Von der Weisheit und vom Brauchtum unserer bäuerlichen Vorfahren. Dieter Kremp. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Dieter Kremp
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Историческая литература
Год издания: 0
isbn: 9783961450008
Скачать книгу
früher

      Früher waren Hausschlachtungen ein fester Bestandteil des bäuerlichen Jahresablaufes. Traditionell waren November und Dezember die Monate der Schlachtfeste, um genügend Fleisch und Wurst für den Winter zu haben und weil die Lebensmittel in der kälteren Jahreszeit besser haltbar waren. Am Vortag wurden umfangreiche Vorbereitungen getroffen. Man brauchte Töpfe, Schüsseln, Schürzen, Tücher, Gewürze und Kräuter. Auch die Leitern zum Aufhängen der Schlachthälften durften nicht fehlen.

      Am Schlachttag selber wurden viele helfende Hände benötigt, denn Fleisch, Eingeweide und Blut mussten noch im warmen Zustand zu verschiedenen Wurstsorten verarbeitet werden. Leberwurst, Schwartenmagen, Presskopf und Blutwurst fehlten auf keiner Schlachtplatte. Es wurde Fett ausgelassen, eingesalzen, gepökelt und geräuchert. Im ganzen Dorf roch es nach Kesselfleisch und Wurstsuppe.

      Nach getaner Arbeit standen die Schweinehälften senkrecht an Leitern gebunden zum Auskühlen an der Hauswand. Hing das Schwein an der Leiter, wurde nach alter Tradition eine Runde Korn ausgeschenkt. Alle Helfer wurden mit Naturalien in Form von Fleisch und Wurst vom frisch geschlachteten Schwein bezahlt.

      Hatte man am Kalender einige günstige Tage für die Schlachtung ermittelt, wobei der nächste Neumond den Ausschlag gab, dann bestimmte der bestellte Hausschlachter den genauen Termin und die Stunde, wann alles bereit sein musste. In den Tagen um den Neumond herum durfte nicht geschlachtet werden, man wusste aus alter Erfahrung, dass sich dann das Dauerfleisch nicht gut hielt. Es musste morgens sehr früh geschlachtet werden, um viel Zeit zum Auskühlen zu gewinnen, denn noch am gleichen Tage abends erschien der Schlachter zum zweiten Male, um das Schwein zu zerlegen.

      Zu den Vorbereitungen der Schlachtung gehörte es zunächst, dafür zu sorgen, dass das zu schlachtend e Schwein einen Tag lang vorher nicht gefüttert werden durfte, denn das erleichterte sehr die Schlachtarbeiten. Die Hausfrau und die Mägde hatten einen ganzen langen Tag Arbeit, um ordnungsgemäße Vorbereitungen zu treffen. Erfolgte das Schlachten in der Waschküche, so wurde diese zuerst geschrubbt, fehlte es aber an einem passenden Raum oder war die Temperatur im Hause zu warm, so machte man draußen im Hof eine Stelle sauber und bedeckte den Boden mit einer Schütte Roggenstroh als Unterlage beim Schlachten.

      Ein Knecht musste dem Schlachter helfen. Er ergreift das Schwein am Sterz und hält es fest, bis der Schlachter den Strick um ein Hinterbein geschlungen hat, so haben die beiden das Schwein in der Gewalt und führen es an den Ort, an dem es geschlachtet wird.

      Über die Tötungen gab es ganz früher keine Bestimmungen. Das Schwein wurde auf eine Seite gelegt, Knechte und Schlachter knieten sich darauf, und dann machte der Schlachter mit seinem langen Messer einen Schnitt in die Kehle und durch die Drossel, eine Magd fing das ausströmende Blut mit einer Pfanne auf und schüttete es in einen Topf, in dem es mit einem langstieligen hölzernen Löffel so lange gerührt wurde, bis das Schwein ganz ausgeblutet war. Das Rühren erfolgte deshalb, um Klumpenbildung im Blut zu verhindern. Während der ganzen Prozedur des Schlachtens schrie das Schwein ganz unbändig laut, dass man es weithin hören konnte.

      Am späten Abend setzte der Schlachter seine Arbeit fort. Ein Hauklotz auf drei Beinen, ein großer Tisch und eine Reihe großer Töpfe standen in der Waschküche bereit. Die Hausfrau gab nun dem Schlachter Anweisung, wie die Zerteilung erfolgen sollte. Die großen Stücke wie Beine und Speckseiten wurden im Keller im Pökelfass eingesalzen, Rippen-, Nacken- und Bratenstücke wurden zunächst auf dem Fleischboden zum Trocknen einige Tage aufgehängt, dann eingekocht.

      Alle Mettwürste und alle im großen Kupferkessel gekochten Leber- und Blutwürste wurden zunächst einige Tage zum Trocknen aufgehängt und dann in der stockdunklen Räucherkammer im Speicher geräuchert. Der Rauch des Backofens wurde zu dieser Zeit dann durch die Räucherkammer geleitet. Manche Stücke blieben hier monatelang hängen, bis sie zum Verbrauch heruntergeholt wurden. Nach zwei Wochen wurden auch die Schinken und die Speckseiten aus dem Pökelfass herausgeholt, abgewaschen, getrocknet und ebenfalls zum Räuchern in der Räucherkammer aufgehängt.

