Der Sekretär unterbrach ihn. »Liegen Beweise für das Vorhandensein dieses Meteorkerns vor?«
»Ja. Es gelang dem deutschen Chemiker Werndt, ultrachromatische Platten in jene Ozeantiefe zu versenken und deutlich ihre Schwärzung festzustellen. Dagegen gelang es selbst mit den modernsten Geräten nicht, auch nur ein Körnchen der kosmischen Materie ans Tageslicht zu fördern.«
»Ausgenommen die Bruchstücke in Japan«, war der Einwand des Sekretärs.
»Diese ausgenommen«, fuhr der Japaner fort. »Nach dem Absturz fand man vor dem Regierungspalast in Tokyo einen Meteorblock von 2,5 Kubikmeter Umfang. Weitere Nachforschungen auf dem Lande förderten noch drei weitere Bruchstücke von 0,5; 0.75 und 1 Kubikmeter zutage. Aufgrund ihres Fundorts waren sie zunächst Eigentum Japans.«
»Wem gehören sie jetzt?«
»Dem deutschen Chemiker Walter Werndt.«
Zwischen den Augen des Sekretärs stand eine scharfe Falte. »Warum kaufte Abteilung Erz sie nicht an?«
Der Japaner duckte sich ein wenig unter dem Ton dieser Stimme. »Es geschah sofort, aber...«
»Aber?!«
»Der Kauf wurde von der japanischen Regierung für ungültig erklärt, um Rivalitäten der einzelnen Nationen zu vermeiden. Verschiedene Institute und Privatpersonen wollten die Bruchstücke ersteigern, es waren elf mit fast unbegrenzten finanziellen Mitteln. Die japanischen Regierung führte eine Volksabstimmung durch und diese gab dem deutschen Chemiker den Zuschlag.«
Der Belgier Cachin trommelte ungeduldig auf der Tischplatte. »Alles?!« entfuhr es ihm.
Sofort flammte ihn das Auge des Inders an, dass er zusammenzuckte.
»Alles. Mit Ausnahme des zweitgrößten Blocks, der am Tag vor der Volksabstimmung spurlos verschwand, und offenbar gestohlen wurde.«
Das Auge des Sekretärs glitt einen Augenblick über das Gesicht eines schwarzhaarigen Gastes, dessen Gestalt außergewöhnliche Körperkräfte und Gewandtheit verriet. Der Italiener lächelte flüchtig zurück.
»Es ist gut«, nickte der Weiße nach dem Japaner hinüber. »Sind die angekauften Stücke noch in Tokyo?«
»Sie wurden abtransportiert.«
»Wohin?«
»Das ist nicht bekannt. Jedenfalls aber nach Indien.«
Der Sekretär nickte und schrieb eine Zeile. »Danke. - Bergungsabteilung?«
Der athletische Italiener hob seine Schultern. »Bericht stimmt. Zweiter Block wurde geborgen.«
»Fahndungsabteilung?«
Der Aufgerufene erhob sich. »Der Transport Werndts ging nach Benares und war bisher ständig duch elektrischen Starkstrom gesichert. Mit internationalen Forschungsgeldern baut Werndt ein Riesenlaboratorium nördlich Benares. Ganze neuentstandene Stadtteile wurden mit Tausenden von Arbeitern besiedelt.«
»Wann wird das Laboratorium fertig sein?«
»In etwa zwei Monaten.«
»Danke. - Abteilung Chemie !« Der Belgier Cachin erhob sich vom Sessel. »Wir stehen mit diesem Meteor einem der größten chemischen Rätsel der Menschheit gegenüber. Die Strahlungen und Emissionen, die bisher festgestellt werden konnten, sind ganz eigentümlicher Art.«
»Wie wurden diese Strahlungen festgestellt?«
»Durch Spektralaufnahmen des Chemikers Werndt.«
Die bleichen Wangen des Inders überflog flüchtiges Rot. »Immer dieser Werndt!« zischte er. Doch er beherrschte sich sofort wieder.
»Durch Spektralaufnahmen des Chemikers Werndt, mit Hilfe dessen neuer ultrachromatischer Platte.«
»Bergungsabteilung!« kam es scharf von der Spitze des Tisches.
Der Italiener lächelte spöttisch. »Die Aufnahmen fanden statt in der Michigansternwarte in New York in den Wochen vor dem Absturz.«
»Und?«
»Wir haben eine Abschrift der Ergebnisse und 23 Platten gewonnen.«
Die Falte auf der Stirn des Inders verschwand wieder.
