21 Gemeint ist Friedrich Jeckeln, geb. 1895, Soldat 1914–1918, zuletzt als Lt., Ingenieur, 1929 NSDAP, 1930 SS, 1931 Oberf., 1932 MdR, Jan.–Juli 1933 Fhr. SS-Gruppe Süd, August 1933 Fhr. OA Nordwest u. Gruf., 1936 Fhr. OA Mitte u. Ogruf., Juli 1940–Mai 1941 Fhr. OA West, danach HSSPF Rußland-Süd, Okt. 1941–1945 HSSPF Ostland u. Rußland-Nord, 1945 in Riga zum Tod verurteilt, 1946 dort hingerichtet; BAB, BDC, SSO Friedrich Jeckeln; BAL, ZK: Friedrich Jeckeln; Frank Flechtmann: „Und nun erst recht!“ Ein Hornberger läßt schießen, in: Die Ortenau 76(1996), S. 471–491; Richard Breitman: Friedrich Jeckeln. Spezialist für die „Endlösung“ im Osten, in: Smelser/Syring: Die SS: Elite unter dem Totenkopf, S. 267–275; Thomas Köhler: Himmlers Weltanschauungselite: Die Höheren SS- und Polizeiführer West– Eine gruppenbiographische Annäherung, in: Schulte: Die Polizei im NS-Staat, S. 59–62.
22 Walther Rauff, geb. 1906, 1924–1937 Kriegsmarine, zuletzt als Korvettenkapitän, 1937 NSDAP, 1938 SS u. als Hstuf. Referent I/1 im SD-HA, 1939 Stubaf., 1940/41 Chef einer Minensuchflottille an der Kanalküste, 1941 Ostubaf. u. als Gruppenleiter II D u. VI F (Technische Angelegenheiten) im RSHA zuständig für die Entwicklung der Gaswagen, Sommer 1942 Kdr. des EK der Pz.Armee Afrika, Nov. 1942 als Chef des EK Nordafrika nach Tunis, Sommer 1943 Sipo-Einsatz in Korsika, danach Kdr. Sipo-Kdo. Oberitalien-West, 1944 Staf., Dez. 1946 Flucht aus britischem Gefangenenlager, 1948/49 Berater für den syrischen Geheimdienst, Dez. 1949 Flucht nach Ecuador, 1958 Chile, gest. 1984; BAB, BDC, SSO Walther Rauff; GVP RSHA Stand 1.3.1941, BAB, R 58/240; Vern. v. 28.6.1972, BAL, B 162/3637, Bl. 76–91; BAL, ZK: Walther Rauff; Klaus-Michael Mallmann/Martin Cüppers: Halbmond und Hakenkreuz. Das Dritte Reich, die Araber und Palästina, Darmstadt 2006, S. 138–147, 202–207, 242–245; Martin Cüppers: Immer davongekommen: Wie sich Walther Rauff dauerhaft seinen Richtern entzog, in: Mallmann/Angrick: Die Gestapo nach 1945, S. 71–89. In seiner Funktion als Gruppenleiter II D war Rauff auch für die Ausrüstung der EG zuständig u. wurde deshalb in den Verteiler der EM aufgenommen.
Der Chef der Sicherheitspolizei und des SD | Berlin, den 5. Juli 1941 |
IV A 1 – B.Nr. 1 B/41 g.Rs. | [Stempel: Geheime Reichssache!] |
[Stempel: Lagezimmer] |
30 Ausfertigungen, 6. Ausfertigung
Reg. Rat Paeffgen – o.V.i.A. – im Hause
Ereignismeldung UdSSR Nr. 13
I) Politische Übersicht:
a) Im Reich:
Seit 23.6.1941 wurden von der Stapoleitstelle Berlin insgesamt 43 verschiedene, zumeist kommunistische Hetzschriften erfasst. Ein Vergleich mit davorliegenden Zeiträumen ergibt, dass diese Hetzschriftenherstellung seit Kriegsausbruch mit Sowjetrussland keine Steigerung erfahren hat. Offensichtlich ist, dass es sich bei den Herstellern um Einzelgänger handelt; ein organisatorischer Zusammenhang der einzelnen Verbreiter besteht nicht. In den Konzentrationslagern Groß-Rosen, Mauthausen und Auschwitz sind Fleckfieberfälle aufgetreten. Sperre der Lager wurde sofort verfügt, alle Abwehrmaßnahmen getroffen.
b) Im Generalgouvernement:
Die maßgebenden ukrainischen Nationalistenführer wurden, wie bereits berichtet, in Ehrenhaft genommen. Bandera wurde nach Berlin überführt. Dessen Vernehmung ist im Gange.
c) Übrige besetzte Gebiete:
Protektorat: Laut Meldung des Befehlshabers der SPSD1 Prag hat Staatspräsident Hacha beim Reichsprotektor die Entsendung einer tschechischen Truppe gegen die UdSSR angeboten. Reichsprotektor hat abgelehnt, worauf Hacha sichtlich erleichtert gewesen sein soll.
