Das Erbe der Burgherrin. Sabine Müller. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Sabine Müller
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Историческая литература
Год издания: 0
isbn: 9783957444882
Скачать книгу
war, hielten sie auf einer Lichtung an und schlugen ihr Lager auf.

      „Leg dort hinten eine Decke für die beiden hin!“, befahl Hartmut dem Langen. Dieser tat wie ihm geheißen. Dann luden sie die Gefangenen ab und entfernten die Knebel.

      „Ich müsste mal dringend Wasser lassen“, sagte Mechthild und auch Arnold quälte ein dringendes Bedürfnis.

      „Also gut. Wir binden ihnen einen Strick um den Bauch, den wir an der Eiche festmachen. Dann können wir die Fesseln abnehmen und sie können ihre Notdurft hinter dem Baum verrichten“, schlug Wolfgang vor.

      „Ich kann doch die Gräfin abhalten“, erbot sich Smolek mit vor Gier funkelnden Augen.

      „Du sollst die Finger von ihr lassen! Wie oft soll ich dir das noch sagen?“ Hartmut warf einen Holzbecher nach dem Räuber.

      „Schon gut, schon gut! Ich wollte doch nur hilfsbereit sein.“

      „Du und hilfsbereit? Das ist das Erste, was ich höre!“

      Nachdem Mechthild und Arnold fertig waren, durften sie sich ohne Handund Fußfesseln auf die Decke setzen. Hartmut reichte ihnen einen Kanten Brot und ein Stück Käse und sagte an die Räuber gewandt:

      „Noch bis zur Donau werden wir euch begleiten, dann kehren wir um.“

      „Da müsst ihr uns vorher den Rest der Belohnung geben!“

      „Das werden wir, nur keine Angst! In Ulm werdet ihr den Rest kriegen, und wenn ihr eure Gefangenen gut behandelt, werdet ihr für sie noch einmal einen großen Batzen in Warna bekommen.“

      „Wenn wir nur schon in Warna wären! Die beiden werden uns unterwegs noch Ärger machen.“

      „Besorgt euch in Ulm bei einem Apotheker Mohntinktur. Die wird sie ruhigstellen, dann braucht ihr nichts zu befürchten.“

      Mechthild hörte mit Entsetzen zu. Hoffentlich würde sie Konrad rechtzeitig finden! Wenn diese beiden Ritter nicht mehr dabei wären, hätten die Räuber freie Hand mit ihnen und diese machten nicht den Eindruck, als ob sie wochenlang friedlich neben einer Frau schliefen, ohne sie anzurühren.

      „Heute Nacht hält einer Wache und passt auf, dass die beiden nicht versuchen zu fliehen. Hagen, du übernimmst die erste Hälfte!“, befahl Sveti.

      Die Räuber genossen ihren Wein und brauchten nicht lange, bis sie eingeschlafen waren. Hagen hielt das Feuer am Brennen und setzte sich so, dass er Mechthild und Arnold im Blick hatte. Auch die beiden schliefen bald. Arnold zuckte mehrmals im Schlaf zusammen und weckte dabei Mechthild. Diese legte jedes Mal tröstend den Arm um ihn.

      Am nächsten Morgen erwachte die Gräfin als Erste. Sie brauchte eine Weile, um sich daran zu erinnern, wo sie war und was geschehen war. Alle Knochen taten ihr weh, als sie sich vorsichtig streckte und aufsetzte. Ihr Bauch schmerzte, bis sie sich des engen Strickes gewahr wurde, der ihre Leibesmitte umschloss. Doch da war nicht nur der Strick, der drückte. Sie wurde von einer Welle aus Übelkeit geschüttelt. Schnell erhob sie sich und schaffte es gerade noch hinter die Eiche, um sich zu übergeben. Sie stützte sich mit der rechten Hand an dem starken Baumstamm ab und wischte sich mit der anderen Hand über die Stirn. Die Übelkeit war verflogen.

      „He, was machst du da, Weib?“, ertönte Smoleks Stimme.

      „Mir war es nicht so gut.“

      „Hat die sich erbrochen? Die wird uns doch jetzt nicht krank werden!“, rief der Lange.

      „Du hast wohl keine Bälger? Wenn es Frauen morgens schlecht wird, kann das nur eins bedeuten. Ein neues Balg ist unterwegs!“

      „Du meinst, sie ist schwanger?“

      „Ja, verstehst du es nun endlich?“

      „Stimmt es, du bist schwanger?“, wandte sich Hartmut an die Gräfin.

