„Ich weiß es nicht. Ich hab einfach … ich hab‘s einfach gesagt. Vielleicht war das meine Reaktion auf Adam, weißt du? Kontrolle zu übernehmen, wo ich doch so lange ihm die Zügel überlassen habe.“
„Hast du ein Foto gemacht? Ich hätte so gern Gages Gesicht gesehen.“
„Ja, klar, ein Foto zu machen war mit mein erster Gedanke, als ich sagte, ich kündige. Er rannte raus, ich hätte also nur seinen Hinterkopf erwischt. Ich weiß auch nicht, Gracie.“ Susanna ging langsam auf die Rasenkante zu, wo das ordentlich gemähte Gras das Wildblumenbeet berührte, das sie gepflanzt hatte.
„Heute Morgen um drei bin ich mit einem Ruck aufgewacht und habe mich gefragt, ob ich den Verstand verloren habe. Aber als ich im Büro meine Sachen zusammengepackt habe, fühlte es sich an wie der größte Moment meines Lebens. Gage hatte ehrlich gesagt doch sowieso keine Arbeit für mich. Bei der Wirtschaftslage ist Landschaftsbau ein echtes Luxusgut.“
„Was hast du von Adam gehört?“
„Schweigen.“ Susanna warf einen Blick auf ihre Freundin, die gerade den letzten Orangenschnitz aß. „Was völlig in Ordnung ist. Was gibt es denn noch zu sagen? Ich fühle mich erleichtert. Als hätte ich zehn Jahre lang den Atem angehalten.“
„Ich bin mal so frei und sag dir, dass ich mir nie viel aus ihm gemacht habe.“ Gracie ging zum Gartenschlauch hinüber und fummelte an der Düse herum.
„Du Lügnerin! Du warst doch grün vor Eifersucht, als Adam und ich anfingen, miteinander auszugehen.“
„Das war in der High School. Jedes Mädchen wollte mit Adam Peters ausgehen.“
„Jetzt ist er wieder auf dem Markt, falls du interessiert bist.“ Susanna ging ebenfalls zum Gartenschlauch und wusch sich die klebrigen Hände.
„Als ob ich deine abgelegten Sachen wollte“, sagte Gracie und ging mit tropfnassen Händen zurück zu ihrem Stuhl. „Aber immerhin hattest du eine Beziehung, die gehalten hat, Suz. Ich habe längere Beziehungen zu meinen Schuhen als zu den Männern in meinem Leben.“
„Weil du dir in den Kopf gesetzt hast, dass jeder Mann da draußen wie dein Vater ist.“ Susanna stellte das Wasser ab und rollte den Schlauch auf.
„Nein, hab ich nicht“, sagte Gracie. „Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass sie noch schlimmer sind.“
„Von diesem Gedanken musst du einfach mal wegkommen.“ Susanna kehrte zu ihrem Platz auf der Terrasse zurück. „Du hast jeden Mann beurteilt und verdammt, noch bevor ihr euch vorgestellt und Telefonnummern ausgetauscht habt. Du musst mal loslassen, ein bisschen vertrauen. Einem Kerl auch mal ‘ne Chance geben.“ Sie lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und ließ sich auf das entfernte Brummen eines Rasenmähers ein, genoss das Aroma des frisch gemähten, sonnengetrockneten Grases.
„Mal loslassen? Ein bisschen vertrauen? Ha! Die Krähe schimpft den Raben schwarz, was?“
„Welche Krähe? Hier ist keine Krähe. Ich war zwölf Jahre mit demselben Typen zusammen.“
„Weil du einen Plan hattest.“
„Jetzt klingst du wie Adam.“ Susanna ließ ihren Arm über die Lehne baumeln und grub ihre Zehen in die Kante des Terrassengeländers. „Genug über mich geredet. Was ist mit dem Segler passiert? Mit dem, der mit seiner Jacht um die Welt segeln wollte?“
„Ethan? Den gibt’s noch“, sagte Gracie leichthin. Ein bisschen zu leichthin.
„Oha, es geschehen doch noch Zeichen und Wunder. Jetzt sind es, warte mal, zwei Wochen?“
„Drei.“
„Meine Damen und Herren, ich glaube, wir dürfen einen Rekord vermelden.“ Susanna setzte sich aufrecht hin und applaudierte ihrer Freundin.
