Die Hochzeitskapelle. Rachel Hauck. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Rachel Hauck
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Религия: прочее
Год издания: 0
isbn: 9783865069641
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      Jedenfalls war das im Hause Clemson so. Wo Colette wohnte.

      Colette … Colette. Er bewegte den Namen in seinem Kopf hin und her und ließ dann Silbe für Silbe über seine Lippen streichen. „Co-lette.“ Ihr Name war so hübsch wie ihr Gesicht.

      Vielleicht konnte er noch mit Dad feiern, Popcorn essen, ein bisschen Radio hören. Dad war noch nicht in den Kreis der Fernsehbesitzer eingestiegen. „Der ganze Krach im Haus, wofür soll das gut sein?“

      Noch eine Meile bis nach Hause, eine Meile, während der er seinen Touchdown immer wieder erlebte. Jimmy wusste, dieser Moment würde ihm für den Rest seines Lebens bleiben. Und das brachte ihn dazu, mehr zu wollen.

      Er durchquerte die Hinterhöfe der Bostics und der Pilpotts, ging über die Straße und sprang schließlich die Stufen hinterm Haus zur Küchentür hinauf. Hinter ihm fiel die Fliegengittertür zu.

      „Hey, Daddy, bist du zu Hause?“ Jimmy drapierte seine Lettermanjacke über die Lehne eines Küchenstuhls und legte den Football in die leere Obstschale. Das Haus war dunkel, nur im Wohnzimmer brannte eine einzige Lampe. „Dad? Haben wir Popcorn?“

      Jimmy öffnete alle Schränke und durchforschte die Speisekammer. Leer. Wann waren sie eigentlich zuletzt einkaufen gewesen? Mist, er hatte sich irgendwie auf Popcorn eingeschossen.

      Er nahm den Football, um ihn seinem Dad zu zeigen, aber als er näher kam, sah er, dass sein alter Herr in seinem Sessel tief und fest eingeschlafen war. Ein Buch lag offen auf seiner Brust.

      Jimmy stupste vorsichtig seinen Fuß an. „Du kriegst noch einen steifen Nacken, wenn du so schläfst, Dad.“

      „Wa-was?“ Orie Westbrook schreckte mit einem Schnarcher hoch und fuhr sich mit der Hand durch sein dickes Haar. „Hallo, Sohn.“ Jimmy konnte das nicht wirklich beurteilen, aber er fand, sein Dad sah eigentlich ganz stattlich aus, vielleicht konnte man sogar von gutaussehend sprechen, so wie bei John Garfield oder so. Die Frauen in der Stadt schienen ihm alle immer einen zweiten Blick zu schenken, wenn er vorbeiging, und sie sagten seinen Namen immer irgendwie so süßlich. Heeeey, Orie. „Wann bist du denn nach Hause gekommen?“

      „Gerade eben. Der Coach hat mir den Game Ball gegeben.“ Jimmy ließ den Ball zwischen den Händen kreiseln und dann aufs Sofa fallen.

      Dad senkte die Fußstütze und schüttelte den Schlaf ab. „Gratuliere.“

      „Wie wäre es, wenn wir irgendwas machen, Dad? Du weißt schon, feiern und so.“

      „Was zum Beispiel?“ Dad ruckte mit dem Kinn zum Ball. „Ich kann eine Vitrine dafür bauen, wenn du willst.“

      „Klar, ja, das wäre super.“ Als passe sein Herrlichkeitsmoment in einen Glaskasten. Dads freundliche Geste nahm Jimmys Enthusiasmus die Luft.

      „Ich habe noch das alte Holz von den Bäumen, die wir gefällt haben, in der Scheune. Gutes, solides Walnussholz.“ Dad stemmte sich aus seinem Sessel hoch, streckte sich und gähnte. „Ist da noch was von der Erdbeer-Pastete übrig?“

      Dad war kein großer Koch, aber Pasteten liebte er, und deshalb hatte er die Kunst der Teigherstellung gemeistert. In dem Sommer, als Nana ihm das beibrachte, hatte Jimmy so viele trockene, verbrannte und wässrige Kirsch-, Apfel-, Erdbeer-, Pfirsich-, Pekanuss- und Kürbis-Pasteten gegessen wie noch niemals sonst in seinem Leben.

      Damals hatte er ihnen den Rest des Jahres abgeschworen. Aber heute? Dads Pasteten waren besser als die aus der Bäckerei.

