Das Erbe der Burgherrin. Sabine Müller. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Sabine Müller
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Историческая литература
Год издания: 0
isbn: 9783957444882
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ich dachte schon, du würdest noch einmal zu mir kommen.“

      „Hättest du das früher gesagt, bevor ich mich angekleidet habe!“, lächelte Mechthild. „Ich gehe und wecke Arnold. Wir sehen uns beim Morgenmahl.“ Sie warf ihrem Gatten eine Kusshand zu und verließ die Kemenate. Konrad sah ihr bedauernd nach. Als er sich angekleidet hatte, begab er sich zum Rittersaal. Es dauerte nicht lange, bis sich die ganze Familie am Herrentisch eingefunden hatte. Sogar Leni wurde von Agnes hereingeführt.

      „Na, hast du gut geschlafen?“, wollte Konrad von ihr wissen.

      „Ja, mein Junge“, erwiderte sie. Die Schmerzen in ihren Knochen waren zwar besser geworden, seit sie hier auf der Homburg war, doch manchmal waren sie trotzdem so schlimm, dass sie kaum laufen konnte. Besonders am Morgen fiel es ihr schwer, doch sie wollte Konrad nicht damit belasten. Er war so zuversichtlich gewesen, dass sie hier auf der Burg von allen ihren Gebrechen geheilt wurde. Heute Mittag würde sie ein wenig Mohnsaft trinken, dann würde es erträglicher werden.

      Am anderen Ende des Tisches saß Arnold bei den Mädchen und zeigte ihnen, was für Kunststücke Ben schon gelernt hatte. Er hielt ihm ein Stück Schinken hin und ließ ihn Männchen machen.

      „Aber Arnold, du sollst ihn nicht hier bei Tisch füttern“, schalt ihn Margareta.

      „Das macht doch nichts, Großmutter, er isst doch sowieso immer mit mir.“

      „Irgendwann springt er noch auf den Tisch und klaut uns den Schweinebraten.“

      „Davon halte ich ihn schon ab, da musst du keine Angst haben.“

      Ben bellte kurz auf und wedelte mit dem Schwanz, als wollte er Margareta von seinem guten Benehmen überzeugen.

      „Mutter, hättest du Lust, heute mit mir und Ben einen Ausflug zu machen?

      Das Wetter ist so schön!“, wandte sich der Junge Mechthild zu.

      „Das habe ich mir fast gedacht! Deshalb habe ich schon Ritter Hanricus gefragt, ob er uns begleitet, nur für den Fall, dass Ben nicht alle Räuber in die Flucht schlägt“, meinte diese mit einem Zwinkern.

      „Dann können wir nach dem Morgenmahl gleich los?“

      „Ja, natürlich, es sei denn, dein Vater hätte etwas dagegen.“

      „Geht nur, solange Hanricus mitgeht, ist es in Ordnung. Aber fertig essen könnt ihr schon noch.“

      „Willst du nicht auch mitkommen, Katharina?“

      „Ja gerne! Als wir zuletzt mit euch an der Merburg waren, das war großartig! Mutter, darf ich?“

      „Das geht leider nicht. Wir wollen heute Maß nehmen, damit ich dir von dem Stoff, den ich gestern erstanden habe, ein schönes Kleid nähen kann.“

      „Muss das unbedingt heute sein?“

      „Aber Katharina! Zur Merburg könnt ihr jeden Tag.“

      „Dann musst du mir aber versprechen, dass ich morgen mitdarf.“

      „Ja, ich verspreche es dir,“ beschwichtigte Irmgard ihre Tochter.

      Arnold löffelte begierig seinen Gerstenbrei und trank einen großen Schluck Wasser. Dann wischte er sich mit dem Ärmel über den Mund, was ihm wieder einen tadelnden Blick von Jutta eintrug und sprang auf.

      „So Mutter, lass uns gehen.“

      „Geh du nur schon mal mit Ben auf den Hof. Ich hole uns in der Küche Proviant und Hanricus muss zur Waffenkammer, um sein Schwert zu holen. Wir treffen uns am Tor.“

      Arnold rannte hinaus und Mechthild aß fertig.

      „Der Junge ist ein richtiger Wildfang. Wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hat, lässt er sich nicht mehr bremsen. Von wem er das nur hat?“, fragte Irmgard scherzend.

      „Keine Ahnung, Schwester - ich sage Hanricus Bescheid, dass er sich fertigmachen soll. Wir sehen uns heute Nachmittag wieder.“ Mechthild gab Konrad einen Abschiedskuss und verließ den Rittersaal.

