Die Kolonie Tongalen. Chris Vandoni. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Chris Vandoni
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Научная фантастика
Год издания: 0
isbn: 9783939043652
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um was sich dabei handelte. Es besaß eine spiegelglatte Oberfläche, hart und glänzend. Aber über eines waren sie sich im Klaren:

      Was vor ihnen in die Höhe ragte, war kein Eis.

      Christopher zog seinen Handschuh aus und legte seine Hand auf die Oberfläche. Im ersten Moment spürte er Kälte, die aber sogleich verschwand. Zudem glaubte er, dass sich die Oberfläche plötzlich nicht mehr so hart anfühlte, wie noch kurz zuvor. Erschrocken entfernte er seine Hand und starrte völlig entgeistert auf die Stelle, an der sie gelegen hatte.

      Keine Spiegelung mehr!

      Im Schein seiner Lampe sah er einen mattblauen Fleck, dessen Umrisse genau seine Hand beschrieb, während die Fläche darum herum nach wie vor glänzte.

      »Das ist doch unmöglich«, sagte Dawa und berührte mit seiner Fingerspitze den Fleck. »Er ist weich. Was ist das für ein Material?«

      Auch Christopher berührte nun den Fleck. »Keine Ahnung. Auf jeden Fall kein Eis. Aber auch kein Fels. Fühlt sich an wie ein Kunststoff.«

      »Könnte dies ein Teil eines Fluggleiters sein?«, fragte Dawa.

      »Glaube ich nicht. Schau dir mal die Form an.« Christopher leuchtete mit der Lampe nach oben. Das Gebilde hatte scharfe, gerade Kanten und wurde immer schmaler. »Ich kenne keine Fluggleiter mit einer solchen Form.«

      »Aber etwas Natürliches ist es auch nicht.«

      »Da gebe ich dir recht.« Christopher sah Dawa für einen Moment in die Augen. Dann drehte er sich um die eigene Achse und leuchtete in alle Richtungen.

      Dawa, der mit seinem Blick dem Lichtstrahl folgte, war genauso sprachlos wie Christopher. In unterschiedlichen Entfernungen gab es Dutzende weiterer Objekte mit ähnlichen Formen. Bizarre Gebilde, die aus dem Eis nach oben ragten.

      Plötzlich bemerkte Christopher, dass Dawa ihn entsetzt anstarrte. »Was hast du?«

      »Schau dir mal deine Hand an«, antwortete er besorgt.

      Als Christopher das Licht auf sein Handfläche richtete, erkannte er die blaue Verfärbung. Erschrocken streifte er sie an seiner Hose ab. Doch es half nichts. Die Verfärbung blieb.

      »Lass uns von hier verschwinden!«, sagte er und machte sich auf den Rückweg, gefolgt von seinem Freund.

      Als sie Minuten später in die zweite Höhle zurückkehrten, hörten sie aus der Eingangshöhle das Empfangssignal von Christophers Kommunikator. Hastig sammelten sie die Leuchtkörper ein, verstaute die Geräte und krochen zurück in die Eingangshöhle. Christopher nahm den Kommunikator und steckte dessen Clip an sein Ohr.

      »Wie schnell kannst du in Geneva sein«, hörte er die energische Stimme Ernest Waltons.

      »In Geneva?«, fragte Christopher verwundert. »Was soll ich dort?«

      »Komm einfach so schnell, wie es dir möglich ist, hierher! Wir haben neue Aufträge.«

      »Das könnte etwas problematisch sein.«

      »Problematisch? Warum das denn?«

      »Ich befinde mich in einer Gletscherhöhle mitten im Himalaja.«

      Am anderen Ende herrschte einen Moment Stille. Dann kam ein Räuspern, dann noch ein paar unverständlich gemurmelte Wörter. Nach einer Weile fuhr Ernest fort: »Wie lange brauchst du bis in die Zivilisation zurück?«

      »Wenn wir jetzt gleich aufbrechen, etwa drei Tage.«

      »Kannst du dich nicht runterfliegen lassen?«

      »Wenn es unbedingt sein muss.«

      »Es wäre gut, wenn du es einrichten könntest. Wir haben zwei wichtige Aufträge, die nicht warten können.«

      »Ich werde mich gleich auf den Weg machen.«

      »Falls du noch etwas zu erledigen hast oder besorgen musst, dann tu es auf dem Weg hierher. Wir werden anschließend länger unterwegs sein.«

      Ernest hatte die Verbindung unterbrochen. Christopher legte den Kommunikator beiseite. Er zerlegte seine Ausrüstung in ihre Einzelteile und verstaute sie im Rucksack. Danach verließ er zusammen mit Dawa die Höhle und rief über den Kommunikator einen Fluggleiter.