      „Lass uns doch ins Kino gehen. Oder in die Milchbar.“

      „Den Film haben wir doch schon gesehen. Das wäre jetzt nicht einer, für den ich noch einmal einen Groschen ausgeben würde. Zu meiner Zeit hat das ja nur so viel gekostet, das Kino. Einen Groschen.“

      „Das hast du erzählt, ja.“

      „Und was soll ich denn in der Milchbar?“ Jimmy hörte, wie die Kühlschranktür aufging und wieder geschlossen wurde. „Morgen muss ich früh raus. Und du auch, Junge. Wir holen Steine aus Crawfords Feld. Ich werde deine Hilfe brauchen.“

      „Ich will aber nicht meinen ganzen Samstag damit zubringen, Kalksteine aus Crawfords Feld zu holen. Ich weiß auch gar nicht, warum du das machst. Du hast doch eine gute Arbeit als Gutachter. Ich weiß nicht, was du mit all den Steinen anfangen willst.“

      Sie hatten ihre eigenen gut vier Hektar Land, mit denen Dad nichts anderes anfing, als im Sommer mit einem Traktor darüberzufahren und das Gras zu mähen. Er hatte das Grundstück mit Kalkstein eingefasst, und das war’s dann auch schon. Ansonsten füllte er ihre Scheune mit Stein und Bauholz, ohne ersichtlichen Grund.

      „Achte auf deinen Tonfall.“ Dad kam mit einem Stück Pastete auf dem Teller ins Zimmer. „Man weiß nie, wofür die Steine eines Tages noch gut sind.“ Er betrachtete Jimmy. „Um sechs geh ich los. Sei bereit.“

      „Warum muss ich mir den Rücken krumm machen, meine Zeit vergeuden und deine Steine vollschwitzen?“

      „Weil das auch deine Steine sind. Hast du mal darüber nachgedacht, dass du vielleicht eines Tages heiraten und eine Familie haben wirst? Ich habe zweieinhalb Hektar, die ich dir geben will. Das Material, das ich sammle, das ergibt ein schönes Haus für deine Frau. Das spart auch ganz gut Geld. Na, jedenfalls wenn du irgendwann mal gut genug riechst, damit ein Mädchen mit dir ausgeht.“ Dad runzelte Stirn und Nase.

      „Hey, ich hab geduscht nach dem Spiel.“

      „Trotzdem musst du morgen früh um sechs fertig sein. Ich geb dir ein Frühstück bei Ella’s aus.“

      Essen war nur eine kleine Motivation, aber es reichte. „Dann will ich aber extra Speck“, sagte Jimmy, ging zum Fenster und ließ Dad sich sein Gebäck in den Mund schaufeln.

      Mit der Spitze des Footballs schob er die Gardine zurück und starrte in Richtung des Hauses der Clemsons. Drei breite Straßen entfernt war ein Mädchen, das sein Herz zum Flattern brachte, und das saß vielleicht gerade mit einem anderen Jungen auf der Couch.

      Eine Flamme der Eifersucht brannte sich durch die dünne Schicht Selbstvertrauen, die das Footballheldentum mit sich gebracht hatte. Colette war das einzige Mädchen, das ihm im Matheunterricht jemals die Konzentration geraubt hatte. Trotzdem hatte er noch nicht den Schneid aufgebracht, mit ihr zu sprechen, außer mal „Hallo“ oder „Tschüss“. Er musste irgendwie Mut zusammenkratzen, sonst würde er als alter Junggeselle enden wie sein Dad. Nachdem ihn seine Frau verlassen hatte, hatte er nie wieder eine andere auch nur in Betracht gezogen.

      Jimmy nannte sie nicht Mama. Weil sie nie eine gewesen war. Sie war nur eine Frau, die ein Baby zur Welt gebracht hatte und dann auf und davon war, um Ruhm und Reichtum zu suchen.

      Vom Fenster aus betrachtete Jimmy seinen Vater eine Weile. Der Stein, das Bauholz …

      „Dad“, sagte er leise, langsam. „Sie kommt nicht mehr wieder, weißt du?“ Sein alter Herr starrte auf seinen leeren Teller. „Ich weiß nicht, warum du deine Zeit damit vergeudest, deinen und meinen Rücken kaputtzumachen und Baumaterialien für ihr Traumhaus zu sammeln, wenn sie seit einem Dutzend Jahren nicht mehr hier aufgetaucht ist. Und wenn sie’s täte, würden wir sie überhaupt wollen?“ Jimmy ganz bestimmt nicht. Nur daran zu denken bereitete ihm schon üble Bauchschmerzen. „Wie wäre es denn mit Miss Jackson, die unten bei der Bank arbeitet? Die würde mit dir ausgehen, wenn …“

      „Ich warne dich, James Allen.“ Dad nannte ihn bei seinem vollen Namen und raubte Jimmys Draufgängertum den Schwung. Er benutzte nie seinen vollen Namen. „Du bist sechzehn, aber ich kann dich immer noch mit raus zum Holzschuppen nehmen, falls das nötig sein sollte.“ Dad ging in die Küche, und es klang, als hätte er seinen Teller in die Steingutspüle gepfeffert. „Verdirb dir nicht deinen großen Abend, werd nicht frech. Dein Opa hätte mich längst einmal durchs Zimmer geprügelt.“

      „Ich meine das nicht respektlos.“ Jimmy ließ sich unruhig