Entscheidung des Herzens. Barbara Cartland. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Barbara Cartland
Издательство: Bookwire
Серия: Die zeitlose Romansammlung von Barbara Cartland
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9781788670739
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ist’s wohl«, entgegnete der Graf, dem nicht entgangen war, daß Lord William dem Gratis-Champagner offenbar bereits reichlich zugesprochen hatte. Deshalb verkniff er sich weitere Fragen nach Elaine.

      Doch der Lord gab sich sehr redselig.

      »Ich hab’ dem Mädel geraten, sich einen reichen Gemahl zu angeln«, fuhr er mit schwerer Zunge fort. »Mir kann’s nicht schnell genug gehen, sie unter die Haube zu bringen.«

      »Sie sind ziemlich klamm, wie?« erkundigte sich der Graf mitfühlend.

      »Die Schuldeneintreiber rennen mir die Bude ein!« sagte Lord William finster. »Der Teufel soll das Pack holen! Immer trampeln sie auf einem herum, wenn man schon am Boden liegt!« Als habe sein umnebeltes Hirn erst jetzt erfaßt, mit wem er sich da unterhielt, fügte er hinzu: »Wenn Sie sie heiraten wollen, Charncliffe, meinen Segen haben Sie!«

      Das ging dem Grafen denn doch zu weit und zu schnell für seinen Geschmack; deshalb entfernte er sich schleunigst. Jedenfalls wußte er jetzt, daß Lord William seine ganze Hoffnung auf einen begüterten Schwiegersohn setzte, der für seine Schulden aufkam. Weil ihn das Ganze amüsierte, beobachtete der Graf Elaine Dale im weiteren Verlauf des Abends aufmerksam. Seiner Schätzung nach legte sie es darauf an, einen Verehrer gegen den anderen auszuspielen, bis sie schließlich an einen gelangte, dessen Vermögen ihren eigenen Ansprüchen und vor allem denen ihres Vaters gerecht wurde. In diesem Falle würde es keinen besseren Heiratskandidaten geben als ihn selbst, und die Wahrscheinlichkeit war groß, daß er das Rennen machen würde.

      Die Geschichten, die man sich über seinen unermeßlichen Reichtum erzählte, waren nicht übertrieben. Ihm gehörte Charn mit seinen fünftausend Morgen guten Oxfordshire-Boden, zudem nannte er das größte und vornehmste Stadthaus am Berkeley Square sein eigen, außerdem ein Haus in Newmarket, wo er seine Rennpferde zu trainieren pflegte, und ein weiteres in Epsom, dem umfangreiche Ländereien angeschlossen waren.

      Da Elaine Dale an diesem Abend keinen Tanz für ihn frei hatte und zudem seine Botschafterin seine ungeteilte Aufmerksamkeit für sich in Anspruch nahm, dachte er erst wieder an sie, als man im Club über sie sprach und Lobeshymnen auf sie anstimmte.

      Auf einer Dinnerparty in Devonshire fand er sich wenige Abende später als ihr Tischherr wieder.

      »Haben Sie sich neulich auf dem Beauchamp-Ball gut amüsiert?« fragte er sie.

      Elaine sah wieder reizend aus, obwohl er sich nicht erklären konnte, was ihren eigentlichen Charme ausmachte und worin sie sich von allen anderen Schönen an der Tafel unterschied. Es ging ein Strahlen von ihr aus, das die Blicke aller anwesenden jungen Männer anzuziehen schien.

      Statt der von ihm erwarteten Antwort, daß es ihr leid täte, keinen Tanz für ihn freigehabt zu haben, fragte sie zu seiner maßlosen Verblüffung: »Waren Sie auch da?«

      Einen Augenblick glaubte er, sich verhört zu haben. Er, der begehrteste Junggeselle der Gesellschaft, sollte auf dieses Küken vom Lande keinen Eindruck gemacht haben?

      »Allerdings war ich da«, erwiderte er ungehalten, »und ich hatte Sie auch um einen Tanz gebeten.«

      »Tatsächlich?« entgegnete sie gedehnt. »Bedauerlicherweise mußte ich so viele Tänzer abweisen, daß ich mich nicht mehr an jeden einzelnen erinnern kann.«

      Dieser Herausforderung konnte er nicht widerstehen. Er ließ seinen ganzen Charme und Witz spielen, um Miss Dale zu imponieren.

      Das Resultat war unbefriedigend. Sie hörte ihm zwar höflich zu und lachte über seine Scherze, aber ihre Augen ließen den gewissen Ausdruck vermissen, der Interesse an seiner Person bekundete. Auch wandte sie keinen der ihm sattsam bekannten weiblichen Tricks an, um sich seine Aufmerksamkeit für den Abend zu sichern.