      „Ja, es sieht so aus.“

      „Wann wird das Kind kommen?“

      „Ich schätze, kurz vorm nächsten Winter.“

      „Wenn es noch so lange dauert, wird sie uns bis Warna kaum Probleme bereiten“, meinte Wolfgang.

      „Aber was wird sie uns schwanger bringen?“, wollte Hagen wissen.

      „Wenn jemand eine Amme sucht, sogar sehr viel. Mehr als anders. Dann ist es aber umso wichtiger, dass ihr behutsam mit ihr umgeht und das Kind nicht gefährdet. Haben wir uns verstanden?“, fragte Wolfgang die Räuber.

      „Ja, natürlich. Smolek behalten wir im Auge, damit er keine Dummheiten macht.“

      „Was heißt im Auge behalten? Greift euch mal besser an eure eigenen Nasen, Bartschneider!“

      „Jedenfalls wird Lorettas Rache dann noch größer sein“, sagte Wolfgang hämisch grinsend zu Hartmut. „Lasst uns was essen und dann gleich aufbrechen, wir wissen nicht, ob uns jemand in der Nähe der Burg gesehen hat.“

      Die Räuber beeilten sich und machten sich auf den Weg.

      Kapitel 2

      Den ganzen Tag waren sie durchgeritten. Kurz nach Blieskastel hatte ihnen ein Bauer berichtet, dass am Tag zuvor ein Wagen mit mehreren Reitern vorbeigeritten war. Das mussten sie gewesen sein! Konrad war sich ganz sicher. In Gemünd hatten am frühen Morgen Wagen und Reiter die Stadt nach Süden verlassen. Nun folgten sie dieser Spur.

      „Es ist schon spät, Konrad. Bald sieht man die Hand vor Augen nicht mehr. Lasst uns hier unser Nachtlager aufschlagen“, schlug Friedrich vor und zog die Zügel seines Pferdes an. Wilher, Lampert und die drei Knappen waren erleichtert über diesen Vorschlag. Der lange Ritt mit großer Geschwindigkeit hatte sie geschafft. Außerdem waren sie hungrig und durstig. Konrad zügelte ebenfalls sein Pferd, doch seinem Gesichtsausdruck war anzumerken, dass er am liebsten die Nacht durchgeritten wäre, damit er möglichst schnell Mechthild und Arnold wieder in den Armen halten konnte.

      „Also gut, lasst uns hier auf der Lichtung das Lager errichten.“

      Sie stiegen von den Pferden. Die Knappen sammelten Feuerholz und entzündeten ein kleines Feuer, um welches sie ihre Decken ausbreiteten. Wilher, ein ältere Ritter mit einem grauen Bart, packte den Beutel mit Brot und Speck aus und schnitt mit seinem Messer für jeden davon ab. Dazu tranken sie Wasser aus ihren Trinkschläuchen.

      „Die Entführer können höchstens einen halben Tag vor uns sein. Bestimmt haben sie schon viel früher gerastet und mit dem Fuhrwerk kommen sie nicht so schnell vorwärts. Spätestens morgen Abend müssten wir sie eingeholt haben.“

      „Ich hoffe, unsere Richtung stimmt.“

      „Gewiss. Ich vermute, dass sie Richtung Nancy reiten.“

      „Aber wie kommst du darauf? Sie könnten auch nach Metz.“

      „Ja, aber mein Gefühl sagt mir einfach, dass sie Richtung Nancy unterwegs sind. Sonst hätten sie Gemünd auf der anderen Straße verlassen.“

      „Da kannst du recht haben.“

      „Ich verstehe immer noch nicht, warum sie die beiden entführt und nicht einfach ausgeraubt haben.“

      „Hanricus haben sie zwar erschlagen, aber nicht ausgeraubt. Seinen Geldbeutel hat er noch gehabt“, mischte sich der junge Ritter Lampert ein, der sich nachdenklich über die braunen Bartstoppeln, die sein Kinn zierten, rieb.

      „Das stimmt. Es ist ihnen also nicht um Geld oder Schmuck gegangen.“

      „Aber was wollten sie nur? Wenn es ihnen um eine Frau gegangen wäre, hätten sie Arnold nicht mitnehmen müssen.“

      „Daran habe ich auch schon gedacht“, meinte Konrad und verzog wütend das Gesicht bei dem Gedanken, was diese Kerle wohl mit seiner Mechthild anstellen würden.

      „Lasst uns schlafen. Wir müssen bei Morgengrauen so schnell wie möglich aufbrechen.“

      Die Männer legten sich nieder.