II) Meldungen der Einsatzgruppen und -kommandos:
Einsatzgruppe A: Standort Riga.
Gruppenchef berichtet: Verschiedene lettische Gruppen versuchen, zentrale Organisationen zu bilden. Bis jetzt in Erscheinung getreten: 1) Zentrales Organisationskomitee für das befreite Lettland (Führung: Oberst Kreischmanis [Kreismanis]).2 2) Vorläufiger Verwaltungsrat von Lettland (Führer ehemaliger Verkehrsminister Einbergs).3 Zusammen mit Wehrmacht wird offizielle Aufnahme der Verbindung abgelehnt.
Einsatzgruppe B: Standort Lemberg.
Am 5.7.1941 erscheint zum ersten Male eine ukrainisch-nationale Zeitung in Lemberg auf unpolitischer und überparteilicher Grundlage. Erste Nummer wird Gruß- und Geleitworte des Stadtkommandanten General Renz, des ukrainisch-griechisch-unierten Metropoliten Szepticky4 und des Bürgermeisters Polainsky enthalten. Am 6.7.1941 wird der Metropolit Graf Szepticky, der bei allen Ukrainern großes Ansehen genießt, einen Hirtenbrief verlesen, dessen Formulierung vereinbart ist. Inhalt: Dankbarkeit des ukrainischen Volkes für die Befreiung durch die Deutschen.5 EK 4b Standort Tarnopol. Gefängnis voller Toter (4–600). Sämtliche Funktionäre geflüchtet.6
Einsatztruppe C: Standort 5.7.41 Slonim.7
Gruppenchef wurden zwei weitere Armatus-Sendestationen und ein Fieseler-Storch zur Verfügung gestellt. EK 7a Standort Minsk.8 Ebenso EK 7b. Durch die Flucht aller Funktionäre und die Abschleppung des Materials aus dem ehemaligen polnischen Gebiet ist die Konzentration der gesamten Einsatzgruppe auf Minsk als Fluchtzentrale und Hauptstadt der weißrussischen Sowjetrepublik erforderlich. EK 7b meldet aus Baranowicze9 systematische Vernichtung des Materials. Funktionäre und Beamte geflüchtet. Kirchenbesuch sehr stark. Wirtschaftsleben durch Kolchosierung stark zerrüttet, daher Verknappung der Lebensmittel. EK 9 Standort Grodno.10 Unter Schwierigkeiten mit Kommandeur Oberst Pickel wurde Parteigebäude als Dienstsitz requiriert. Aus NKWD-Büro Funktionärmaterial und Lichtbilder sichergestellt. Pogrome eingeleitet. Starke Zerstörungen. Kaufläden geplündert und demoliert, Versorgungslage schlecht. Kirchenbesuch stark. Bielsk-Podlaski: Unterstützungstrupp11 hat alle Stellen überholt. Parteifunktionäre geflüchtet, Führer der jüdischen Intelligenz (insbesondere Lehrer, Rechtsanwälte, Sowjetbeamte) liquidiert. Stimmung unter der Bevölkerung deutschfreundlich, insbesondere bei Bauernschaft. Noch am 20. 6. 41 wurden von Sowjetrussen Arbeiter nach Nordrußland verschleppt. Kirchenbesuch stark. EK 9 wird am 5.7.1941 in Grodno abgelöst und rückt nach Lida12 ab. Sicherheitspolizeilich durchgearbeitet werden im Laufe des 4. und 5.7.1941 Wolkowysk und Slonim.
Einsatzgruppe D: Standort Piatra. Verbindung mit 11. Armee aufgenommen.13
III) Militärische Ereignisse:
Bis zum Abschluß des Tagesberichtes lagen neue Meldungen über militärische Ereignisse nicht vor.
Verteiler:
RFSS und Chef der Deutschen Polizei
Chef der Sicherheitspolizei und des SD
Chef der Ordnungspolizei (unmittelbar an Adjutantur des General Daluege)
Amtschefs I, II, III, V, VI und VII
SS-Obersturmbannführer Rauff
IV-Gesch.Stelle (3 Stück)
IV D, IV D 1, IV D 2, IV D 3, IV D 4
IV E, IV E 5
IV A 1 d (5 Reserve)
Aus: BAB, R 58/214
1 Sipo u. SD.
2 Ernest Kreismanis, als Ex-Oberst zur Gruppe der nach dem früheren Bfh. der nationalen Befreiungsarmee von 1918/19 benannten Kalpak-Offiziere gehörend, stand dem Lettischen Organisationszentrum vor, das schon vor dem Einmarsch der Deutschen aktiv war. Ihm gelang es, die Pressearbeit im besetzten Riga mit der Zeitung „Briva“ in die Hand zu nehmen, die nach der Gleichschaltung als „Tevija“ als halböffentliches Verlautbarungsorgan der Besatzer erschien; vgl. Ezergailis: The Holocaust in Latvia 1941–1944,