Mörderische Bilanz. Christopher Stahl. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Christopher Stahl
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Триллеры
Год издания: 0
isbn: 9783482728716
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Was war da nun?”, wollte ich weiter wissen.

      „Der Brand verursachte nur einen geringen Schaden. Die Feuerwehr ist nicht weit entfernt und wurde offenbarauch unmittelbar nach dem Ausbruch des Feuers alarmiert. So konnte sie zwar die Flammen innerhalb kurzer Zeit unter Kontrolle bringen, aber den Hausbesitzer, einen 69-jährigen Deutschen, namens Conrad Hauprich, fand man tot in seinem Wohnzimmer. Dort wird nach dem ersten Stand der Ermittlungen auch der Brandherd vermutet. Die Leiche befand sich trotzdem noch in einem so guten Zustand, dass bereits der Notarzt, den man aus dem in der Nähe gelegenen Krankenhaus herbeigerufen hatte, erkennen konnte, dass der Tod nicht durch die Verbrennungen oder den Rauch, sondern wahrscheinlich durch mehrere Stichwunden verursacht worden war. Das wurde auch kurz danach von dem Polizeiarzt, der mit der Kripo eingetroffen war, bestätigt.

      Heribert Muñoz und der Fiscal …, das scheint wohl der Staatsanwalt zu sein?” Heribert sah mich fragend an.

      „Kann sein. So gut sind meine Spanischkenntnisse nun auch wieder nicht”, antwortetet ich gereizt. Ich wusste immer noch nicht, worauf das hinauslaufen sollte.

      „Na gut”, fuhr Heribert mit einer beschwichtigenden Handbewegung fort. „Er heißt Feliciano Garcia und leitet jedenfalls die Untersuchung. Man hatte zuerst wegen des Verdachts auf Brandstiftung ermittelt, dann aber die Untersuchung auf ein Tötungsdelikt ausgeweitet.

      Der Todeszeitpunkt war übrigens wegen des schnellen Einsatzes ziemlich genau zu ermitteln, plus/minus zehn Minuten.”

      Langsam dämmerte es mir, dass vielleicht der Tote der unbekannte Anrufer gewesen war. Aber weshalb sollte er telefonisch Kontakt mit mir aufgenommen haben? Was hatte ich mit ihm zu tun? Und, was mich noch weitaus mehr interessierte, wie hätten Heribert Muñoz oder Heribert Koman das wissen können?

      „Jetzt erklär mir doch endlich einmal, was in Dreiteufelsnamen dich dazu bewogen hat, mich zu dieser Sache zu befragen?”

      „Gleich weißt du es. Unweit des Hauses, auf dem Tisch einer Sitzgruppe im Garten, lag der aufgeschlagene Kalender von Hauprich. Laut einem Eintrag in seiner Handschrift hat er an diesem Abend einen Besucher erwartet. Die Eintragung war in Deutsch und lautete: 20.30 Uhr, letzter Mandant, E.-B., 250 000. Und jetzt kommst du ins Spiel.”

      Den nächsten Satz leitete er mit bedeutsamem Nicken ein. „Neben dem Kalender lag die Inselzeitung von Mitte August. Sie war umgefaltet bei einem Artikel über Hera Simonis. Darin ist unter anderem ein Darius Schäfer, Steuerberater in Bernheim bei Alzey erwähnt. Und dieser Name war dick unterstrichen. Am Rand ist eine Nummer gekritzelt – 0049. Das ist die Vorwahl von Deutschland. Und dann ….”

      Er hielt mir seine Notizen hin und deutete auf die Ziffernfolge, die mit einem Bindestrich von der Landesvorwahl getrennt war. „Lies selbst!” Seine Aufforderung klang fast beschwörend.

      „Mein Telefonanschluss! Das gibt‘s doch nicht!”

      „Doch, siehst du ja. Und jetzt, Darius, bist du dran!” Heribert legte sein Notizbuch zur Seite und lehnte sich zurück.

      „Ich bin erst einmal sprachlos”, entgegnete ich und atmete tief durch.

      „Das war es wert”, grinste Heribert zufrieden, erkannte jedoch sofort die Unangemessenheit seiner Bemerkung und schwächte sie mit einem entschuldigenden „Sorry, war nicht so gemeint, dafür ist die Angelegenheit zu ernst” ab.

      Ich dachte einige Sekunden nach. Hera Simonis! Sie war die Ehefrau des von seinen Mitarbeitern ermordeten Kollegen aus Alzey. Wir hatten im Umfeld der Aufklärung des Mordes mehrere Male miteinander zu tun gehabt. Ihre Ehe hatte an dem Tag aufgehört glücklich zu sein, als ihre kleine Tochter Corinna spurlos aus dem Garten der Großeltern verschwand. Jede Suche nach dem Kind blieb erfolglos. Es hatte auch nie Lösegeldforderung gegeben, so dass eine Entführung schließlich ausgeschlossen wurde. Während ihr Mann über die Jahre hinweg immer mehr verbitterte, wurde Hera Simonis krank.

