Torus der Tloxi. Matthias Falke. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Matthias Falke
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Научная фантастика
Год издания: 0
isbn: 9783957770301
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sagte sie. »Länger dauert es nicht.«

      Ich schielte nach der Uhr.

      »Du müsstest nur auf das Frühstück verzichten.«

      »An einem solchen Tag!«, entfuhr es mir. »Und wenn mir nachher auf der Tribüne komisch wird?«

      Sie deutete mit den Fingerkuppen einen zärtlichen Klaps auf meine linke Wange an.

      »Dir wird nicht komisch. Tu es für mich. Nur dieses eine Mal …«

      Was redeten wir überhaupt? Es war ja längst entschieden! Und während wir auf den Gang hinaustraten und uns auf den Weg zur Schleusenkammer machten, setzte sie noch hinzu:

      »Du bekommst auf der ENTHYMESIS auch eine Schokoladenmilch!«

      Ich ließ mich in den Kommandantensessel fallen und aktivierte die gravimetrischen Gurte.

      »Frei schweben!«, sagte ich lustlos. »Dann Kursbestimmung und Kleine Fahrt!«

      Ich rührte in meinem Kaffee, der in einem Becher aus selbsterhitzendem Elastin schwappte. Den hatte ich mir auf dem Weg durch die Messe noch schnell aus dem Automaten lassen können. Jennifer hatte sich allen Ernstes für eine Schoko-Knoblauch-Milch entschieden.

      Das Schiff begann zu booten. Draußen räumten die Tloxi-Techniker die Serviceschläuche weg. Der Tankstutzen fuhr zurück und versenkte sich in der Plasmakammer der Orbitalstation.

      Vor mir schnalzte Jennifer agil auf ihrem Pilotensitz und ratterte mit der Rechten ihre Kennungen in die Konsole. Dann hackte sie die Kürzel der Vorstartroutinen in den Computer. In der Linken hielt sie dabei ihren ekelhaften Frühstücksdrink, aus dem sie hin und wieder laut schlürfende Schlucke sog.

      »ENTHYMESIS klar zum Abheben«, sagte sie nach einer Weile.

      Die Automatik löste die Gravikupplungen, die den Explorer an der Landeplattform von Rogers’ Modul festgehalten hatten. Durch das Nachgeben der Federungen, die in die sechs klobigen Füße unseres Gefährtes eingelassen waren, stieß es sich ab und schwebte langsam auf. Jennifer wartete, bis die Station einige Hundert Meter unter uns abgefallen war. Dann gab sie Kleine Fahrt auf das Haupttriebwerk und drehte nach Backbord ein.

      Vor uns lag die gewaltige, von blaugrünen Wolkenstrudeln bedeckte Halbkugel des Neptun, zum kleineren Teil von der fernen Sonne angeleuchtet. Der größere Teil lag im Dunkel und hob sich schemenhaft vom Sternenhintergrund ab. Davor wanderte die kleine Sichel des Triton scheinbar noch immer in den Planetenschatten hinein. Da die kosmische Baustelle samt Rogers’ Station und der Tloxi-Sonne auf die Lagrangepunkte des Trabanten ausgerichtet waren, folgte ihm der gesamte Apparat auf seiner gemächlichen Wanderung um den Gasriesen herum.

      Jennifer drückte die Schnauze der ENTHYMESIS nach unten und beschleunigte auf lächerliche 60 oder 70 Mach. Ich lehnte mich zurück und nuckelte an meinem Kaffee, der nach aufbereitetem Wasser und altem Elastin schmeckte.

      »Manuelle Steuerung«, sagte sie. Aber das war lediglich fürs Protokoll. Da unser Ziel schwerlich einen Leitstrahl senden würde, blieb ihr nichts anderes übrig, als die ENTHYMESIS von Hand zu fliegen. Denn eine formelle Kursberechnung lohnte für die paar Kilometer nicht.

      Ich sah zur großen Bugscheibe hinaus. Der Torso der MARQUIS DE LAPLACE II kam rasch näher. Die filigranen Stahlstrukturen glitzerten im Licht des künstlichen Sterns, der in unserem Rücken flammte. Dann hupte auch schon die Automatik.

      »Einkommender Ruf, nur für den Kommandanten!«

      »Freigeben«, sagte ich. »Hier spricht der Kommandant!«

      Es knackste in der Leitung, als die Automatik die hereinkommende Anfrage durchschaltete. Dann war die unpersönliche Stimme des Tloxi-Kontinuums zu hören, bei der man unwillkürlich immer die harten grünen Augen und die maskenhaften Gesichter dieser Wichte vor sich sah.

      »Hier spricht die Bauleitung! Identifizieren Sie sich! Sicherheitsabstand für Schiffe der Lambda-Klasse fünf nautische Kilometer!«

      Jennifer konnte ein Prusten nicht unterdrücken. Ich rang mir ein Schmunzeln ab. Mit einem Tastendruck auf den kleinen Monitor in meiner Armlehne gab ich die verschlüsselte Kennung frei, die unsere IDs samt sämtlicher Daten der ENTHYMESIS überspielte.

