1010 Wien, Am Lugeck 4, Bäckerstraße 1, Sonnenfelsgasse 2 (U1, U3)
Seit 1990 befindet sich am Regensburger Hof eine Gedenktafel für Matthias Corvinus. Damit findet der ungarische Herrscher, der 1485 Wien nicht nur militärisch bezwungen hatte, sondern auch während seiner fünfjährigen Residenz viele positive, vor allem kulturelle Akzente für die Stadt setzte, eine späte Würdigung.
7. Einst hochragende
Mauern:
RESTE DER STADTBEFESTIGUNG
An drei Plätzen der Stadt haben sich Teile der Stadtmauern erhalten, die die einstige Wucht dieser Befestigungsanlagen erahnen lassen. Die Reste der Coburgbastei, der Dominikanerbastei und der Mölkerbastei sind die letzten Zeugen dafür, dass sich seit dem Hochmittelalter eine Mauer rund um die Stadt zog.
Die erste durchgehende Stadtmauer wurde um das Jahr 1200 errichtet, nachdem man für die Freilassung des in Wien gefangen genommenen Königs Richard Löwenherz eine stattliche Summe Geldes von England erpresst hatte. In den folgenden Jahrhunderten wurde an den Mauern nicht viel geändert. Und als Wien 1485 von den Ungarn erobert wurde, hatten nicht die Mauern versagt, sondern die Stadt wurde vor allem wegen des herrschenden Nahrungsmangels übergeben.
Die nächste große Bedrohung entstand für Wien durch das offensive Osmanische Reich, das seine Eroberungszüge bis unter die Mauern des „Goldenen Apfels“, wie Wien in der osmanischen Geschichtsschreibung bezeichnet wird, ausdehnte. 1529 standen die Türken erstmals vor den Toren der Stadt. Eilig waren damals die bestehenden Befestigungen verstärkt und ausgebaut worden. Nachdem das Heer von Süleyman dem Prächtigen, nach einer vergeblichen Belagerung und von Seuchen geschwächt, wieder abgezogen war, erfolgten bis in die Mitte des 16. Jahrhunderts noch weitere Neubauten an den Mauern. So wurde etwa die Dominikanerbastei erst 1544 errichtet.
Grundsätzlich wurden die Stadtmauern, soweit man das rekonstruieren kann, zuerst aus Erde angehäuft und dann mit Mauerwerk ummantelt. Im Bereich des Mauerzugs gab es immer wieder vorspringende Basteien, von denen aus der Feind von zwei Seiten unter Feuer genommen werden konnte. Zwischen den Basteien wurden – den Mauern vorgelagert – so genannte Ravelins errichtet, einzeln stehende Befestigungswerke, deren Kanonen das Vorfeld nach vielen Seiten bestreichen konnten. Die Höhe der Mauern lässt sich in etwa mit acht bis zehn Metern schätzen, zum Teil mögen sie höher gewesen sein, je nachdem, wie tief der Graben jeweils freigelegt wurde. Denn in Friedenszeiten war der rund 20 Meter breite Stadtgraben nichts anderes als eine große Mülldeponie. Bei den Restaurierungsarbeiten für das Palais Coburg wurden Reste der Dominikanerbastei gefunden, die bis zwölf Meter unter das heutige Straßenniveau reichen.
Den nächsten großen Schrecken erlebten die Wiener mit der Zweiten Türkenbelagerung 1683, als die Stadt tatsächlich beinahe erobert worden wäre. Denn den osmanischen Minen und Sprengsätzen waren die Stadtmauern nicht gewachsen. Lediglich das herannahende Entsatzheer konnte die Katastrophe im letzten Moment verhindern. Als Wien 1805 und 1809 von den Franzosen eingenommen wurde, spielten die Festungsmauern schon längst keine Rolle mehr, denn sie hätten den Kanonen ohnehin nicht standhalten können. 1809 ließ Napoleon eher zur Demonstration seiner Macht, denn zur Beseitigung einer gefürchteten Verteidigungsanlage die Burgbastei sprengen – die Befestigungen hatten endgültig ausgedient. Nun war es nur mehr eine Frage der Zeit bis zu ihrer totalen Schleifung, die mit kaiserlicher Order von 1857 eingeleitet wurde. Anstelle der Stadtmauern entstand der Prachtboulevard der Wiener Ringstraße.
