Wenngleich der amtliche Gebrauch der sorbischen/wendischen Sprache verboten wurde, so war diese Sprache längst nicht aus dem Alltag verschwunden. Noch heute sind zahlreiche Vokabeln mit sorbischer Herkunft in Anwendung. So hört man hier und da noch den Begriff Buwerzche für ein schlechtes Bett oder Lager. Einen miesen Rock nennt man Kittel (sorbisch kitel), ein paar schlechte Schuhe Latschen (von hlačiče = Strümpfe) und einen ungeschickten Menschen Platsch. Ein altes Weib wird auch heute noch oft als Bäbe (baba) bezeichnet. Wenn jemand schlecht Luft bekommt, sagt er häufig, dass er es auf der Plauze hat und meint damit die Lunge (pluco). Die meisten noch verwendeten sorbischen Begriffe finden wir heute im landwirtschaftlichen Bereich.
Quelle: Topographischer Atlas des Königreiches Sachsen 1847, Reproduktion E. Lange
So haben wir Tierbezeichnungen wie Basch für Schwein, Kunz für Eber, Mutsche für Kuh (muča), Putte für Huhn, Bielchen für Gänschen (pilo) oder auch Husche für Gans (huso). Das, was die Tiere hinterlassen, die Jauche, ist ebenso slawischen Ursprungs. Die in der Dreifelderwirtschaft übliche Brache hat ihren Ursprung im sorbischen Wort prahnu für trocken. Der zweite Grasschnitt, das Grummt, wurde in der Regel am Hieronymustag (wendisch growmus) gemacht. Auch die Peitsche (bič), Krietschel oder Krietscher für schlechtes Obst sowie der Plinsen (blinč) haben slawischen Ursprung. In der Milchwirtschaft kommen die Begriffe wie Schlickermilch und Quark, mundartlich bei uns „Quarch“ gesprochen, zu uns. Aus Quarch entwickelte sich der Querchel für einen langen Käse. Ist der Hausfrau beim Backen etwas misslungen, so ist daraus Kluntsch geworden. Zu essen gab es oft Mauke (muka = Mehlbrei). Beim Hausrat sollen hier der Bähnert für den Flechtkorb und die Hitsche für eine niedrige Bank genannt werden. Kleine Kinder legt man auch heute noch in die Haia schlafen und gibt ihnen zur Beruhigung einen Lutsch, Nuppel oder Zulp, nachdem man sie gründlich verhätschelt (hejčkam) hat. Wenn das Kind etwas größer ist, darf es sein Patschhändchen geben, während es schon einige Worte nuschelt. Sind die Sprößlinge noch größer und treiben Unfug, so wird ihnen gedroht: „Euch soll gleich der Popanz (popodač = Räuber) holen!“ In manchem Haus poltert auch heute noch ein Kobold (kubolčik) herum. Abends trafen sich die Männer öfter mal beim „Kretschmer“. So nannten die Sorben einen Schankwirt, und man kann davon ausgehen, dass die vielen Familien in unserer Gegend mit diesem Nachnamen sorbische Vorfahren mit eben diesem Beruf haben. Es gibt in unserem heutigen Sprachgebrauch noch wesentlich mehr Begriffe, die auf sorbischen bzw. slawischen Ursprung zurückgehen. Die vorgenommene Aufzählung nennt nur einige Beispiele.
Quellen und Literaturverzeichnis
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Internetquellen
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Archivalien
1. „Heimatbuch der Stadt Dahlen /Band I“, Heimatmuseum Dahlen.
Bildquellen
1. Bandkeramik: http://www.landschaftsmuseum.de
2. Schuhleistenkeil: Heimatmuseum Dahlen (Foto: Hartmut Finger).