      »Commander Frank Norton«, sagte ich laut. »Erbitten Einflugerlaubnis in Servicekorridor!«

      Es knisterte. Immer überlegte man sich ja, wer da jetzt mit wem beratschlagte und wer am Ende die Entscheidung traf. Es dauerte jedenfalls ziemlich lange, bis die kollektive Superintelligenz sich zu einer Antwort herabließ.

      »Der Servicekorridor ist nur für Servicefahrzeuge geöffnet. Laut den offiziellen Frachtpapieren des Explorers ENTHYMESIS führen sie weder Personal noch Material an Bord, das in den Aufstellungen der Servicekräfte verzeichnet wäre. In diesem Fall benötigen Sie eine Sondergenehmigung …«

      Jennifer schüttelte unwillig den Kopf. Ha! Das war die trotzige Bewegung, die ihr in Jahrzehnten zur Gewohnheit geworden war. Normalerweise hätte sie ihr den Pony aus der Stirn gewischt, und ihr Pferdeschwanz hätte ihre Schulterstücke gefegt. Davon konnte heute keine Rede sein. Nackt leuchtete ihr weiß rasierter Nacken vor dem polarisierten Sichtfeld, auf das die Automatik die Daten unserer Annäherung projizierte.

      »Die wissen wohl nicht, wen sie vor sich haben!«, schimpfte sie.

      Wir kamen jetzt schon ziemlich dicht heran. Cargodrohnen und die kleinen Scooter der Bauingenieure kurvten im Raum über der kilometerlangen Großbaustelle herum.

      »Sondergenehmigung erteilt«, sagte ich müde, um dem Firlefanz ein Ende zu bereiten.

      »Sir?« Das Tloxi-Kontinuum schien verblüfft. Nun, auch das musste man erst einmal hinbekommen. »Sind Sie dazu autorisiert?«

      »Hier spricht Frank Norton«, sagte ich. »Kommandant der MARQUIS DE LAPLACE im militärischen Rang eines Commodore, derzeit ranghöchster Offizier in diesem Gebiet …«

      »Noch nicht«, kicherte Jennifer leise vor sich hin.

      »… und ich erteile mir hiermit selbst die Sondergenehmigung, den Bauplatz zu besichtigen!«

      Obwohl ich nicht daran glaubte, dass sich das telepathische Medium der Tloxi auf uns übertragen konnte, meinte ich in diesem Augenblick, so etwas wie ein tausendfaches Innehalten zu spüren. Tausende metallene Hände verhielten für einen Moment in ihrer rastlosen Tätigkeit. Tausende grün schimmernde Augenpaare richteten sich synchron nach jenem kleinen Lichtpunkt aus, der auf die gewaltigen Stahlskelette herabschwebte.

      »Entschuldigen Sie, Sir«, surrte es unpersönlich aus der Automatik. »Wir wussten nicht, dass …«

      »Ich war noch nicht fertig«, donnerte ich, jetzt im Kasernenhofton. »Pilotin dieses Fluges ist Jennifer Ash, Kommandantin im Rang eines Commodore, die die MARQUIS DE LAPLACE II nach ihrer Fertigstellung als Oberbefehlshaberin übernehmen wird!«

      Ein Mensch hätte jetzt eine Niederlage herunterzuschlucken gehabt. Seine Antwort hätte einen Unterton gehabt, sei es einen beleidigten, sei es einen speichelleckerischen. Bei den Tloxi konnte davon nicht die Rede sein.

      »Es ist uns eine Ehre«, fuhr das Kontinuum unbeeindruckt fort, »Sie auf der Baustelle begrüßen zu dürfen.«

      Das Geschmeicheltsein klang ebenso wenig überzeugend wie zuvor die einschüchternd gedachte Strenge. Für einen Augenblick blitzte die Überlegung durch meinen Schädel, was geschehen wäre, wenn wir uns nicht ausgewiesen hätten. Hätten sie uns abgeschossen? Meines Wissens war das hier Hoheitsgebiet der Union, die als Bauherr beider Schiffe auftrat. Die Tloxi waren lediglich die ausführenden Techniker. Dennoch schienen sie sich als die legitimen Eigentümer anzusehen.

      »Bitte gehen Sie längsseits und warten Sie, bis wir Ihnen einen Landeplatz zugewiesen haben. Welcher Bereich interessiert Sie besonders?«

      Ich tauschte mit Jennifer, die ihren Sessel herumgeschwenkt hatte, einen fragenden Blick. Aber sie schüttelte nur den Kopf und hob dabei das linke Handgelenk, an dem ihre kleine Sternenuhr prangte.

      »Vielen