2 Das SK 4b stand anfangs unter der Führung von Günther Herrmann, geb. 1908, Jurastudium, 1930 Referendarexamen, 1933 NSDAP u. SA, 1934 Assessorexamen, Febr. 1935 Gestapa, Mai 1935 stellv. Leiter Stapo-Stelle Kiel, Juni 1935 SS, Dez. 1935 Leiter Stapo-Stelle Kassel, Nov. 1937 zudem Leiter SD-UA Kassel, 1938 Hstuf., 1938 beteiligt am Einmarsch in österreich u. ins Sudetenland, März 1939 Kdr. EK II Prag, Sommer 1939 Leiter Stapo-Stelle Brünn, 1940 Stubaf., Anfang 1941 ins Amt I des RSHA als Leiter der Lehrgänge für die Anwärter des leitenden Dienstes, Kdr. SK 4b bis Ende Sept. 1941, dann zurück ins RSHA, 1942 Ostubaf., Dez. 1942 in Vertretung Leiter EG D im Kaukasus bis Febr. 1943, Aug. 1943 Chef EG E in Kroatien bis Kriegsende, 1945 Staf., 1973 vom LG Düsseldorf zu einer Freiheitsstrafe von 7 Jahren verurteilt; BAB, BDC, SSO Günther Herrmann; Runderlaß CdS v. 24.3.1939, BAB, R 58/241; Vern. v. 25. u. 26.9.1962, BAL, B 162/3773, Bl. 10ff., 13ff.; Anklage ZSD v. 10.2.1970, BAL, B 162/18184; Urteil LG Düsseldorf v. 12.1.1973, BAL, B 162/14472; Angrick: Besatzungspolitik und Massenmord, S. 672f., 676; Gunnar Richter: Die Geheime Staatspolizeistelle Kassel, in: Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte 106(2001), S. 237, 246ff.
Nr. 3: Vom NKWD Ermordete in Lemberg
Nr. 4: Antijüdisches Pogrom in Lemberg 30.6.1941
Nr. 5: Antijüdisches Pogrom in Lemberg 30.6.1941
3 Lemberg (Lwów/L’viv), die Hauptstadt von Ostgalizien bzw. der Westukraine u. östlichste Stadt Mitteleuropas, hatte 1939 340000 Einwohner. Ihre jüdische Gemeinde zählte 110000 Mitglieder u. war damit die drittgrößte Polens, während die Ukrainer mit 16% – im Gegensatz zum agrarischen Umland – nur eine Minderheit der dominant polnischen u. jüdischen Stadtbevölkerung stellten. Nach der Zerschlagung Polens 1939 kamen etwa 100000 jüdische Flüchtlinge aus den westpolnischen Gebieten nach Lemberg, von denen jedoch viele von den Sowjets in der Folgezeit deportiert wurden. Zudem flüchteten Ende Juni 1941 ungefähr 10000 Juden zusammen mit der sich zurückziehenden Roten Armee nach Osten. Der Befehl Lavrentij Berijas v. 24.6.1941, Häftlinge in den frontnahen Gebieten zu erschießen, war auch für den lokalen NKWD der Freibrief zum Mord, bevor die Rote Armee am 28.6. Lemberg räumte. Als die deutsche Wehrmacht am frühen Morgen des 30.6. die Stadt besetzte, fand sie Leichenberge vor. „3 Gefängnisse, Gefangene fast alle ermordet“, hielt der Kdr. des Btl. z.b.V. 800 um 5 Uhr fest, Schlußmeldung über die Einnahme Lembergs v. 1.7.1941, BA-MA, RH 28–1/23. Die ursprünglich angegebene Zahl von 500 Leichen erhöhte sich in den nächsten Tagen auf 3500; Bericht GFP-Gruppe 711 v. 7.7.1941, ebd., RH 26–454/6b; Vern. zu den Leichenfunden, ebd., RW 2/149; vgl. Musial: Konterrevolutionäre Elemente sind zu erschießen, S. 102–114; Mallmann/Rieß/Pyta: Deutscher Osten 1939–1945, S. 79–84.