      Man hätte erwartet, dass der grausame Tod von Peter Simonis zu ihrem endgültigen Zusammenbruch führen müsste, aber das Gegenteil war der Fall. In dieser traumatischen Situation war sie über sich hinaus gewachsen und hatte schließlich die Ermittlungsarbeit durch ihre Mithilfe wesentlich beschleunigt.

      Beatrice, meine geschiedene Frau, hatte die langjährige Leidensgeschichte der Witwe und ihren Weg in eine lebenswerte Zukunft zum Anlass für eine inzwischen erfolgreiche Sendereihe mit dem Titel „Wer nicht am Abgrund steht, dem wachsen keine Flügel” gemacht. Das hatte ein derartiges Aufsehen erregt, dass man Hera Simonis daraufhin geradezu vermarktet hatte. In Zeitungsartikeln und Talkshows hatte man sie zur Vorbildfigur für Menschen stilisiert, die sich nicht mehr mut- und kampflos ihrem Schicksal ergeben wollten.

      „Artikel!”, fuhr es mir durch den Kopf. „Heribert, was ist das für ein Artikel mit Hera Simonis und mir? Wir sollten sie umgehend anrufen oder aufsuchen und nachforschen, ob sie dazu etwas sagen kann.”

      „Das ist bereits geschehen. Ich habe heute Morgen mit ihr telefoniert und mit der Redaktion des Wochenspiegel inGran Canaria. Die haben tatsächlich in einer der letzten Ausgaben aller kanarischen Inseln über die Artikelserie von Beatrice berichtet. Dazu wurde im Nachdruck der etwas reißerisch aufgemachte Artikel, den ein Redakteur der Regenbogenpresse über Hera Simonis geschrieben hatte, verwendet. Da wird ihr ganzes Leben breitgetreten. Und zwar ziemlich voyeuristisch, wenn du mich fragst. Frau Simonis hat, wie sie mir gesagt hat, über Ihren Rechtsanwalt juristische Schritte gegen die Zeitschrift eingeleitet. Außer einer formelhaften Erklärung zum Pressegesetz und dem üblichen Blabla der Regenbogenpresse ist nichts dabei herausgekommen. Sie wusste nichts von dem Artikel im Wochenspiegel. Davon hat sie erst durch mich erfahren. Offenbar geht der noch mehr ins Detail als seinerzeit dieses Boulevardblatt. Und im Wochenspiegel ist auch die Rolle beschrieben, die du bei der Aufklärung des Mordes gespielt hast, mit Nennung von Ross und Reiter.”

      „Ja, jetzt ist mir die Sache vom Ablauf her schon etwas klarer, aber mir fehlt der Hintergrund. Was, bitte schön, habe oder hatte ich mit Herrn Haurich zu tun?”

      „Hauprich, Darius, mit p, Conrad Hauprich”, stellte Heribert richtig. „Was ich auf die Schnelle bisher herausbekommen konnte, ist Folgendes: Er führte als Steuerbevollmächtigter eine mittelgroße Kanzlei in Bingen-Büdesheim, die er vor etwa 25 Jahren verkaufte. Sagt er dir als Kollege etwas? Kann es sein, dass ihr euch schon einmal begegnet seid? Auf einer Fortbildungsveranstaltung, bei einem Vortrag oder einer Versammlung vielleicht?”

      „Nicht dass ich mich erinnern könnte. Ich bin ja auch erst seit 14 Jahren mit der Kanzlei in Bernheim.”

      „Hätte ja sein können.”

      Heribert sah wieder in seine Aufzeichnungen. „Anscheinend hatte er alle Zelte abgebrochen, denn seine Spur verlor sich in Deutschland ab dem Verkauf der Kanzlei. Aber genau zu diesem Zeitpunkt tauchte er mit seiner Familie auf La Palma auf. Dort besaßen sie schon zu einer Zeit, als es noch nicht in war, eine alte Finca, die sie danach im Laufe der Jahre zu einem ansehnlichen Anwesen umgebaut haben. Mit Blick auf das Meer, Swimmingpool und allem drum und dran. Muss eine tolle Lage sein – laut meinem Namensvetter und wie du ja auch schon beschrieben hast.”

      „Da hat er seine Kanzlei ja gut verkauft, wenn er seit 25 Jahren das geruhsame Leben eines Rentners genießen kann”, stellte ich mit etwas Sehnsucht fest.

      „Nur kein Neid, Darius. Im Gegensatz zu ihm kannst du das Leben noch genießen. Er hat nichts mehr davon. Außerdem hat er wohl auch auf La Palma gearbeitet und gut verdient. Heribert recherchiert noch. Hauprichs Frau, Ilona, ist vor vier Jahren gestorben und es existiert noch eine Tochter”, er sah wieder in seine Notizen, „Isabelle. Aber da gibt es offenbar einige Merkwürdigkeiten, zu denen mir Heribert auch noch nichts sagen konnte.”

      „Wenn du den Namen Heribert aussprichst, dann habe ich den Eindruck, als ob du von dir in der dritten Person sprichst. Sag einfach Eribert. Im Spanischen wird das H nämlich nicht gesprochen.”

      „Danke für die weitere Lektion Spanisch sprechen in fünf Minuten”, nickte Heribert mit gespieltem Ernst,