„Lange werden die Pferde diese Geschwindigkeit nicht mehr durchhalten“, meinte Friedrich.
„Bis zum Abend wird es noch gehen und bis dorthin werden wir sie haben.“
Als sie weiterritten, begegneten sie einem Bauern, der einen Ochsen mit einem Pflug im Schlepptau über ein Feld führte.
„Guter Mann, habt ihr einen Wagen mit Reitern vorbeikommen sehen?“
„Ja, heute Morgen habe ich welche gesehen. Sie sind nach Süden geritten.
Besonders schnell waren sie nicht. Ihr holt sie bestimmt bald ein.“
„Das ist eine gute Nachricht!“, rief Konrad und warf dem Bauern einen Heller entgegen, der ihn geschickt auffing.
„Los, weiter geht’s! Ihr habt gehört, was er gesagt hat. Bald haben wir sie!“
Konrad trieb sein Pferd an und der Bauer sah den Fremden erstaunt nach. Zu gerne hätte er gewusst, was die Männer von dem Wagen, der unter der Flagge des Herzogs Friedrich von Lothringen reiste, wollten. Er steckte den Heller in seinen Beutel, wischte sich über die Stirn und lenkte den Ochsen über das Feld.
Die Homburger folgten weiter ihrer Spur. Sie ritten vorbei an schier endlosen braunen Äckern, aus denen bald die Saat sprießen würde. In der Ferne sahen sie sanfte grüne Hügel und dichte Wälder. Der Nachmittag neigte sich dem Ende, als sie vor sich endlich Wagen und Reiter erblickten. Konrad trieb sein Pferd an, sodass weißer Schweiß von ihm troff. Die anderen hatten Schwierigkeiten, das Tempo mitzuhalten. Als er den Trupp fast eingeholt hatte, zog er sein Schwert aus der Scheide und schrie:
„Haltet sofort an!“
Die Reiter sahen sich erstaunt um und verlangsamten ihre Geschwindigkeit. Als sie sahen, dass der Verfolger sein Schwert gezogen hatte, nahmen auch sie die Waffen aus den Scheiden.
„Was wollt ihr von uns?“
Friedrich und die anderen hatten mittlerweile aufgeschlossen und ebenfalls ihre Waffen gezogen. Sie erkannten, dass es sich bei den Verfolgten um Ritter handelte, deren Brust das Wappen des Herzogs von Lothringen zierte. Auf dem Wagen befand sich eine große Holztruhe. Keine Spur war von dem Tuchhändler oder gar von Mechthild und Arnold zu sehen.
„Konrad, halt ein, ich befürchte, wir sind einer falschen Fährte gefolgt“, versuchte Friedrich seinen Vetter zurückzuhalten.
„Sagt endlich, was ihr von uns wollt?“, forderte einer der lothringischen Ritter.
Auch Konrad hatte erkannt, dass das wohl nicht die Entführer sein konnten, und ließ sein Schwert sinken.
„Das kann doch nicht sein! Wir sind geritten und geritten, immer der Spur eines Wagens mit Reitern hinterher. Aber ihr seid wohl nicht die Richtigen! Meine Frau und mein Sohn wurden entführt. Das war die einzige Spur, die wir hatten.“
Die Ritter sahen erstaunt zu ihnen herüber.
„Und wir dachten schon, ihr wolltet uns ausrauben. Einem anderen Wagen sind wir seit Gemünd in dieser Richtung nicht mehr begegnet.“
„Dann war das wahrscheinlich nur eine Finte. Bestimmt haben sie uns auf den Weg Richtung Süden gesetzt und sind dann in eine ganz andere Richtung davon.“
„Dann werden wir sie wohl niemals finden. Schon als wir aufgebrochen sind, waren alle Spuren vom Regen verwischt.“ Konrads Gesicht war die bittere Enttäuschung anzusehen.
„Es tut uns leid, dass wir euch nicht helfen können, aber wir müssen weiter nach Nancy zu unserem Herrn, dem Herzog von Lothringen. Sonst denken sie noch, wir wären überfallen worden.“
Die Ritter verabschiedeten sich und wünschten Konrad viel Glück auf seiner Suche.