1010 Wien, Coburgbastei, Dominikanerbastei, Mölkerbastei (Straßenbahn1, 2 und D) Stubenbastei (U3)
8. Die „Fenstergucker“
von St. Stephan:
KANZEL UND ORGELFUSS
Bis vor wenigen Jahren ging man in den kunsthistorischen Beschreibungen des Domes von St. Stephan davon aus, dass die beiden „Fenstergucker“, jene männlichen, sich aus dem Fenster lehnenden Figuren an der Kanzel und am Orgelfuß, von der Hand eines einzigen Meisters stammen, nämlich vom Dombaumeister Anton Pilgram, der sich beim Porträt am Orgelfuß mit seinem Monogramm MAP und der Jahreszahl 1513 verewigte.
Die stilistischen Unterschiede zum Fenstergucker an der Kanzel erklärte man mit unterschiedlichen Schaffensperioden des Meisters: Der Kanzelfuß und damit die ganze Kanzel seien ein Frühwerk Pilgrams, da das Porträt noch sehr formalistisch erscheint, während jenes am Orgelfuß deutlich realistischer ausgefallen sei.
Über lange Zeiträume wurde Ähnlichkeit mit Identität gleichgesetzt, und damit wurde die Kanzel in ihrer unglaublich filigranen räumlichen Konstruktion auch Meister Pilgram zugeschrieben.
Tatsache ist, dass sich wesentliche stilistische Divergenzen aber nicht nur mit verschiedenen Schaffensperioden erklären lassen. Mittlerweile lässt sich der Schalldeckel der Kanzel – er wird nun als Deckel des Taufbeckens verwendet – ziemlich eindeutig mit 1480 datieren, ein Jahr, für das es keinerlei Beweise für einen Aufenthalt Pilgrams in Wien gibt.
Für den Skulpturentyp des Fensterguckers existiert eine Reihe von Vorbildern in Frankreich. Überdies ist erwiesen, dass Niclaes Gerhaert van Leyden, der die Straßburger Kanzel, aber auch den Sarkophag Porträt des Meister Pilgram Friedrichs III. im Stephansdom schuf, sich bis 1487 in Wien und Wiener Neustadt aufgehalten hatte. Die Verwandtschaft der anderen Kanzelfiguren mit den Werken van Leydens ist stupend. Vor allem die fast entmaterialisierte Bearbeitung des Steins verweist eher auf ihn oder zumindest auf seine Schule.
Typischer Fenstergucker, neutrales Porträt
1010 Wien, Stephansplatz (U1 und U3, Autobus 1, 2 und 3)
Daher erscheint es zum gegenwärtigen Zeitpunkt als unbestritten, dass die beiden Fenstergucker in St. Stephan das Werk verschiedener Meister sind. Ob van Leyden oder einer seiner Schüler die Kanzel schuf, wird noch weiter zu erforschen sein.
„WO DIE KUH AM BRETT SPIELT“
UND ANDERE WIENER HAUSZEICHEN
Das seltsame Hauszeichen am Haus Bäckerstraße 12 erzählt nicht von einem erfinderischen Tierbändiger, der einer Kuh das Brettspiel beibrachte. Das Fresko, das um die Mitte des 17. Jahrhunderts entstanden sein mag, macht sich vielmehr über die Protestanten lustig. Es entstand zu einer Zeit, als in Österreich und vor allem in Wien schon längst die Gegenreformation gesiegt hatte. Andere Erklärungsversuche interpretieren das Fresko als einen bösen Scherz für einen Hausherrn.
Im Vorgängerbau des jetzigen Hauses wohnte zu Ende des 14. Jahrhunderts der Wiener Bürgermeister Konrad Vorlauf. Er erlangte traurige Berühmtheit, da er sich als Wiener Bürgermeister im habsburgischen Erbstreit zwischen Herzog Leopold IV. und Herzog Ernst wie alle begüterten Bürger der Stadt auf die Seite von Herzog Ernst gestellt hatte. Nachdem sich die beiden Kontrahenten geeinigt hatten, wurde Vorlauf auf Forderung der anderen Partei verhaftet und quasi als Sündenbock am 11. Juli 1408 hingerichtet. Er war damals etwa 73 Jahre alt. Bis zur Zerstörung 1945 gab es im Wiener Stephansdom eine Tafel zu Füßen des Friedrich-Grabes, die an ihn erinnerte.
Hausbezeichnungen wie „Wo der Wolf den Gänsen predigt“ – der Wolf steht für die „bösen“ Protestanten und die Gänse für die „guten“ Katholiken – (Wallnerstraße 11; das Original