„Okay, du kleine Klugscheißerin, vielen Dank auch. Wenn du es unbedingt wissen musst: Ich mag ihn. Sehr sogar.“
Susanna beugte sich in ihrem Stuhl vor, um ihrer Freundin die Hand zu drücken. „Ich freue mich für dich.“
„Und was ist mit dir? Was wirst du machen?“
„Über Adam hinwegkommen und Perspektiven entwickeln.“ Sie überlegte, ob sie ihre Faszination für ihren neuen Freund, Nate Kenneth, beichten sollte. Aber außer den zufälligen Rettungsaktionen gab es nicht viel zu erzählen. Sie hatte noch keine Worte für die Gefühle gefunden, die er in ihr weckte.
Er hatte Susanna am Montagabend zu Hause abgesetzt. Immer wieder hatte sie sich bedankt. Aber zu dem Zeitpunkt, als Liam in ihre Auffahrt fuhr, hatte ihre Beziehung ihren Höhepunkt erreicht.
Sie hatte gerade erst eine Beziehung hinter sich. Und in etwa einer Woche würde er nach Hause fliegen … ein Zuhause, das viertausend Meilen entfernt war. Was sollte da schon aus ihren Gefühlen für ihn werden?
„Ich bin froh, dass du so gut drauf bist“, sagte Gracie. „Weil ich einigermaßen schlechte Nachrichten habe. Tante Rue hat angerufen.“
„Oho. Was gibt’s?“ Susanna setzte sich aufmerksam hin und rieb sich die Sonnenwärme von den Oberschenkeln. „Hat sie das Haus verkauft?“
„Schlimmer. Sie kommt im Herbst auf die Insel.“ Gracie zog ihre Schultern bis zu den Ohren hoch.
„Und ich muss umziehen.“ Rue Prather war eine Modedesignerin, die in Alanta lebte. Sie vermietete das Haus an Susanna für kaum mehr als die Nebenkosten. Die einzige Fußangel war, dass Susanna eine andere Unterkunft finden musste, falls Rue eine Zeit auf der Insel verbringen wollte.
„Weil ich gerne Gastgeberin bin.“
„Von Oktober bis März.“
„Sechs Monate?“
„Du weißt, dass sie nicht so lange bleiben wird, Suz. Sie wird unruhig werden und wieder abreisen. Sie wird von einem neuen Designer hören, der Atlanta im Sturm erobert, und die Biege machen. Ich wette, sie kommt nicht einmal vor Thanksgiving hierher. Und ist an Weihnachten wieder weg.“
„Ich kann jedenfalls nicht für ein halbes Jahr ausziehen und hoffen, dass es nur für einen Monat ist. Wenn sie sagt, dass sie im Oktober kommt, muss ich spätestens im Oktober umziehen. Was mal echt lustig werden wird, wo ich doch gerade nur im Shack arbeite.“
In fünf kurzen Tagen war alles, was in ihrem Leben stabil und durchgeplant war, mit Karacho in sich zusammengefallen. Verschwunden.
Aber in der Tiefe ihrer Seele glaubte Susanna, dass da etwas Göttliches sich seinen Weg bahnte. Eine himmlische Veränderung geschah. Wenn sie es nur lange genug durchhielt, das Ergebnis zu sehen. Vielleicht hatte Daddy ja recht. Etwas Großes war unterwegs.
„Du kannst bei mir wohnen, wenn du möchtest.“
„Nein, vielen Dank. Dafür mag ich dich zu sehr.“ Sie hatte einmal mit Gracie zusammengewohnt. Gleich nachdem sie ihren Collegeabschluss gemacht hatte. Nie wieder. „Da zieh ich vorher mit in Auroras Zelt ein.“
„Ach wirklich, Suz. So schlimm war es auch wieder nicht.“
„Doch, das war es.“
Gracie lebte sehr raumgreifend. Grenzen waren verhandelbar. Sie breitete sich in der ganzen Wohnung aus. Susanna blühte mit Grenzen erst auf. Wenn alles an seinem Platz war. Vorhersehbar. Geordnet. Routine.
Nach ein paar Monaten war sie ausgezogen, um ihre geistige Gesundheit und ihre Freundschaft zu retten.
Ihr Gespräch drehte sich und verfiel in den leichten Rhythmus einer lebenslangen Freundschaft. Susanna brauchte Gracie nicht jedes Detail ihres Seelenlebens haarklein auseinanderzusetzen. Sie wusste darum. Sie wusste es einfach.
Gracie versorgte Susanna mit den letzten Neuigkeiten aus ihrem Schönheitssalon und darüber, dass ihre neu eingestellte Stylistin dachte, dass es eine freiwillige Sache sei zu arbeiten, wenn man