       Wie Großmutter noch Sauerkraut einlegte

      „Eben geht mit einem Teller

      Witwe Bolte in den Keller,

      Dass sie von dem Sauer’kohle

      Eine Portion sich hole,

      Wofür sie besonders schwärmt,

      Wenn er wieder aufgewärmt.“

      Wie Wilhelm Buschs Darstellung zeigt, war Sauerkraut auch schon früher recht beliebt – und der Oktober mit der weißkrauternte bietet sich wie kein anderer Monat an, einige Portionen für den Eigenbedarf selbst herzustellen. Das Einsalzen von Sauerkraut ist nicht nur eine recht einfache und vergnügliche Arbeit für die private Vorratshaltung, sondern beschert dem winterlichen Küchenzettel eine gesunde Bereicherung.

      Sauerkraut entsteht, weil Hefepilze und Milchsäurebakterien im Weißkohl eine Gärung bewirken. Sie wandelt den Großteil der vorhandenen Kohlenhydrate in Milchsäure um. Diese desinfiziert regelrecht den Darm, bekämpft Fäulnisvorgänge und wirkt im Körper ähnlich gesund wie Sauermilch und Joghurt. Dazu kommen noch die Vitamine des roh verzehrten Sauerkrauts- und seine bekannte Bedeutung als Schlankmacher oder Schlank-Erhalter. Am selbst eingelegten Sauerkraut wird besonders Großmutters „Hausmachergeschmack“ gerühmt: Durch kleine Veränderungen in der Würze und bei den Zutaten erhält jedes Kraut seinen unverwechselbaren Geschmack. Sauerkraut mit Kasseler und Bier - ein deftiger Schmaus, der den Deutschen den Spitznamen „die Krauts“ eingebracht hat, aber immer eine genussvolle Mahlzeit verspricht.

      Die zum Einlegen von Sauerkraut bestimmten Steintöpfe werden gründlich gescheuert, mit heißem Wasser ausgespült und getrocknet. Feste, frische Weißkrautköpfe werden von der äußeren, unansehnlichen und losen Blättern befreit. Je nach Rezept werden die entsprechenden Zutaten hergerichtet, ein Leintuch wird in klarem Wasser ausgekocht und ein größerer Stein besorgt.

      Einmachen: Die gesäuberten Weißkohlköpfe fein hobeln – auf 5 kg Weißkraut ca. 100 g Salz zugeben – das Kraut abwechselnd mit Salz in den vorbereiteten Steintopf stampfen ( mit der Hand, der Faust oder einem Holzstampfer lagenweise so fest einstampfen, dass der Saft jeweils über dem Kohl steht) – am Schluss alles mit dem Tuch abdecken, mit Brett und Stein beschweren – zugedeckt ca. 4 bis 6 Wochen an einem kühlen Ort gären lassen.

      Hinweise für Veränderungen: 1. Möglichkeit: auf 5 kg Weißkraut ca. 1 Pfund geviertelte Äpfel oder Apfelscheiben einschichten (Apfelkraut).

      2. Möglichkeit: Wacholderbeeren, Lorbeer- oder Weinblätter mit einschichten (Würzkraut). Hinweis: Manche bevorzugen es, Lorbeer und Wacholder erst beim Kochen dazuzugeben, wodurch der Würzgeschmack weniger intensiv wird.

      3. Möglichkeit: Eine böhmische Variante für die Herstellung einer größeren Menge ist: Auf 50 Pfund Kraut 250 g Salz, 1 Päckchen Kümmel, 5 Pfund geschälte Zwiebeln mit in das Kraut hobeln; dazu 4 bis 5 Pfund geschälte, entkernte Äpfel in die Achtelstücken lagenweise einschichten (Böhmisches Kraut).

      Kontrollen: Spätestens alle zwei Wochen Tuch, Brett und Stein sauber abspülen – falls die Salzlake im Winter das Kraut noch mehr bedeckt, erkaltete Salzlösung nachfüllen (10 g Salz pro Liter Wasser) – das Kraut möglichst nicht mit Metall-, sondern mit Holzgabeln oder Holzlöffeln aus dem Steintopf herausnehmen.

       Als Großmutter noch den „Laxem“ rührte

      Die Septemberkirmes war früher in meinem Heimatort die „Quetschekerb“: Drei Tage lang gab es „Quetschekuche“ (Zwetschgenkuchen). Und war die „Quetschekerb“ vorbei, dann rüstete man sich überall auf das „Quetschemuskoche“, das „Laxemriehre“. Es war schon eine Heidenarbeit für meinen Großvater, einige Zentner Zwetschgen „abzumachen“ oder vom Baum zu schütteln. Wir hatten eine „Wildnis“ auf dem „Wääleberg“ (Wääle = Heidelbeeren), die voller alten Zwetschgenbäume stand. Dort musste ich natürlich auch als kleiner Bub helfen.