      Nachdem sie ein paar Sachen erledigt hatte, traf sie sich mit Arnold, Ben und Hanricus am Burgtor. Hanricus war ein großer und kräftiger Ritter. Er hatte dunkle, lockige Haare und trug den Bart kurz. Die Rüstung, die er angelegt hatte, war leicht, sodass sie ihn zwar schützte, aber trotzdem noch genügend Bewegungsfreiheit bot. Der Ritter stellte sich auf einen angenehmen Tag ohne große Aufregung ein. Er glaubte nicht, dass sie hier, so nah an der Homburg, jemand überfallen würde.

      Sie passierten den Ritterübungsplatz und schlugen den Weg in den Wald ein, der sie zur Merburg führte. Die Sonne schien herrlich und am Wegesrand blühten die ersten Blumen. Überall war Vogelgezwitscher zu hören. Ben schnupperte an jeder Ecke und hob an jedem zweiten Baumstumpf sein Bein, um ihn zu markieren.

      „Stell dir vor Mutter, wir würden das auch so machen. Da kämen wir gar nicht vorwärts.“

      „Das wäre ja schrecklich! Da können wir froh sein, dass wir keine Hunde sind!“, scherzte Mechthild. Das Frühlingswetter weckte in ihr den Wunsch laut zu singen, doch weil der Ritter dabei war, summte sie nur leise vor sich hin.

      Als sie endlich die Ruine der Merburg erreichten, ließen sie sich auf den Mauerresten nieder und Mechthild packte den Proviant aus. Sie schnitt mit ihrem Dolch Brot und Schinken auf und reichte Hanricus davon.

      „Siehst du, wie ruhig es hier ist? Nur Vogelgezwitscher ist zu hören und keiner Menschenseele sind wir begegnet.“

      „Das stimmt, Herrin, aber trotzdem kann man nie sicher sein, dass nicht doch ein Räuber unterwegs ist.“

      Hanricus legte sich entspannt zurück und biss genüsslich von dem Schinken ab. Arnold und Ben sprangen in der Ruine herum. Der Junge ließ den Hund überall schnuppern und erklärte ihm, was das früher einmal gewesen war. Dann führte er ihn an den Weiher. Ben rannte begeistert auf das Ufer zu. Vorsichtig trat er ans Wasser und stillte seinen Durst. Er wedelte mit dem Schwanz. Als eine Ente über das Wasser schwamm, konnte Arnold den Hund kaum davon abhalten, dieser hinterher zu schwimmen.

      „He, Ben! Bleib da! Das Wasser ist tief!“, rief er, doch auf einmal schien Ben eine andere Witterung aufgenommen zu haben. Er stellte die Ohren und hielt den Schwanz ganz ruhig. Aus seiner Kehle war ein Knurren zu hören und er starrte wie gebannt auf die Büsche am Uferrand.

      „Was ist nur los, Ben? Ist dort jemand?“

      Der Hund riss sich los und war kurze Zeit später im Gestrüpp verschwunden. Arnold rannte ihm hinterher.

      An der Ruine blickte Hanricus auf. Wohin waren die beiden so plötzlich verschwunden? Er erhob sich, trat an den Weiher und starrte angestrengt zu den Büschen.

      „Wo sind die beiden hin?“, fragte Mechthild besorgt und erhob sich ebenfalls. Die Sonne blendete sie, sodass sie die Hand über die Augen halten musste, als sie sich langsam in Hanricus Richtung bewegte. Sie erkannte gerade noch, dass der Ritter sein Schwert aus der Scheide ziehen wollte, als er, von einem Pfeil getroffen, niedersackte.

      „Hanricus!“, schrie Mechthild entsetzt. Sie eilte auf ihn zu, doch in nur wenigen Augenblicken war sie von einem Haufen übler Gesellen umringt und alles ging so schnell, dass sie später Mühe hatte, sich an den genauen Ablauf zu erinnern. Jemand gab Hanricus einen Hieb, sodass dieser wohl nicht mehr aufwachen würde, dann stürzten sich zwei der Kerle auf Mechthild, die wie am Spieß nach Arnold schrie. Sie fesselten sie an Händen und Füßen und einer steckte ihr einen Stoffstreifen in den Mund, den er mit einem weiteren Streifen fixierte. Dann trugen sie die Gräfin, die sich immer noch aus Leibeskräften wehrte, zu einem Fuhrwerk, welches nur wenige Schritte entfernt im Gebüsch wartete. Sie legten sie auf die Ladefläche, zwischen mehrere Ballen Stoff, wo bereits Arnold, genauso gefesselt, lag. Ben sprang um die Räuber herum, knurrte und bellte, doch diese ließen sich von dem kleinen Kerl nur wenig beeindrucken. Smolek versetzte ihm einen kräftigen Tritt, der ihn aufjaulen ließ. Geschwind machten sie sich auf den Weg.

      Engela musste für ihre Mutter Klara eine Besorgung auf dem Naunhof machen.