„Was sollen wir nun tun?“
„Wir machen uns auf den Heimweg. Vielleicht haben die Entführer schon eine Lösegeldforderung gestellt.“
Die sieben Reiter kehrten um und ritten betrübt zurück. Als die Dämmerung eintrat, schlugen sie ihr Lager auf. Konrad konnte auch in dieser Nacht kaum Schlaf finden. Immer wieder fragte er sich, wo Mechthild und Arnold waren. Warum hatte man ausgerechnet sie entführt? Was wollten die Kerle von ihnen? Hoffentlich ging es ihnen gut und hoffentlich waren sie noch am Leben. Am Morgen packten sie ihre Sachen zusammen. Da die Pferde vom strammen Ritt der letzten beiden Tage müde waren, trabten sie langsam durch die Auen. Sie kamen an kleinen Dörfern und Gehöften vorbei und fragten überall nach einem Wagen mit Reitern. Diesmal hielten sie sich in ihrer Beschreibung genau an den Tuchhändler, doch niemand konnte ihnen einen nützlichen Hinweis geben.
„Ich glaube, wir sind ganz in der falschen Richtung unterwegs gewesen. So ein Fuhrwerk kann nicht unbemerkt bleiben“, meinte Wilher.
„Zuhause werden wir mehr erfahren.“
Sie ritten schweigend weiter und mussten noch ein weiteres Mal ihr Nachtlager errichten. Am Vormittag des nächsten Tages erreichten sie die Homburg.
Ritter Landolf hatte sie schon von Weitem aus dem Bergfried erblickt und kam ihnen entgegen.
„Habt ihr sie gefunden?“, fragte der groß gewachsene Ritter mit den ebenen Gesichtszügen, der die dunkelbraunen Haare kurz geschnitten und den Bart glatt rasiert trug.
„Nein, leider nicht. Wir sind einer falschen Fährte gefolgt. Wir haben gehofft, dass ihr hier Neues gehört habt.“
„Leider nein. Die Entführer haben sich nicht gemeldet.“
Konrad verzog enttäuscht sein Gesicht. Was sollten sie nur tun?
„Lasst uns erst einmal die Pferde in den Stall bringen. Sag den Männern, dass sie alle in den Bergfried kommen sollen. Wir werden besprechen, wie wir weiter vorgehen werden“, schlug Friedrich vor.
Als sich alle Ritter im Bergfried eingefunden hatten, überlegten sie gemeinsam, was zu tun sei.
„Wir müssen die Wege Richtung Bechhofen und Käshofen absuchen. Vielleicht haben sie ja eine ganz andere Richtung eingeschlagen. Auch müssen wir einen Boten nach Larochette schicken. Mechthilds Eltern sollten davon erfahren.“
„Das ist eine gute Idee. Einer der Knappen kann heute Nachmittag gleich losreiten.“
„Falls wir nichts finden, können wir nur abwarten und hoffen, dass doch noch eine Lösegeldforderung kommt.“
Konrad schickte ein Stoßgebet zum Himmel, dass sie bald etwas von den beiden hören würden.
„Lasst uns zum Mittagsmahl gehen“, schlug Friedrich vor und schob Konrad, der blass und verzweifelt aussah, aus dem Bergfried. „Komm Vetter, du kannst im Moment nichts für die beiden tun.“
Kapitel 3
Mechthild lag unbequem auf dem Wagen. Sie konnte nicht sagen, ob sie schon drei, vier oder fünf Tage unterwegs waren. Jeder Tag verlief gleich. Sie wurden auf das Fuhrwerk geladen und fuhren meilenweit, bis sie abends auf einer abgelegenen Lichtung ihr Lager errichteten. Warum hatte Konrad sie noch nicht gefunden? Manchmal überkamen sie Zweifel, ob er überhaupt nach ihnen suchte. Wer war nur diese Loretta, von der die Räuber gesprochen hatten? Sie hatte versucht, es aus ihnen herauszubekommen, doch niemand war auf sie eingegangen. Irgendwie kam ihr der Name bekannt vor, doch sie konnte sich nicht daran erinnern, wo sie ihn gehört hatte.
Plötzlich ließ das Ruckeln des Wagens, der sich seit einiger Zeit durch eine hügelige Gegend bewegte, nach. Der Lange lenkte ihn an eine versteckte Stelle und hielt an. So neigte sich auch dieser Tag dem Ende entgegen.
„Schlagt hier das Lager auf. Das ist ein guter Platz“, befahl Hartmut. Die Räuber stiegen von ihren Pferden und banden diese fest. Dann luden sie die Gefangenen ab und lockerten Fessel und