      Der Raum war sechseckig, metallisch und stillos, hatte eine Front, eine Rückwand und je zwei gewinkelte Seitenwände. An keiner Wand hing ein Bild. Auf keinem der wenigen, ebenfalls metallisch aussehenden Möbeln standen eine dekorative Vase oder eine Skulptur. Kein Teppich zierte den Fußboden.

      Jenseits der Mitte präsentierte sich ein großer stählerner Schreibtisch. Direkt in seine Oberfläche waren in einem Halbkreis drei holografische Monitore eingelassen. Hinter dem Schreibtisch stand ein wuchtiger schwarzer Kunstledersessel mit Arm- und hoher Rückenlehne sowie einer Nackenstütze.

      Vier der sechs Wände waren mit Leichtmetall verkleidet, während die beiden Seiten rechts und links des Schreibtisches je eine getönte Glasfront bildeten, die eine hervorragende Aussicht auf die Pariser Innenstadt boten. Die Wände zu beiden Seiten des Eingangs waren mit unzähligen Überwachungsmonitoren übersät. Hinter dem Sessel gähnte eine dunkle Leere. Der Fußboden protzte in kaltem, geschliffenem Granit.

      Der Eingang, eine metallene Doppeltür, unterstrich die Hässlichkeit dieses Raumes zusätzlich. Es war keine gewöhnliche Tür. Sie bildete vielmehr den Bestandteil eines aufwändigen Sicherheitssystems. Direkt in den rechten Türflügel waren ein Hand- und Augenscanner und ein Zahlenfeld eingelassen. Die zwanzig Zentimeter dicke Tür bestand aus mehreren Schichten gehärteten Stahls. Sie konnte sogar einem Bombenanschlag standhalten. Sollte es jemandem gelingen, sich Zutritt zu diesem Gebäude zu verschaffen und tatsächlich die oberste Etage erreichen, war der Weg vor dieser Tür zu Ende.

      Der Raum verfügte über ein autarkes Klima- und Belüftungssystem und ermöglichte es, ihn gegen außen hermetisch abzuriegeln. Bei einem Brand war man hier drin in Sicherheit. Das Gebäude selbst galt als einsturzsicher, selbst bei mittleren Erdbeben.

      Im Fußboden eingelassen waren sanitäre Anlagen, die im Notfall ausgefahren werden konnten. Auf der Vorderseite des Schreibtisches gab es Vorratsschränke, gefüllt mit Nahrungskonzentraten. Somit war das Überleben in diesem Raum für eine längere Zeit möglich.

      Der Mann, der auf dem Sessel hinter dem Schreibtisch saß, hieß Derek Varnowski und war seit ein paar Tagen neuer Generaldirektor von Norris & Roach Labs Inc., dem größten Pharmakonzern der Erde.

      Zeit seines Lebens hatte Derek im Schatten seines übermächtigen Vaters gestanden, der vor einer Woche völlig überraschend einem Herzversagen erlegen war.

      Derek hatte seinen Vater gehasst. Er hatte es ihm nie recht machen können, war nur kritisiert worden und hatte oft als nicht ernstzunehmende Witzfigur der Familie gedient. Niemand hatte gegen Lincoln Varnowski eine Chance gehabt. Dafür war er viel zu selbstverliebt gewesen und immer im Recht, auch wenn er nicht recht hatte.

      Derek hatte den Kampf gegen den Tyrannen längst aufgegeben und einfach gewartet, bis sich ihm eine Chance bot. Und als sie da war, hatte er sie eiskalt genutzt.

      Für den alten Patriarchen all die Jahre den Laufburschen und die Lachnummer zu spielen, hatte sich schließlich ausbezahlt. Nur so bestand die Möglichkeit, ihm täglich ganz nahezukommen. Aber der Alte strotzte nur so vor Gesundheit. Ohne Dereks kleine Beihilfe hätte er ihm noch lange im Weg gestanden.

      Allesamt hatten sie dem Tyrannen die Füße geleckt, während Derek von den meisten nur belächelt und selten ernst genommen worden war. Er gehörte nicht einmal zum engsten Kreis der Geschäftsleitung und war auch nie als Nachfolger vorgesehen gewesen.

      Aber Derek hatte alles sorgfältig geplant und arrangiert, den besten Zeitpunkt gewählt und die richtigen Leute erpresst oder bestochen. So hatte alles seinen Lauf genommen.

      Nun war er ganz oben angelangt, aber sein Weg war noch lange nicht zu Ende.

      Er hatte große Pläne mit dem Konzern. Pläne, von