»Wir verstehen Krankheit nicht als Defekt oder Normabweichung, sondern als ein Ungleichgewicht gegensätzlich wirkender Kräfte.
Anliegen der Anthroposophischen Medizin ist es, bei der Behandlung nicht nur die krankmachenden Kräfte zu unterdrücken beziehungweise zu verhindern, sondern auch die gesundenden Gegenkräfte anzuregen und zu stärken, um im Organismus wieder einen Ausgleich herzustellen. Daher lässt sich die Anthroposophische Medizin im Sinne einer komplementären Therapiemethode zur konventionellen Schulmedizin anwenden.«
So steht es in einer Informationsschrift, die die Klinik Havelhöhe in Berlin vorstellt, die sich als »Klinik für anthroposophisch erweiterte Heilkunst« versteht.
»Der kranke Mensch steht im Zentrum der Bemühungen aller Mitarbeiter. Als mündigen und mitverantwortlichen Partner beziehen wir ihn in den Behandlungsund Pflegeprozess ein.« Manuka-Honig mit seinen harmonisch abgestimmten Pro- und Contrakräften liefert sicherlich eine herrliche Metapher für die Philosophie dieses Hospitals.
Beeindruckende Erfahrungen wurden hier insbesondere bei der Behandlung des »diabetischen Fußsyndroms« gesammelt. Oft handelt es sich dabei um einen Zustand, der bereits sehr lange besteht und dessen Problematik ziemlich vielschichtig ist. Die gesamte Infrastruktur in der betroffenen Gegend ist heruntergekommen, die Versorgung ist äußerst mangelhaft, sämtliche Leitungen sind schadhaft oder unterbrochen und es werden auch keine neuen Stränge verlegt. Die Müllabfuhr streikt oder kann zumindest das zu entsorgende Gebiet nicht anfahren. Schmarotzendes Ungeziefer macht sich breit und vermehrt sich ungehindert.
Was sich wie die Beschreibung eines Elendsviertels liest, soll hier lediglich veranschaulichen, wie dringend notwendig ein umfassendes Sanierungskonzept auch in solchen medizinischen Notstandsgebieten ist.
Manuka-Honig hilft nicht nur bei der Reinigung der Wunde, sondern fördert unter anderem auch die Gefäßneubildung, wodurch das ausgehungerte Gewebe wieder normal von innen heraus ernährt werden kann. Zwischenzeitlich erfolgt allerdings überbrückend eine direkte Ernährung durch den Honig, die die Heilungsbestrebungen des Körpers unterstützt.
Auch in Kombination mit anderen Naturheilmitteln werden in der Berliner Klinik gute Ergebnisse erzielt. So benutzt man zum Beispiel eine 10-prozentige Calendula-Essenz-Lösung zur Wundspülung, ähnlich wie man an der Bonner Universitätsklinik Calendulasalbe für die Randbereiche der honigversorgten Wunden verwendet. Die häufig bei chronischen Wunden auftretenden Mazerationen (Gewebeaufweichungen) werden durch die osmotische Wirkung des Honigs verhindert, wobei allerdings auf regelmäßige Verbandswechsel zu achten ist. Die Hyperkeratosen (übermäßige Hornhautbildung) an den Wundrändern werden regelmäßig abgetragen. Einer ganzheitlichen Sichtweise entsprechend wird in der Klinik Havelhöhe ein Geschwür, eine Wunde nicht nur als lokales Geschehen betrachtet und der Patient nicht bloß als Betroffener, sondern vielmehr als Beteiligter, der in alle Behandlungen aktiv einbezogen wird. Maßnahmen zur inneren Stärkung gehören genauso zum Konzept wie solche zur äußeren Entlastung.
Dr. Roland Zerm, Dr. Matthias Girke und ihre Kollegen arbeiten dabei eng mit anderen klinischen Fakultäten zusammen. So kann man auf der Internetseite der Klinik Havelhöhe folgenden ermutigenden Eintrag unter dem Stichwort »Diabetisches Fußsyndrom« finden:
»Durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit des Teams in Verbindung von gängigen Wundversorgungsstrategien mit komplementären Methoden, zu denen zum Beispiel die Wundversorgung mit Manuka-Honig-Auflagen zählt, konnten eine Vielzahl von komplizierten Wunden zur Heilung gebracht werden.
Durch unsere Erfahrung und unsere Zusammenarbeit mit der chirurgischen Abteilung unseres Hauses, der interventionellen Radiologie (Prof. Duda), dem Gefäßzentrum am Hubertus Krankenhaus, einer Podologin (medizinischen Fußpflegerin) und einem orthopädischen Schuhmachermeister konnte bei zahlreichen Patienten mit Diabetes eine Amputation im Unterschenkel- oder Oberschenkelbereich (Majoramputation) verhindert werden.«
Einige Fälle wurden fotodokumentiert, und man kann sich beim Betrachten der Bilder lebhaft vorstellen, welche große Erleichterung und Freude die Menschen erfuhren, wenn ihnen nicht nur der Verlust ihrer Gliedmaßen erspart blieb, sondern darüber hinaus die Wundkrater, die in manchen Fällen einen freien Blick auf die Sehnen ermöglicht hatten, wieder vollständig geschlossen waren.
