Die Fahrt ins Nichts. Reinhold Eichacker. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Reinhold Eichacker
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Научная фантастика
Год издания: 0
isbn: 9783945574614
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hell auf.

      »Wer hier hineinsieht, dessen Seele fährt durch die Röhre hinauf in die Sterne und zerstäubt dort in zwei Zentner Atome, dass die ganze Welt niesen muss, ohne Pause...! Fort da von der Röhre, stoß nicht gegen den Tubus! Kerls! Wartet nur, ich drehe hier an diesen Schrauben...«

      Man hörte das Knacken von Schaltern und ängstliche Rufe.

      »Ihr verdient es nicht, Krokodilnasen, dass ich euch noch einmal verschone, aber wer seine fettigen Finger nicht von diesen Linsen hier lässt, den vergrößere ich, bis seine Eingeweide zerplatzen wie ein aufgeblasener Frosch! Finger weg!«

      Die Inder verstanden ihn nur zur Hälfte, aber sie standen mit offenen Mündern da, die einen lachend, die anderen mit ängstlichem Zweifel, und starrten hinauf zu dem zornigen Sprecher.

      Werndt lächelte Nagel verständnisvoll zu.

      »Ihr Don Ebro als Wachhund.«

      Der Redner hörte das Klirren der eisernen Tür. Sofort unterbrach er seine Schimpftirade und stellte sich in Positur. Unbeweglich, würdevoll, einen Fuß leicht nach vorne geschoben, als wolle er tanzen. Das gelbe Gesicht von Falten zerfurcht, ohne Regung, mit todernstem Ausdruck. Nur die pechschwarzen Augen lachten.

      Nagel gab ihm die Hand. »Wieder so zornig, mein Lieber?«

      Don Ebro zog den Fuß wieder an. Die Falten seines Ledergesichts machten einen hastigen Rundmarsch und standen dann wieder. »Wie soll ein galanter Spanier hier seine Würde behalten? Ich verstehe die Inder nicht, sie verstehen mich nicht, sie turnen mit unseren Röhren herum, wie mit Stöcken aus Bambus. Man wird den Angstschweiß nicht los, wie in Madrid im Juli - sennor mio -, dass sie etwas zerbrechen.«

      »Vorsichtig mit dem Konkavgitter, du Heupferd! Bobby, schaffen Sie das Uviolsystem und den kleinen Kometensucher in das Sternwartengebäude. Wo ist das Meridianinstrument?!«

      Seine hagere, schwarze Gestalt verschwand in einem Labyrinth von Kisten und Ballen, im Gedränge der Träger...

      »Eine Perle von Diener!« meinte Dumascu. »Seine Teilnahme an der Fahrt Ihres ‚Falken‘machte ihn zu einer internationalen Berühmtheit.«

      Werndt blickte befriedigt über die vollen Stellagen und blitzenden Tische. »Ich möchte mir noch die Kühlanlagen und unseren elektrischen Ofen ansehen. 1600 Grad soll er geben. Nur zwei Wochen noch, dann kann unsere Arbeit beginnen.«

      3

      In dem hohen Kuppelsaal des Sternwartengebäudes der Walter-Werndt-Stadt herrschte blauweißes Halbdunkel. Gespenstisch zeichneten sich die im Mondlicht glitzernden Silhouetten der Fernrohre und Riesenteleskope auf der weißen Wand ab. Wolkenschatten huschten über die halboffene Kuppel und ließen alle Umrisse verschwimmen in einem ständigen Gleiten und Wiegen, Schweben und Fließen...

      Ein leises Klirren, wie das Anschlagen einer Tür, sprang in die sonst lautlose Nacht. Ein schnell wachsender Schatten huschte quer durch den Raum und stand einen Augenblick mitten im Licht. Der scharfumrissene Kopf eines Mannes drehte sich gegen das Dunkel, - ein Papier flatterte sekundenlang vor seinen Augen. Dann glitt er zu dem langen 20-Zöller hinüber, dessen anderes Ende die Kuppel durchbohrte. Schalter knackten, Hebel wurden bewegt, ein leises Surren lief rund um den Raum. Wie zu einem einzigen Fabelwesen verwuchs die schwarze Gestalt mit dem glitzernden Rohr.

      »Tiens!« kam es nach einer Weile -- »merveilleux...!«

      Dann blieb es minutenlang still. Plötzlich riss die Silhouette jäh auseinander. Der Kopf des Mannes stand mitten im Licht der Sterne. Er lauschte nur wenige Sekunden.

      Dann schnellte der Schatten wie ein Spuk zur Seite und verschwand irgendwo in der grauen Dämmerung.

      Im gleichen Augenblick klirrte die eiserne Tür von draußen. Ein Schalter klickte, dann sprang helles Licht an.

      »Kommen Sie, Frau Mabel!« sagte Walter Werndt, während er den Turmsaal betrat.

