Umschau 6: Die Lösung
Der erwachsene Jons erzählt in der Familie seines Königsberger Professors von seinem Heimatort. Die Dame des Hauses wendet sich an ihn. „, Ein sonderbarer Heiliger sind Sie‘, sagte sie seufzend … ‚Ich denke mir, dass Ihr Eulenwinkel gar nicht mehr in Deutschland liegt …‘ ‚Doch!‘ betonte Jons ruhig. ‚Unter 22 Grad östlicher Länge und 53 1/2 Grad nördlicher Breite.‘“81
Nun wissen wir es ganz genau. Jedoch: Der also definierte Punkt liegt 20 km südöstlich von Johannisburg, während unser Sowirog südwestlich liegt. Überdies befindet er sich südlich der alten Grenze zwischen Deutschland und Polen, um noch exakter zu sagen: Er liegt im damaligen Russisch-Polen, nämlich in der Nähe der Dörfer Danowo und Filipki Duźe, unweit der Höhe 160, ein ganzes Stück von der Johannisburger Heide entfernt. In der Nähe gibt es kaum Wald, keinen See. Das einzige Gewässer ist der Wincenta-Bach, etwas weiter nördlich. Er bildet hier ein Stück der jahrhundertlang unveränderten Grenze zwischen Preußen/Polen, bzw. zwischen Deutschem Reich/Russland.
Da stehen wir nun und sehen uns an. Hat uns der Autor an der Nase herumgeführt? Uns und die Professorengattin? Vielleicht schließt uns der dem Gespräch folgende rätselhafte Trinkspruch des Professors die Tür zum Verständnis auf? „Der Professor seufzte nicht, wie Jons es sich angewöhnt hatte, aber er blickte eine ganze Weile auf die Tür, durch die seine Frau verschwunden war. Dann holte er aus einem Nebenraum eine Flasche und goss den roten, schweren Wein in zwei Gläser. Er hielt sein Glas lange in der Hand, ließ das Licht der Lampe sich darin spiegeln und stieß es dann leise an das andere. ‚Auf Ihr Dorf, Jons Ehrenreich!‘ sagte er feierlich. ‚Das unter dem Mondgebirge liegt.‘“82
Das wird es sein, das Sowirog unter dem Mond, fern von dieser Welt, nirgendwo und uns Masuren doch so nahe. Unter die Sterne setzt es der Autor, Symbol für das bevorstehende Verschwinden alles Masurischen? Schwindel also? Mitnichten! Wiechert tat nur das Gleiche, was zum Handwerk des Schriftstellers gehört. Was auch ein Goethe machte, als er seine Autobiographie „Dichtung und Wahrheit“ nannte, die Dichtung stellte er voran. Mindert das den literarischen wie den heimatkundlichen Wert des Werkes? Ich denke - Nein! Das ist eben ein guter Roman. Er verführt uns so sehr, dass wir die Erfindung gar nicht erkennen. Im Gegenteil, die gut gemachte Fiktion lässt uns glauben, dass wir die volle Realität erleben.
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