Cachin beugte sich vor. »Diese Platten gingen mir zu. Das Ergebnis wurde nachgeprüft. Wir stellten außer den Strahlungserscheinungen der uns bereits bekannten Stoffe oder chemischen Elemente wie Eisen, Chrom, Nickel, Silber, Platin, Gold, Kupfer und Natrium noch eine, uns bisher vollkommen unbekannte Strahlungsenergie fest, die bisher weder auf der Erde noch auf einem anderen Planeten entdeckt wurde.«
»Was schließen Sie daraus?« drängte der Sekrektär.
»Dass der abgestürzte Meteor ein vollständig neues Element enthalten muss, das bisher weder der Chemie noch den Astrophysikern bekannt war, und dessen Emanationen jedem Forscher den sofortigen Tod bringen könnten...«
»Oder Unsterblichkeit!«
Cachin hörte den Tadel heraus. »Gewiss«, stotterte er hastig. »Der Tod eines Einzelnen spielt auch gar keine Rolle gegenüber der Bedeutung dieses geheimnisvollen neuen Elementes, das -«
Seine Rede riss ab wie ein Faden. Das Licht im Zimmer war plötzlich erloschen. Alle saßen für wenige Augenblicke in undurchdringlichem Dunkel.
Dann flammte wieder Helligkeit auf. Alle Augen wandten sich nach dem Stuhl des Inders. An seiner Stelle saß eine fremde Gestalt. Eine indische Frau...
»Bitte sprechen Sie weiter, Herr Professor!« sagte sie mit einer tiefen, vollklingenden Stimme. Ihre großen, glänzenden Augen wanderten ruhig über die Gesichter der Gäste, als bemerke sie nicht die Verblüffung, die sich auf ihnen abzeichnete. Es dauerte einige Zeit, bis Cachin sich wieder gefasst hatte. Sein Blick irrte unwillkürlich zu Dumascu hinunter. Doch dieser bemerkte ihn nicht. Er hing an den Augen der Frau, die mit ihrer Schönheit und rätselhaften Ausstrahlung die ganze Gesellschaft in ihrem Bann hielt.
Der Belgier zwang sich energisch klar zu denken. Alles in diesem Zimmer, in diesem sonderbaren Haus schien dazu angetan, zu verblüffen, zu verwirren. Aber er wehrte sich dagegen.
»Ich bin der Überzeugung«, führte er den unterbrochenen Bericht zu Ende-, »dass die Bedeutung dieses geheimnisvollen, neuen Elementes für unsere Erde die aller bekannten Stoffe weit übertrifft.«
»Ich teile diese Überzeugung. Ich danke Ihnen.« kam es gelassen vom Kopf des Tisches. »Diese Überzeugung leitete auch meine weiteren Entschlüsse. Der Meteor und seine geheimnisvolle Materie muss unser alleiniges Eigentum werden. Bisher steht nur der zweitgrößte Block zu unserer Verfügung. Die Abteilung Chemie übernimmt die Erforschung. Die notwendigen Mittel stehen bereit. Jedes mögliche Experiment ist zu wagen. Menschenleben spielen keine Rolle, wie Sie sehr richtig bemerkten, Herr Professor.« Ein eiskalter, grausamer Blick, wie der eines Raubtiers, schoss zu dem Belgier hinüber.
Er antwortete nur mit einer stummen Verbeugung, aber seine Lippen zitterten.
Die Frau ihm gegenüber drehte den makellosen Kopf zur Seite, als spräche sie zu einem Unsichtbaren.
»Aber diese Versuche werden erst beginnen, wenn ich es befehle. Die ersten Experimente sind dem Chemiker Werndt zu überlassen. Ich nehme an, dass sie ihm den Tod bringen werden. Ich habe vergeblich versucht, diesen Mann für uns zu gewinnen« - heißer Zorn lag plötzlich in ihren Zügen -, »er hat meinen Agenten abgewiesen. Infolgedessen wird er unfreiwillig für uns arbeiten. Paris - Ingenieurabteilung?«
Dumascu erhob sich lässig.
»Sie werden als Vertreter der internationalen Kommission bei dem technischen Aufbau des Laboratoriums mitwirken. Ihr Patent erhalten Sie heute. Sie werden sich ständig in nächster Nähe Walter Werndts halten, und über jedes Experiment sofort ausführlichen Bericht erstatten.«
Der junge Bulgare errötete unter dem herrischen Ton dieses Befehls. Wie kam diese Frau