ist so weiß wie frisch gefallener Schnee.« Sie drehte sich wieder zum Waschbecken um.

      Ted stibitzte noch eine Traube. »Mr. Larch Begay hat mir die Ehre eines Besuchs erwiesen.«

      »War er nüchtern?«

      »Nicht so, dass man es bemerkt hätte.«

      Gwen griff nach dem Kartoffelschäler. »Lass mich das machen, Stell.«

      »Vorsichtig«, sagte Ted. »Du willst doch nicht die Vitamine wegschälen.«

      Stell drehte sich gerade rechtzeitig um, um ihn beim Griff nach einer weiteren Weintraube zu erwischen. »Du weißt, dass ich das hasse, Perkins. Wenn du so verflixt ruhelos bist, trag doch das Gepäck der beiden in die Baracke.«

      Er schlurfte auf die Tür zu. »Übrigens, ich hab die quietschende Bettfeder repariert. Vielleicht können wir heute Nacht ein bisschen Spaß haben, ohne die gesamte Navajo-Nation davon in Kenntnis zu setzen.« Er ließ die Fliegengittertür hinter sich zuknallen.

      »Männer«, rief Stell. »Weiß nicht, warum ich bei ihm bleibe, außer dass er so einen süßen Hintern hat.«

      Stoner griff in die Einkaufstasche und reichte Stell eine Schachtel Pfeffer hinüber. »Eins muss man dir zugute halten, Stell. Du ziehst wirklich nette Männer an.«

      »Na ja, ich hab’s auf die harte Tour gelernt, wie alle anderen auch. Hab schon eine ganze Menge Frösche geküsst früher.« Sie schüttelte den Kopf. »Zauberei, ach du heiliger Strohsack.«

      »Worum ging es da?«, fragte Stoner.

      »Es ist eins von diesen Gerüchten, die von Zeit zu Zeit hochkommen. Die meisten der Leute hier glauben nicht mehr daran. Als ich als Kind hierher zu Besuch kam, gab es immer eine Menge Gerede darüber. Ich frag mich, was das jetzt wieder losgetreten hat.«

      Gwen ließ die Kartoffeln in den Kochtopf fallen. »Da seid ihr jetzt, vitaminlos.« Sie trug eine Tasche mit Einkäufen zum Kühlschrank und fing an, sie wegzuräumen.

      Mit den Händen in den Hüften marschierte Stell zu ihr hinüber. »Was machst du da, Owens?«

      Gwen sah hoch. »Ich helfe.«

      »Lass das.« Stell nahm ihr die Tasche weg. »Du wirst es sowieso falsch machen.«

      Stoner schloss die Hand um die Oregano-Dose, die sie gerade aufs Regal stellen wollte, und ließ sie auf den Tisch zurückgleiten.

      Stell ertappte sie dabei. »Mein Gott, wenn ich zu Hause in Timberline diese Art von Anarchie hätte, wär ich schon bankrott.«

      »Du bist ganz schön gereizt«, sagte Gwen.

      »Tut mir leid.« Stell gab ihr die Tasche zurück. »Von diesem Zauber-Gerede könnt ich Zustände kriegen. Beleidigt meinen Sinn für Ordnung.«

      Gwen räumte den Inhalt des Kühlschranks um. »Ich verstehe nicht, wie du von Ordnung reden kannst. In diesem Kasten herrscht völliges Chaos.«

      »Das reicht!«, rief Stell. »Raus. Alle beide.« Sie wedelte mit den Armen. »Raus, raus, raus!«

      »Lass mich das nur noch kurz ordnen«, sagte Gwen. »Es dauert keine Minute …«

      Stell schnappte sie am Kragen und zog sie vom Kühlschrank weg. »Raus! Bevor mein Temperament mit mir durchgeht.«

      »Komm schon«, sagte Stoner und zupfte sie am Ärmel. »Sie meint es ernst.«

      Stell scheuchte sie zur Tür hinaus. »Und kommt nicht wieder, bevor ich euch rufe, habt ihr gehört?«

      »Ja, Chef«, sagte Gwen und salutierte.

      Tom Drooley kroch unter der Scheune hervor, folgte ihnen bis zur Baracke und ging zurück unter die Scheune.

      »Hey«, sagte Gwen. Sie sah sich in der Baracke um. »Das ist ja süß.«

      Es war ein einziger großer Raum mit einem dickbäuchigen gusseisernen Ofen und Sackleinen-Vorhängen vor den Wandschränken. Ein Fenster ging nach Westen und eins nach Osten. Der Boden bestand aus abgetretenem Linoleum über groben Holzlatten. Die ursprünglichen Wandkojen waren entfernt und durch ein Doppel- und ein Einzelbett ersetzt worden. Das Doppelbett war bezogen.

      Gwen zog die Tagesdeckezurück. »Sehr subtil. Sie geht offensichtlich davon aus, dass wir im Doppelbett schlafen.«

      »Natürlich tut sie das.«

      Gwen