Bemerkenswert ist zudem, dass in dieser anthroposophischen Klinik nicht, wie in den meisten Krankenhäusern, die mit Honig arbeiten, mit einem Medizinprodukt vom Typ »Medihoney« behandelt wird, sondern mit einem handelsüblichen Manuka-Speisehonig MGO100+. Die Ethikkommission der Klinik hat sich dies genehmigt, und die bisherige Praxiserfahrung hat diese Vorgehensweise absolut gerechtfertigt. Das Argument, dass durch eine Gammabestrahlung die Wirkung nicht gemindert, die Gefahr einer Clostridieninfektion durch eventuell im Rohhonig verborgene Sporen jedoch verhindert wird, könne man getrost vernachlässigen, da es offenbar weltweit keine dokumentierten Fälle von Botulismus oder Wundbrand durch Honig zu geben scheint. Selbst solche gefährlichen Erreger können die antibakteriellen Mechanismen von aktivem Manuka-Honig kaum überwinden. Der wirtschaftliche Aspekt hierbei ist ebenfalls nicht unerheblich, wenn wegen eines quasi nicht vorhandenen Risikos mehr als das Zehnfache gezahlt werden soll.
Alginate als Helfer des Manuka-Honigs
Alginate, zum Beispiel Calciumalginat aus Braunalgen, eignen sich in Kombination mit Manuka-Honig sehr gut für Wundverbände, da sie mit dem Wundsekret reagieren und durch Ionenaustausch aufquellen. Natrium-Ionen aus dem Wundexsudat werden gegen Calcium-Ionen ausgetauscht, sodass ein Gel gebildet wird, welches, wie der Honig, sowohl die Wunde feucht hält als auch ein Verkleben des Verbandsmaterials mit der Wunde verhindert.
Kurzfristig kam in der Berliner Klinik ein Manuka-Honig MGO400+ zum Einsatz, jedoch konnte damit keine wesentliche Verbesserung oder Beschleunigung des Heilungsprozesses bewirkt werden. Allerdings verursachte der höhere Methylglyoxalgehalt bei einigen Patienten stärkere Schmerzen. Das waren klare Argumente, wieder den bewährten Manuka-Honig MGO100+ einzusetzen. Sicher, wirkungsvoll und preiswert zugleich.
Manuka-Honig – vielseitig und anpassungsfähig
Neben seinem Einsatz in chronisch infizierten Wunden verblüfft Honig immer wieder durch seine Vielseitigkeit. Die vorgenannte Wundspezialistin Val Robson konnte mit medizinischem Honig zum Beispiel ziemlich vielversprechende Ergebnisse bei strahlengeschädigtem Gewebe erzielen. Eine Studie aus Ottawa, Kanada, die durch ähnliche Ergebnisse aus Sydney, Australien, gestützt wird, belegt, dass Manuka-Honig geeignet ist, selbst eine chronische Rhinosinusitis, die durch einen sogenannten Biofilm unterhalten wird, zu beseitigen. Während der Honig Staphylococcus aureus sowohl in der antibiotikaempfindlichen (MSSA) als auch in der antibiotikaresistenten Version (MRSA) und Pseudomonas aeruginosa (PA) im planktonischen (frei schwimmenden) Zustand in vitro zu 100 Prozent abtötet, waren es bei den im Biofilm eingebundenen Bakterien immerhin noch 82 Prozent bei MSSA, 63 Prozent bei MRSA und erstaunliche 91 Prozent bei PA.
Wie der Honig das schafft, ist nach wie vor nicht endgültig entschlüsselt. Ein beobachtetes Phänomen ist ein Verhindern der Anhaftung von Bakterien- an Wirtszellenproteine. Dies macht sowohl ein Eindringen von Infektionserregern als auch deren Zusammenrottung in Biofilmen schwierig bis unmöglich. Ebenso wurde beobachtet, dass die Zellteilung der Bakterien offensichtlich vereitelt wurde, denn man fand übergroße Zellen, die zwar bereits ein Septum enthielten, sich aber nicht mehr zu teilen vermochten, was auf eine genetische Wirkung des Honigs schließen lässt. Die Forscher sind allerdings davon überzeugt, dass weder der Zucker noch das Methylglyoxal dafür verantwortlich sind. Ich persönlich finde das wunderbar, denn ich bin ohnehin der Meinung, dass wir keine Einzelwirkstoffe isolieren sollten, womöglich um sie dann synthetisch nachzubauen und zu patentieren.
Bereits im Jahr 2002 hallte eine Meldung durch die britischen Medien, die versprach, dass Manuka-Honig den gefürchteten Hospitalkeimen, die allein in Großbritannien jährlich bis zu 20 000 Todesopfer fordern, den Stachel zu nehmen vermag. Während Forscher wie Rose Cooper und Kollegen in der Zurückgezogenheit ihrer Labore weiterforschen, stellen antibiotika-resistente