      »Es ist das reinste Spukschloss, in das Sie mich führen«, kam es zurück. Eine jungen Frau stieg aus dem Halbdunkel des Aufzugs nach oben. Das flutende Licht beschien ein zartes Gesicht von auffallender Schönheit.

      Gleich hinter ihr kam Doktor Nage1. Seine Augen leuchteten beim Anblick des Saals. »Gibt es etwas Schöneres, Mabel, als eine Sternwarte im Mondschein? Das Mondlicht hat etwas Magisches, dazu die Dunkelheit der Nacht, die offene Kuppel, wie das Tor zum Rätsel der Schöpfung! Und wir Menschen dürfen diese Geheimnisse erforschen! Und doch verschlafen Millionen von Menschen Nacht für Nacht diese Wunder des Weltalls, sehen den Himmel nur wie ein Gemälde, wie eine stumme Kulisse, ahnen nichts von all dem Zauber da droben, vom Lauf der Planeten, von Geburt und Vergehen der Sterne - und sterben, sterben - ohne es je kennengelernt zu haben!«

      Seine junge Frau drückte ihm verständnisvoll die Hand. Die Erinnerung an den greisen Vater, den berühmten Astronomen Earthcliffe, und an die furchtbaren Ereignisse des letzten Jahres wurden wieder lebendig.

      Ihr Gatte erriet ihre Gedanken sofort. »Denke auch an die Nächte, die wir zwei in der Michiganwarte verbracht haben, an unsere Jupiterbeobachtung und an...«

      Sie legte ihm lächelnd die schmale Hand auf die Lippen. »Ich denke daran. Darf ich das Licht wieder ausdrehen, Mr. Werndt?«

      Werndt kam ihrer Bitte zuvor.

      Der leuchtende Umriss der Lampen versank wieder im Dunkel, blauweiße Nacht lag jetzt über der Gesellschaft.

      »Wir wollen uns ein wenig setzen«, lud Werndt ein und schob der jungen Frau einen Stuhl hin.

      Sein Assistent sah ihn erwartungsvoll an. Der Ingenieur wartete noch eine Weile.

      »Ich habe Sie nicht ohne Absicht noch zu dieser späten Stunde hierher geführt, meine Lieben«, sagte er langsam, mit ernster Stimme. »Man ist tagsüber so selten allein. Und ich habe Grund, das, was ich Ihnen heute sagen und zeigen möchte, vor Dritten geheim zu halten. Ich habe das Gefühl, dass ich verfolgt werde, belauscht werde- «

      Nagels Faust schlug auf die Lehne. »Dumascu! Also doch!«

      »Vielleicht Dumascu, vielleicht ein anderer. Jedenfalls er nicht allein. Schon vor einigen Wochen kam ein Mann - ich hielt ihn für einen Inder, einen Parsen wahrscheinlich - und versuchte, mich durch seltsame Angebote für ein Privatkonsortium zu gewinnen. Diesem Konsortium sollte ich meine bisherigen Forschungsergebnisse über den Meteoriten zur Verfügung stellen...«

      »Ist der Kerl größenwahnsinnig! Er wusste doch, mit wem er sprach!«

      »Sogar sehr genau. Als ich ihn abwies, bat er mich, ihm zu einem Fakir zu folgen, der mir wichtige Mitteilungen für meine Aufgabe machen könne«

      Mabel hörte mit großem Interesse zu. »Sie taten es nicht?«

      »Ich habe seine Aufforderung ignoriert und ihm schweigend den Rücken zugedreht. Als ich mich nach einiger Zeit umdrehte, war der Inder verschwunden. Aber an seinem Platz lag ein Zettel mit der Aufschrift: »Fürchte den Zorn der Herrin! Gehorche!«

      Nagel lachte laut auf. »Köstlich! Der reinste Krimi.«

      Werndt jedoch fuhr ernst fort zu erzählen. »Ich nahm es zunächst ähnlich auf und zerriss den Wisch. Heute, nach vier Wochen, fand ich den gleichen Zettel auf meinem Schreibtisch in Benares...«

      Nagel gab keine Antwort, er war nachdenklichlich geworden. »Wenn ich den Burschen erwische!« polterte er endlich los.

      Mabel fröstelte plötzlich.

      Werndt nickte ihr beruhigend zu. »Wir brauchen darum noch keine Gespenster zu sehen. Ich würde das Ganze auch für einen belanglosen Scherz oder die Drohung eines Irren halten, wenn mich diesmal mein Instinkt nicht so deutlich warnte.«

      »Ich habe dem Bulgaren schon gleich nicht getraut«, brachte Nagel seinen Unmut deutlich zum Ausdruck.

      »Ich habe gegen Dumascu bisher keinen Grund zum Verdacht. Wenn ich auch mit der Möglichkeit rechnen muss, dass er zu meiner Kontrolle