4 Die EG D wurde verspätet aufgestellt, nachdem Hitler am 12.6.1941 mit Marschall Ion Antonescu in München den Kriegseintritt Rumäniens vereinbart hatte. Ihr Marschweg führte sie über das Protektorat, die Ostmark u. Ungarn zur rumänisch-sowjetischen Grenze; überblicke: Andrej Angrick: Die Einsatzgruppe D, in: Klein: Die Einsatzgruppen in der besetzten Sowjetunion, S. 88–110; ders.: Im Windschatten der 11. Armee. Die Einsatzgruppe D, in: Paul/Mallmann: Die Gestapo im Zweiten Weltkrieg, S. 481–502; Mallmann/Rieß/Pyta: Deutscher Osten 1939–1945, S. 151–158.
Der Chef der Sicherheitspolizei und des SD | Berlin, den 2. Juli 1941 |
IV A 1 – B.Nr. 1 B/41 g.Rs. | [Stempel: Geheime Reichssache!] |
25 Ausfertigungen, 23. Ausfertigung
Ereignismeldung UdSSR Nr. 10
I) Politische übersicht:
a) Im Reich:
Stapostellen berichten über weitere 10 Festnahmen aus präventivpolizeilichen Gründen. Stapo Bremen meldet die Verbreitung eines im Abzugsverfahren hergestellten Flugblattes „Flugblatt der Proletarischen Revolution“, in welchem zum passiven Widerstand aufgefordert wird: „Deutsche Arbeiter und Arbeiterinnen zeigt Euch solidarisch mit den Rotarmisten der Sowjet-Union, den Befreiern des Weltproletariats! Gründet Zellen des passiven Widerstandes!“
b) Im Generalgouvernement:
Kommandeur Warschau berichtet über die Auffindung der Leichen des SS-O’Scharf. Thies und SS-Sturmmanns Woehl, Angehörige des Grenzpolizeipostens Platerow. LeIchen stark verwest, mußten daher an Ort und Stelle beigesetzt werden. Thies wies Kopf- und Rückenschuß auf, Woehl Kopf- und Armschuß. W. wurden vermutlich noch vor dem Tode von der Bunkerbesatzung die Augen ausgestoßen. Lichtbildaufnahmen zwecks Verwertung gefertigt.
c) übrige besetzte Gebiete:
Befehlshaber in Den Haag meldet Verbreitung von kommunistischen Flugblättern, in welchen zur Sabotage der Produktion, des Verkehrs und zum Streik aufgefordert wird. V-Männer melden die Absicht der holländischen Kommunisten, nach genügend propagandistischer Vorbereitung zur Streikhetze, zur Durchführung von Sabotageakten überzugehen. Aus präventivpolizeilichen Gründen wurden daher im Zuge einer größeren Aktion 419 bekannte kommunistische Funktionäre festgenommen.
II) Meldungen der Einsatzgruppen und -kommandos:
Einsatzgruppe A: Bis zum Abschluß dieses Berichtes keine neuen Meldungen eingegangen.
Einsatzgruppe B:
AOK 17 hat angeregt, zunächst die in den neu besetzten Gebieten wohnhaften antIjüdisch und anti-kommunistisch eingestellten Polen zu Selbstreinigungsaktionen zu benutzen.1 Chef der Sicherheitspolizei und des SD gab am 1.7.41 folgenden Befehl an alle Einsatzgruppen: „Befehl Nr. 2): Die in den neu besetzten, insbesondere ehemals polnischen Gebieten wohnhaften Polen werden sich auf Grund ihrer Erfahrungen sowohl antikommunistisch als auch antijüdisch zeigen. Es ist daher selbstverständlich, daß die Reinigungsaktionen sich primär auf die Bolschewisten und Juden zu erstrecken haben. Hinsichtlich der polnischen Intelligenz usw. kann, wenn nicht im Einzelfall wegen Gefahr im Verzuge sofort Maßnahmen unbedingt geboten sind, später das Wort gesprochen werden. Es ist daher selbstverständlich, daß in die Reinigungsaktionen primär nicht derart eingestellte Polen einbezogen werden brauchen, zumal sie als Initiativelement (allerdings nach den örtlich bedingten Verhältnissen entsprechend begrenzt) sowohl für Pogrome als auch als Auskunftspersonen von besonderer Wichtigkeit sind. Diese einzuschlagende Taktik gilt selbstverständlich auch für alle ähnlich gelagerten Fälle.“ Einsatzgruppenstab am 1.7. 5 Uhr morgens in Lemberg eingetroffen. Geschäftsstelle in der NKWD-Zentrale. Chef Einsatzgruppe B2 meldet, daß ukrainische Aufstandsbewegung am 25.6.41 in Lemberg von NKWD blutig unterdrückt wurde. Etwa 3000 vom NKWD Erschossene. Gefängnis