      Eine Woche später erschien der Graf im Klub und wurde von einem seiner Freunde mit den Worten begrüßt:

      »Hast du dich über den neuesten Stand der Wetten informiert, Darril? Du liegst im Hintertreffen, mein Lieber! Hampton hat die Nase vorn.«

      »Wovon redest du eigentlich?« wollte der Graf wissen, der mit den Andeutungen nichts anzufangen wußte.

      »Ist dir denn noch nicht zu Ohren gekommen, daß man Wetten abgeschlossen hat, ob Hampton den Goldpokal gewinnen wird oder du? Mit Goldpokal ist natürlich unsere unvergleichliche Elaine gemeint.«

      »Würdest du dich gefälligst deutlicher ausdrücken?«

      »Ganz einfach«, erwiderte sein Freund lässig. »Wir haben das Wettbuch bemüht, um unsere Wetten aufzunehmen, wer bis Ende Juni der Auserwählte sein wird, der Elaine Dale den Ring an den Finger steckt.«

      Der Graf begab sich zu dem Regal, in dem das berühmte Wettregister des Klubs aufbewahrt wurde. Nach einigem Blättern fand er die Eintragung, auf die sein Freund angespielt hatte. Fast alle seine näheren Bekannten hatten sich an der Wette beteiligt. Tatsächlich hatte man ihn auf den zweiten Platz der Favoriten um Elaine Dales Gunst gesetzt, und das empfand er als ehrenrührig.

      Hampton konnte sich weder mit seinem Äußeren noch mit seinem Vermögen messen. Der Marquis war der Sohn des Herzogs von Wheathampton, aber er war ein häßlicher Vogel, trank zu viel und pflegte sich im Suff rüpelhaft zu benehmen. Allerdings konnte er einen gewissen Erfolg beim schönen Geschlecht für sich in Anspruch nehmen, und zwar nicht nur wegen seines Adelstitels, sondern wegen seiner direkten Überrumpelungstaktik, die er immer dann anwandte, wenn er eine hübsche Festung belagerte.

      Wenn sie so etwas mag, dachte der Graf verärgert, soll sie ihn haben! Das hätte ihn nicht weiter gestört. Verstimmt war er nur, weil im Wettregister auch die Namen seiner besten Freunde aufgeführt waren, deren Wertschätzung er sich sicher glaubte und die doch gegen ihn gewettet hatten.

      Noch am selben Nachmittag stattete er Elaine Dale in dem unscheinbaren kleinen Haus, das Lord William für die Saison gemietet hatte, einen Besuch ab. Sie erschien ihm noch reizvoller in dieser schlichten Umgebung und noch rätselhafter als bei ihren vorherigen Begegnungen.

      Sein Besuch setzte sie offensichtlich in Erstaunen, und er hatte das unbehagliche Gefühl, daß sie sich kaum noch an ihn erinnerte.

      »Gilt Ihr Besuch Papa oder mir?« fragte sie unbefangen, ohne sich offensichtlich der Taktlosigkeit bewußt zu sein, ihn mit ihrem Vater auf eine Altersstufe gestellt zu haben.

      Er zeigte sich von seiner charmantesten Seite und bemühte sich, eine angeregte Unterhaltung in Gang zu setzen. Seine Komplimente ließen sie tatsächlich zart erröten, doch als er sich verabschiedete und sich zu seinem vor der Haustür wartenden Phaeton begab, wurde er das Gefühl nicht los, daß sie ihn gleich wieder vergessen würde.

      Das war für ihn etwas so Ungeheuerliches, daß er den Entschluß faßte, mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln Elaine Dales Herz zu erobern. Auf keinen Fall würde er dulden, daß Hampton vor ihm die Ziellinie passierte.

      So belagerte er die Festung mit Blumen und Aufmerksamkeiten und gab sich alle Mühe, ihre Gunst zu erringen. Sein Eifer hätte bei allen Damen seiner Bekanntschaft fassungsloses Staunen ausgelöst, denn bisher war immer er der Vielumschwärmte gewesen.

      Es war ein offenes Geheimnis, daß in seinem Haus am Berkeley-Square Diener in den verschiedensten hochherrschaftlichen Livreen dem gräflichen Lakaien im Auftrag ihrer Herrinnen Billetts übergaben, die verführerisch nach Gardenien, Heliotrop oder Rosmarin dufteten. Daß die Briefschreiberinnen zum größten Teil verheiratet waren, gab dem Ganzen eine besonders pikante Note.

      Doch jetzt verfaßte der Graf selbst Liebesbriefe, ohne allerdings zu ahnen, daß seine Kuriere sich darüber lustig machten.

      »Diesmal hat’s ihn mächtig erwischt!« meinte einer seiner Stallburschen.

      »Wundert’s dich denn?« fragte ein anderer grinsend zurück. »Neben der seh’n doch alle andern aus wie olle Nebelkräh’n!«

      Der Graf wäre wütend gewesen, wenn ihm dieses Dienstbotengeschwätz zu Ohren gekommen wäre.

      Nach drei Wochen Belagerung hielt er die Zeit für gekommen,