Der Lukastag (18. Oktober) war früher in unserem Bauerndorf immer der Tag, an dem man ein Herbstfeuer angezündet und Laub und welkes Kartoffelkraut verbrannt hatte. Kartoffelfeuer kündigten früher auf den Äckern das Ende der Kartoffelernte an. Das alte, welke Kartoffelkraut wurde verbrannt. In die flammende Glut vergruben wir Kinder möglichst viele große Kartoffeln. Sie waren gar, wenn die Pelle vollkommen schwarz und verkohlt aussah.
Wir rollten die heißen Kartoffeln aus der Asche, brachen sie vorsichtig auf, bestreuten sie mit etwas Salz und aßen sie aus der schwarzen Schale heraus. Wir kannten auch einen Trick beim Kartoffelbacken: Große Kartoffeln garen schneller und gleichmäßiger durch, wenn man einen langen Eisennagel hindurch steckt, denn das Metall leitet die Hitze in das Innere der Erdfrucht.
Auch Kartoffelfeste wurden in unserm Dorf gefeiert. Selbstgeerntete Pellkartoffeln kamen in Körben auf den Tisch, wozu es frische Butter, grobes Salz und verschiedene Quark – und Kräutersaucen gab. Andere tauchten die dampfenden Pellkartoffeln in saure Sahne und streuten Kümmel darauf. In der Schule fertigten wir Kartoffeldrucke im Zeichenunterricht an. Wir schnitten die Kartoffeln in Scheiben und bestrichen diese mit verschiedenen Farben. Wie einen Stempel drückten wir die Kartoffelscheiben auf ein Blatt Papier und stellten bunte Muster her. Mit dem Schwinden der bäuerlichen Dorfstrukturen, mit der Mechanisierung und Technisierung der Landwirtschaft und seit dem Einzug der Getreidemonokulturen in unsere Kulturlandschaft gehören Kartoffelfeste und Kartoffelfeuer leider der Vergangenheit an.
In den Dörfern gehalten, hat sich vielfach noch ein anderer Brauch, den die Kinder in den Tagen um St. Lukas pflegten. Es waren „Runkelrübenfeste“. Runkelrüben hießen bei uns im Dorf „Rommele“. Aus den Runkelrüben bastelten wir mit Hilfe der Eltern „fratzige Rommelbooze“, schaurige Runkelrübengesichter. Mit Messer und Löffel waren wir eifrig am Basteln. Zuerst wurde mit dem Messer die Rübe vom Dreck gesäubert. Dann wurde der Rübenkopf abgeschnitten, der später beim fertigen „Booz“ als Deckel diente. Mit dem Löffel wurde das saftige Rübenfleisch ausgeschabt.
Dann wurden Augen, Ohren, Nase und Mund aus der Rübe ausgeschnitten. Mein Rübenkopf („Rommelbooz“) hatte immer struppiges, feuerrotes Wurzelhaar und einen ebensolchen Bart, was dem Rübengesicht ein unheimliches Aussehen verlieh. So entstanden Wichtelmänner mit Zipfelmützen und Clowns mit riesigen Zahnlücken. Ich taufte meinen „Rommelbooz“ immer „Willi Wichtig“. In den „Rommelbooz“ hinein stellten wir eine brennende Kerze. Die „Riommelbooze“ wurden in der Dunkelheit auf die Fensterbänke gestellt, um Geister und Dämonen vom Haus und seinen Bewohnern fernzuhalten. Auch allerlei Schabernack trieben wir mit den „Rommelboozen“.
Früher einmal waren Runkelrüben ein wichtiges Zusatzfutter für Rinder, heute werden sie meist nur noch als Bastelobjekte benutzt; ihr Anbau ist schlicht zu aufwendig.
Anstelle von „Rommelboozen“ werden heute vielfach an Halloween von den Kindern fratzige Gesichter aus Kürbissen gebastelt.
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